Leitsatz (amtlich)
1. Eine Zusatzgebühr nach RVG-VV Nr. 4141 fällt nicht an, wenn das zunächst mit der Sache befasste Landgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens durch die anwaltliche Mitwirkung teilweise ablehnt und den verbleibenden Anklagevorwurf gem. § 209 Abs. 1 StPO vor dem dann zuständigen Amtsgericht eröffnet.
2. Lehnt das zunächst mit der Sache befasste Landgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens teilweise ab und eröffnet den verbleibenden Anklagevorwurf vor dem dann zuständigen Amtsgericht, entsteht die Verfahrensgebühr des Verteidigers der Höhe nach aus dem Gebührenrahmen des Landgerichts (RVG-VV Nr. 4112 ) als dem höchsten mit der Sache befassten Gericht.
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Entscheidung vom 21.04.2009) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten B. werden die nach dem Beschluss des Landgerichts Bad Kreuznach vom 21.04.2009 von der Staatskasse an den Verurteilten zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 95,20 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte, jedoch werden die Gebühren für das Beschwerdeverfahren um 25% ermäßigt. Die notwendigen Auslagen des Verurteilten im Beschwerdeverfahren werden zu 25% der Staatskasse auferlegt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 368,90 EUR festgesetzt.
Gründe
Am 11.07.2008 erhob die Staatsanwaltschaft vor dem Landgericht - 2. große Strafkammer - Bad Kreuznach Anklage gegen B. wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tatmehrheit mit sexuellem Missbrauch einer Jugendlichen, mit Sich-Verschaffen kinderpornographischer Schriften, mit Besitz kinderpornographischer Schriften und mit sexuellem Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person.
Nachdem im Zwischenverfahren aussagepsychologische Gutachten zur Frage der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeuginnen Sabrina A., Daniela A. und Christiane H. eingeholt worden waren, hat die Kammer mit Beschluss vom 21.04.2009 die Anklage der Staatsanwaltschaft vom 11.07.2008 zur Hauptverhandlung nur zugelassen, soweit dem damaligen Angeklagten ein Fall des Sich-Verschaffens kinderpornographischer Schriften, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, zur Last gelegt worden ist und insoweit das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht - Strafrichter - Bad Kreuznach eröffnet. Im Übrigen, soweit dem damaligen Angeschuldigten in drei Fällen sexueller Missbrauch vorgeworfen worden war, hat die Kammer die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt und im Umfang der Ablehnung der Eröffnung die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des damaligen Angeschuldigten der Staatskasse auferlegt.
Zur Begründung führte die Kammer im Wesentlichen aus, dass nachdem B. zwar den Erwerb und den Besitz von kinderpornographischen Schriften einräume, die gegen ihn erhobenen Missbrauchsvorwürfe jedoch abstreite, es nicht möglich sein werde, den damaligen Angeschuldigten was die Missbrauchsvorwürfe angehe im Sinne der Anklage zu überführen. Es fehle nämlich an zureichenden Beweismitteln, die die Anklagevorwürfe mit der erforderlichen Sicherheit zu belegen geeignet wären. Aus den eingeholten aussagepsychologischen Gutachten ergebe sich gerade, dass die Glaubhaftigkeit der Aussagen der beiden mutmaßlichen Tatopfer sowie der weiteren Zeugin gravierenden Bedenken ausgesetzt und mithin ein hinreichender Tatverdacht nicht zu bejahen sei.
Mit Urteil des Amtsgerichts - Strafrichter - Bad Kreuznach vom 30.11.2009 ist B. schließlich wegen sich Verschaffens in Tateinheit mit Besitz von kinderpornographischen Schriften zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen à 10,00 EUR kostenpflichtig verurteilt worden.
Nachdem der Verteidiger des Verurteilten bereits zwei anderslautende Anträge auf Festsetzung der dem Verurteilten entstandenen Auslagen gegen die Staatskasse zurückgenommen hatte, beantragte er mit Schreiben vom 18.03.2010 schließlich, betreffend die Kosten der Ablehnung der Eröffnung des Verfahrens, die dem Verurteilten entstandenen Auslagen wie folgt gegen die Staatskasse festzusetzen:
Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG |
165,-- EUR |
Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG |
140,-- EUR |
Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV RVG |
140,-- EUR |
Zusätzl. Gebühr Nr. 4141 VV RVG |
140,-- EUR |
Auslagenpauschale |
20,-- EUR |
19% MwSt |
114,95 EUR |
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Gesamtbetrag: |
719,95 EUR |
Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Bad Kreuznach hat hierzu ausgeführt:
"Der Verteidiger, Rechtsanwalt L., hat bereits in seinem Kostenantrag vom 02.07.2009 für die Verteidigung gegen alle Anklagepunkte die jeweiligen Mittelgebühren angesetzt.
Unter Berücksichtigung aller Bemessenskriterien des § 14 Abs. 1 RVG, habe ich, gegen den durchgängigen Ansatz von Mittelgebühren für die Gesamtverteidigung, keine Bedenken.
Hätte sich die Verteidigung nur auf den Strafvorwurf beschränkt, bezüglich dessen das Hauptverfahren gegen den Angeklagten eröffnet wurde, wären auch die jeweiligen Mittelgebühren angefallen, sodass die Vergütung des Verteidigers gleich hoch ist.
Da die Auslagen des Verteidigers ebenfalls nich...