Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
1. Anordnung von Überstunden
Rz. 139
Eine Vereinbarung über die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden soll dem Arbeitgeber das Recht einräumen, bei vorübergehendem zusätzlichem Arbeitsbedarf den Arbeitnehmer auch über das eigentlich vereinbarte Maß hinaus einzusetzen. Die grundsätzliche Zulässigkeit solcher Anordnungsbefugnisklauseln wird nur sehr zurückhaltend problematisiert, obwohl die – ggf. sehr kurzfristige – Anordnung von Überstunden nicht nur das vertragliche Gegenleistungsverhältnis verändert, nämlich den Umfang der Arbeitsleistung und die dafür geschuldete Vergütung erhöht, sondern die Freizeit des Arbeitnehmers beansprucht und damit in seine geschützte Privatsphäre eingreift.
Rz. 140
Der Vorbehalt eines jederzeitigen Rechts des Arbeitgebers, Überstunden in beliebigem Umfang anzuordnen, benachteiligt nach hier vertretener Ansicht den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb unwirksam. Aufgrund des Transparenzgebots muss die Klausel mindestens klarstellen, in welchen Fällen Überstunden angeordnet werden können, welche Mindestankündigungsfrist dabei einzuhalten ist und bis zu welchem Umfang innerhalb eines bestimmten Zeitraums Überstunden geschuldet sind. Dabei darf die vom BAG für den Fall der Arbeit auf Abruf entwickelte Höchstgrenze von 25 % der Gesamtarbeitszeit nicht überschritten werden.
Rz. 141
Überstunden ohne eine vertragliche Grundlage können stets in Notfällen angeordnet werden, wenn unvorhergesehene Ereignisse eintreten und die Arbeit erforderlich ist, um Schaden vom Betrieb abzuwenden.
2. Arbeit auf Abruf
Rz. 142
Im Gegensatz zur Überstundenvereinbarung wird bei der Vereinbarung von Arbeit auf Abruf das Arbeitsverhältnis dadurch geprägt, dass der Arbeitgeber auch ohne auf Unregelmäßigkeiten oder Dringlichkeiten begründete Anlässe berechtigt ist, den Arbeitnehmer dem Bedarf entsprechend einzusetzen.
Rz. 143
§ 12 Abs. 1 S. 2 TzBfG erfordert bei der Vereinbarung von Arbeit auf Abruf die Festlegung einer Mindestdauer der wöchentlichen und der täglichen Arbeitszeit. Dies kann auch konkludent erfolgen, wenn der Arbeitnehmer ständig wenigstens einen bestimmten Umfang der Arbeitsleistung erbringt, und dieser Umfang auch als vertraglich geschuldete Leistung durch den Arbeitgeber gefordert wird. Die Arbeitsvertragsparteien können daneben wirksam vereinbaren, dass der Arbeitnehmer über die vertragliche Mindestarbeitszeit hinaus Arbeit auf Abruf leisten muss.
Rz. 144
Die vom Arbeitgeber abrufbare, über die vereinbarte Mindestarbeitszeit hinausgehende Arbeitsleistung darf nicht mehr als 25 % der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit betragen. Das BAG hat zur Begründung dieser Höchstgrenze auf die Rechtsprechung zum höchstzulässigen widerruflichen Teil der Gesamtvergütung Bezug genommen (zum Widerrufsvorbehalt siehe Rdn 185). Die Höchstgrenze von 25 % der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit schütze den Arbeitnehmer ausreichend vor Vereinbarungen, die nur eine geringe Mindestarbeitszeit und einen hohen variablen Arbeitszeitanteil vorsehen und so die Planungssicherheit des Arbeitnehmers in unangemessener Weise beeinträchtigen würden. Je geringer die vereinbarte wöchentliche Mindestarbeitszeit ist, desto geringer ist rechnerisch die einseitig vom Arbeitgeber abrufbare Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Will der Arbeitgeber ein relativ hohes Maß an Flexibilität, darf er mit dem Arbeitnehmer deshalb keine allzu niedrige Mindestarbeitszeit vereinbaren.
Rz. 145
Der Umfang der Mindestarbeitszeit muss sich ebenso wie die mögliche zusätzliche Inanspruchnahme durch Arbeit auf Abruf unmittelbar aus der Vereinbarung ergeben. Eine Klausel, mit der Arbeit auf Abruf "bis zur gesetzlich zulässigen Höhe" vereinbart ist, ist deshalb wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.
Rz. 146
Im Falle einer unwirksamen Vereinbarung von Arbeit auf Abruf ist der geschuldete (und zu vergütende) Arbeitsumfang durch Auslegung des Vertrags zu ermitteln. Im...