Entscheidungsstichwort (Thema)

Amtsermittlung. Sachverständigengutachten. Zuständigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Das Insolvenzgericht ist berechtigt, zum Zwecke der Feststellung der örtlichen Zuständigkeit einen Sachverständigen zu beauftragen.

 

Normenkette

InsO §§ 6, 21, 5

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Aktenzeichen 91 IN 218/11)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 19.07.2012; Aktenzeichen IX ZB 6/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 02.09.2011 gegen den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 26.08.2011 in der Gestalt des neugefassten Beschlusses vom 27.09.2011 wird kostenpflichtig verworfen.

 

Gründe

I.

Mit Schreiben vom 10.06.2011 stellte die Beschwerdegegnerin einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beschwerdeführers. Im Gläubigerantrag wurde für den Schuldner die Wohnanschrift: "L- Straße # in ## B" angegeben. Dabei wurde in der Antragsschrift dargelegt, dass der Schuldner nach Mitteilung der Gerichtsvollzieherin U - bekannt aus anderen Sachen - unbekannt verzogen sei, dass jedoch nach eigenen Recherchen im Haus L- Straße # in ## B davon auszugehen sei, dass der Schuldner nach wie vor dort wohne; zudem habe eine Anfrage bei der Verwaltung des Deutschen Bundestages ergeben, dass dort nur die benannte Wohnanschrift bekannt sei.

Der Schuldner ist ehemaliger Politiker und bezieht vom deutschen Bundestag entsprechende Bezüge.

Mit Verfügung des Insolvenzgerichts vom 07.07.2011 wurde die Zustellung des Antrages an den Beschwerdeführer durch Aufgabe zur Post veranlasst. Ausweislich Ziffer 1 der vorgenannten Verfügung ist vermerkt: "Der Eröffnungsantrag ist zulässig". Mit Schreiben vom 13.07.2011 teilt der Sohn des Schuldners dem Insolvenzgericht mit, dass der Schuldner seinen Wohnsitz in Großbritannien habe. Es wurde eine Meldebestätigung der Stadt B vorgelegt, demnach der Schuldner am 22.04.2009 aus der Wohnung: L- Straße # in ## B ausgezogen ist und sich nach Großbritannien abgemeldet habe. Auf weitere Nachfrage des Insolvenzgerichts bei dem Sohn des Schuldners teilte dieser mit, dass ihm als letzte bekannte Anschrift seines Vaters die Adresse: "'###, #####, ##### Untited Kingdome" bekannt sei. Mit Schreiben vom 09.08.2011 teilte die Gläubigerin mit, dass durch den Dienstleister D habe ermittelt werden können, dass sich der Schuldner nach wie vor unter der Anschrift L- Straße # in ## B aufhalte. Insoweit legte die Gläubigerin das Schreiben der Firma D vom 29.07.2011 vor, in diesem heißt es: "Er [der Schuldner] hat sich beim Einwohnermeldeamt B ins Vereinigte Königreich, ohne nähere Angaben abgemeldet, aber die unter einem Vorwand befragten Nachbarn (wie z.B. Familie G) bestätigten jedoch, dass er dort noch immer wohnhaft ist."

Mit richterlicher Verfügung vom 12.08.2011 wird der Eröffnungsantragsstellerin mitgeteilt, dass das Gericht den Antrag zunächst unter der seitens des Sohnes des Schuldners angegeben Anschrift zustellen werde und beabsichtigt sei, nach Ablauf der Anhörungsfrist einen Sachverständigen mit den Ermittlungen zunächst zur Zuständigkeit des Insolvenzgerichts B zu beauftragen. Der Gläubigerantrag wurde dem Schuldner sodann unter der benannten Adresse in Großbritannien zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 25.08.2011 rügt der Schuldner durch seinen Prozessbevollmächtigten die internationale Zuständigkeit des Insolvenzgerichts, weil er den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen i.S. des Art. 3 Abs. 1 EuInsVO bereits seit Jahren nicht in Deutschland, sondern im Vereinigten Königreich habe.

Mit Beschluss vom 26.08.2011 ordnete das Insolvenzgericht zur Aufklärung des Sachverhalts die Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieses Beschlusses (Bl. 72 GA) Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 02.09.2011. Infolge der Beschwerde fasste das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 27.09.2011 den Beweisbeschluss vom 26.08.2011 neu. Dieser lautet nunmehr dahingehend, dass zunächst ein schriftliches Sachverständigengutachten darüber eingeholt werden soll, in welchem Land sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners befindet (Art. 3 Abs. 1 EuInsVO) und ob ggf. in einem anderen Mitgliedsstaat bereits ein Hauptinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wurde und ob und ggf. welche Sicherungsmaßnahmen zu treffen sind. Mit der Erstattung des Gutachtens wurde Herr Rechtsanwalt B1 T aus B beauftragt. Weiterhin heißt es in dem vorgenannten Beschluss: "Der Sachverständige ist berechtigt, Auskünfte über die Verhältnisse, die für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit von Bedeutung sind, bei Dritten einzuholen. Der Schuldner hat dem Sachverständigen Einsicht in die Bücher und Geschäftspapiere zu gestatten, soweit dies für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit des Gerichts von Bedeutung ist und sie ihm auf Verlangen bis zur Entscheidung über die Zuständigkeit des Gerichts und ggf. eine anschließende Eröffnung des Verfahrens herauszug...

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