Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdacht des Betruges. Anordnung der Durchsuchung und Beschlagnahme
Verfahrensgang
AG Aurich (Beschluss vom 06.05.2003; Aktenzeichen 6 Ls 671/02 II) |
Tenor
Die Beschwerde der Angeschuldigten gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Schöffengericht – Aurich vom 06.05.2003 (Az: 6 Ls 671/02 II) wird auf ihre Kosten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.
Gründe
Die Beschwerde der Angeschuldigten ist zulässig.
Zwar hat sich hier die Anordnung der Durchsuchung aufgrund der mittlerweile am 01.07.2003 tatsächlichen erfolgten Durchsuchung erledigt, doch macht dies die Beschwerde nicht unzulässig, da aufgrund des nachhaltigen Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 13 GG ein berechtigtes Feststellungsinteresse auf Seiten der Angeschuldigten besteht (vgl. BVerfG NJW 1997, 2163, 2164).
In der Sache ist die Beschwerde jedoch unbegründet.
Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Durchsuchung nach § 102 StPO und die Beschlagnahme nach § 94 StPO waren und sind hier gegeben.
Für die Durchsuchung nach § 102 StPO genügt die auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhende Wahrscheinlichkeit, dass eine Straftat bereits begangen wurde (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Auflage 2001, § 102 Rn 2 m.w.N.).
Hier ist die Angeschuldigte aufgrund der bisherigen Ermittlungen sogar dringend verdächtig in der Zeit zwischen dem 01.01.2000 und dem 30.09.2000 in drei Fällen jeweils einen Betrug zu Lasten der Kassenärztlichen Vereinigung Aurich begangen zu haben.
Wegen der Einzelheiten des Tatvorwurfs wird auf die Anklage der Staatsanwaltschaft Aurich vom 20.08.2002 verwiesen.
Woraus sich daneben die Unzulässigkeit der Durchsuchung ergeben sollte ist weder dargetan, noch sonst erkennbar.
Die nach § 94 StPO erfolgte Beschlagnahme der aufgefundenen 1277 Krankenakten ist ebenfalls zu Recht erfolgt.
Diese Unterlagen sind für das Strafverfahren von Bedeutung, da anhand ihrer Überprüfung festgestellt werden soll, ob die von der Angeschuldigten erteilten Aufträge aus medizinischer Sicht vollständig sinnlos waren.
Die Anordnung der Beschlagnahme ist auch verhältnismäßig.
Zwar verkennt die Kammer nicht, dass die Beschlagnahme der Krankenakten den laufenden Geschäftsbetrieb der Angeschuldigten erheblich beeinträchtigt, doch ist eine andere, mildere Möglichkeit der Überprüfung des Tatvorwurfs als die sachverständige Durchsicht der von der Angeschuldigten geführten Krankenakten nicht erkennbar.
Eine sofortige Rückgabe der Unterlagen ist wegen der Stärke des Tatverdachts nicht angezeigt, da nicht ausgeschlossen ist, dass die Angeschuldigte – nun, da ihr der Untersuchungszweck bekannt ist – die in ihren Besitz zurückgelangenden Krankenunterlagen zu ihren Gunsten verändert.
In Anbetracht des von der Angeschuldigten zumindest mitverursachten Schadens von insgesamt etwa 740.000,- DM ist die Anordnung der Beschlagnahme auch verhältnismäßig.
Dass die sichergestellten 1227 Krankenkakten nicht direkt vor Ort kopiert werden konnten, versteht sich in Anbetracht des damit verbundenen Zeit-, Sach- und Personalaufwandes vernünftigerweise von selbst.
Die Kammer weist allerdings darauf hin, dass es erforderlich sein wird, die sichergestellten Krankenakten nunmehr zeitnah abzulichten und anschließend wieder an die Angeschuldigte auszuhändigen.
Von der Angeschuldigten zur Durchführung von Praxisterminen nachweisbar dringend benötigte Krankenunterlagen sind ihr auf Anforderung – nach vorheriger Ablichtung – auszuhändigen.
Unterschriften
Siepermann, Rosenplänter, Schitteck
Fundstellen