Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Unzulässige Umstellung der Mietzinsstruktur durch den Vermieter
Orientierungssatz
Der Vermieter ist gem. § 556a Abs. 2 S. 1 BGB nicht zur Umstellung der Mietzinsstruktur (hier: Vereinbarung einer Nettomiete zzgl. Vorauszahlungen statt bisheriger Bruttomiete) befugt, wenn er eine flächenbezogene Abrechnung der Nebenkosten vornehmen will. Voraussetzung für eine Abänderung ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes, daß die Betriebskosten nach einem Maßstab umgelegt werden, der dem erfaßten unterschiedlichen Verbrauch oder der erfaßten unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM)
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einseitige Abänderung des Mietvertrages unter Anwendung der Vorschrift des §556a Abs.2 BGB.
1. §556 a Abs.2 BGB erlaubt eine Maßstabsänderung für die Abrechnung von Betriebskosten auch für Brutto- oder Teilinklusivmieten wie hier (vgl. Palandt, BGB, 62. Aufl., §556 a Rz 7; Bundestagsdrucksache 14/4553 S.51).
2. Voraussetzung für eine Abänderung ist jedoch nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes, dass die Betriebskosten nach einem Maßstab umgelegt werden, der dem erfassten unterschiedlichen Verbrauch oder der erfassten unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. Eine flächenbezogene Abrechnung (also Abrechnung nach Wohnfläche), wie vom Kläger vorgenommen, erfüllt diese Voraussetzungen nicht, da die Wohnfläche einen starren Maßstab darstellt und kein Maßstab, der den unterschiedlichen, erfassbaren Verbrauch oder die Verursachung zu Grunde legt (vgl. Emmerich/Sonnenschein/Weitemeyer, Mietrecht, 8. Aufl., Rz 32, 34 i.V.m. Rz 11, 17 zu § 556 a BGB; WM 2003, 625, 626 m. Anmerkungen Schulte und Stürzer).
Diese Auslegung ergibt sich bereits aus §556 a Abs.1 BGB, der zwei Arten von Betriebskosten unterscheidet, nämlich Betriebskosten, die nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen sind, und Betriebskosten, die - wie von §556 a Abs.2 BGB vorausgesetzt - von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen.
Diese Auslegung ergibt sich auch unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Intention, welche nicht darauf zielt, es dem Vermieter zu ermöglichen, per einseitiger Erklärung Inklusivmietverträge aufzukündigen, sondern den einzigen Zweck verfolgt, die Abrechnungsgerechtigkeit zu erhöhen und den bewussten Umgang mit Energie zu fördern (vgl. Palandt, a.a.O., Rz 1).
Als zulässiger verbrauchsabhängiger Maßstab käme im vorliegenden Fall der unterschiedliche Wasserverbrauch (nach dem Einbau von Wasseruhren), als verursachungsabhängiger Maßstab das zur Verfügung-Stellen nummerierter Müllbehälter für jeden einzelnen Mieter in Betracht (vgl. Emmerich/Sonnenschein, a.a.O., Rz 11, 17).
Bei fixen Kosten wie Versicherungen, Grundsteuer, Kaminkehrer etc., die nicht unterschiedlich für jeden Mieter erfassbar sind, kann demgemäß mit Hilfe der Vorschrift des §556 a Abs.2 BGB überhaupt nicht umgestellt werden. Diesbezüglich besteht für den Vermieter lediglich die Möglichkeit, im Rahmen der gesetzlichen Grenzen die Inklusivmiete anzuheben.
3. Auch §4 des Mietvertrages erlaubt keine separate Abrechnung von Betriebskosten, da insoweit der Mietvertrag widersprüchlich ist. Einerseits ist im Mietvertrag festgelegt, dass “Nebenabgaben im Mietzins enthalten sind„; andererseits ist festgelegt, dass “jährliche Abrechnung ausdrücklich vorbehalten bleibt„. Nachdem sich aus dem Mietvertrag nicht ergibt, in welcher Höhe Nebenabgaben im Mietzins enthalten sind, kann auch keine Abrechnung erfolgen. Diese Widersprüchlichkeit des Mietvertrages geht zu Lasten des Verwenders (Vermieters), so dass grundsätzlich von einer Inklusivmiete auszugehen ist, mit der die Betriebskosten vollständig abgegolten sind.
Das Endurteil war deshalb aufzuheben und die Klage auf Antrag des Berufungsklägers zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 1739869 |
ZMR 2004, 269 |