Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger – zu Händen seiner gesetzlichen Vertreter – ein Schmerzensgeld in Höhe von 700.000,– EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2009 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen materiellen Schaden zu ersetzen, der ihm in Zusammenhang mit der stationären Behandlung im C-Krankenhaus in T im Zeitraum 19. bis 27.05.2004 entstanden ist und noch entstehen wird, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der am … geborene Kläger nimmt, gesetzlich vertreten durch seine Eltern, die Beklagte als Trägerin des C-Krankenhauses in T auf Zahlung von Schmerzensgeld sowie auf Feststellung ihrer Einstandspflicht in Zusammenhang mit Behandlungsfehlern anlässlich seiner stationären Behandlung in der Kinderklinik des C-Krankenhauses in T in der Zeit vom 19. bis zum 27.05.2004 in Anspruch.
Der zu diesem Zeitpunkt zweieinhalb Jahre alte Kläger litt seit dem 09.05.2004 unter Durchfall, Erbrechen und rezidivierenden Fieberschüben bis 39,5 °C. Die Behandlung erfolgte zunächst durch ambulante Kinderärzte, wobei Antibiotika verordnet wurden. Am 19.05.2004 wurde der Kläger jedoch wegen des fortbestehenden und im Hinblick auf die Ursache nicht geklärten Fiebers sowie Schmerzen von dem Kinderarzt N in die Kinderklinik des C-Krankenhauses in T eingewiesen. Dort wurde die Aufnahmediagnose „fieberhafter Infekt, Obstipation und Erbrechen” bei schon seit 14 Tagen auftretenden Fieberschüben unter antimikrobieller Therapie mit zunehmender Müdigkeit gestellt. Klinische Anzeichen einer Meningitis wurden nicht festgestellt. Fragen zu etwaigen Ansteckungsmöglichkeiten erfolgten bei der Aufnahme nicht. Ein Impfstatus des nicht gegen Tuberkulose geimpften Klägers wurde ebenso wenig vermerkt. Die antibiotische Therapie wurde zunächst nicht fortgeführt. Am 23.05.2004 beschrieb die Mutter des Klägers eine auffällige Augenstellung bei ihrem Kind, welche nach einer Untersuchung seitens der behandelnden Ärzte indessen nicht festgestellt werden konnte. Es wurden eine mikrobiologische Stuhluntersuchung und ein Tuberkulose-Hauttest veranlasst. Unter dem 24.05.2004 bestand eine – nach den Feststellungen des Sachverständigen sogar schon für den 21.05.2005 dokumentierte – gewisse Nackensteifigkeit. Deshalb wurde eine Lumbalpunktion veranlasst, deren Ergebnis zwischen den Parteien streitig ist. Der Kläger erhielt eine Chemotherapie gegen Meningitis und Enzephalitis mit Cefotaxim und Aziclovir. Unter dem 25.05.2004 wurde eine MRT-Untersuchung durchgeführt. Auch das Ergebnis dieser Untersuchung ist zwischen den Parteien streitig. Am 26.05.2004 kam es zu ersten Krampfanfällen des Klägers. Der am 24.05.2004 angelegte Tuberkulin-Hauttest erwies sich am 26.05.2004 als positiv. Nachdem sich in der Folgezeit der Zustand des Klägers verschlechtert hatte und sich eine erhebliche Pupillendifferenz ohne sichere Reaktion auf Licht eingestellt hatte, wurde am 27.05.2004 eine CT-Untersuchung veranlasst, die deutlich erweiterte Ventrikel als Ausdruck erhöhter Hirndrucke zeigte. Daraufhin wurde der Kläger zur neurochirugischen Behandlung in die Kinderklinik des V-klinikums B verlegt. Hier wurde im Hinblick auf die Möglichkeit einer tuberkulösen Meningitis eine Kombinationsbehandlung mit vier Medikamenten eingeleitet und ein Shunt zur Hirndruckreduktion angelegt. Die Behandlung im V-klinikum dauerte bis zum 22.07.2004. Im Anschluss daran wurde der Kläger in eine neuropädiatrische Rehabilitationsklinik verlegt. Es folgten diverse weitere umfangreiche Behandlungen.
Der Kläger leidet nunmehr an einer schweren Mehrfachbehinderung infolge schwerer cerebraler Schädigung mit rechtsbetonter spastischer Tetraplegie, einer Oculomotoriusparese, therapieresistenten Krampfanfällen und schweren Bewusstseinsstörungen mit vegetativer Dysregulation. Er befindet sich motorisch auf dem Entwicklungsstand eines drei bis vier Monate alten Kindes und ist in erheblichem Umfang pflegebedürftig. Wegen der Einzelheiten der Schäden und des geistigen und körperlichen Zustandes des Klägers wird auf den physiotherapeutischen Bericht der D Integrativen Kindertagesstätte vom 09.01.2008 (Bl. 11 ff. d.A.) sowie die zahlreichen Arztbriefe der Kinderklinik und des Sozialpädiatrischen Zentrums der Beklagten (Bl. 118 ff. d.A.) Bezug genommen.
Auf Antrag des Klägers vom 22.12.2008 erstattete die Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler der Ärztekammer M unter dem 23.09.2009 ein Gutachten. Dieses kam zu dem Ergebnis, dass eine verzögerte Diagnosestellung infolge unzureichender Anamneseerhebung über Infektionsquellen vorliege. Nachdem aufgrund des Liquorbefundes und des p...