Tenor
1.
Auf die Beschwerde der Verletzten ... wird der Beschluß des Amtsgerichts Baden-Baden vom 21.04.1999 (4 AR 3/99) aufgehoben.
2.
Der Verletzten ... wird Herr Rechtsanwalt ..., Baden-Baden, als Beistand bestellt.
3.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die der Verletzten darin erwachsenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
I
Nach den bisherigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Baden-Baden (305 UJs 353/98) wollte die Verletzte am späten Abend des 02.09.1998 von Bühlertal nach Hause trampen. Gegen 22.00 Uhr wurde sie an einer Bushaltestelle von einem ihr unbekannten Fahrer in seinem Fahrzeug mitgenommen. Nachdem dieser vom vorgesehenen Weg abgewichen war, nahm er ein Küchenmesser und bedrohte die Verletzte mit den Worten: "Komm' rüber, sonst stech' ich dich ab." Dabei deutete er auf sein Geschlechtsteil. Er versuchte, die Verletzte zu sich herüber zu ziehen. Es kam im Fahrzeug zu einem Handgemenge, bei dem der Verletzten an der Hand, am Arm und am Oberschenkel Schnittwunden beigebracht wurden. Es gelang ihr schließlich, sich aus dem fahrenden Pkw fallen zu lassen. Der Täter konnte bislang nicht ermittelt werden.
Am 13.04.1999 beantragte die Verletzte durch ihren Rechtsanwalt beim Amtsgericht - Schöffengericht - Baden-Baden, ihr einen anwaltlichen Beistand zu bestellen. Mit dem angefochtenen Beschluß vom 21.04.1999 wies das Amtsgericht - Schöffengericht - Baden-Baden (4 AR 3/99) den Antrag zurück. Zur Begründung führte es an, die Bestellung eines Beistandes komme nicht in Betracht, weil ein Beschuldigter noch nicht ermittelt worden sei und deshalb auch noch nicht entschieden werden könne, ob die Zulassung einer Nebenklage zulässig sei. Gegen diesen Beschluß legte die Verletzte durch ihren Rechtsanwalt mit Schriftsatz vom 04.05.1999 Beschwerde ein. Wegen des Beschwerdevorbringens wird auf den genannten Schriftsatz Bezug genommen. Das Amtsgericht - Schöffengericht - Baden-Baden hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht Baden-Baden zur Entscheidung vorgelegt. Die Staatsanwaltschaft Baden-Baden hat im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt.
II
Die Beschwerde ist zulässig (§ 304 StPO) und begründet.
Der Verletzten war gemäß §§ 406 g Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, 397 a Abs. 1 S. 1, 395 Abs. 1 Nr. 1 a StPO i.V.m. §§ 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1, 22 StGB ein Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen.
Aufgrund der Angaben der Verletzten und der polizeilichen Ermittlungen besteht der Verdacht, daß am 02.09.1998 von einem noch nicht ermittelten Täter ein Verbrechen der versuchten sexuellen Nötigung in Tateinheit mit einem Vergehen der gefährlichen Körperverletzung z. N. der Verletzten begangen wurde. Bei dieser Sachlage stehen der Verletzten die in § 406 g Abs. 1 StPO genannten Befugnisse zu. Die Wahrnehmung dieser Befugnisse hängt nicht davon ab, ob ein Nebenklagebefugter später als Nebenkläger zugelassen wird oder auf eine Zulassung als Nebenkläger verzichtet (Hilger, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Auflage - Stand 01.11.1998 -, vor § 406 d Rn. 5).
Der Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand der Verletzten steht nicht entgegen, daß der Täter bislang nicht ermittelt werden konnte. Maßgeblich ist vielmehr, ob nach dem Stand der Ermittlungen im Zeitpunkt der Entscheidung eine Anschlußberechtigung in Betracht kommen kann, also der Anfangsverdacht der Begehung einer in § 395 StPO aufgeführten Katalogtat besteht (Hilger, a.a.O., § 406 g Rn. 5). Der Anfangsverdacht einer Straftat i.S.v. § 152 Abs. 2 StPO setzt aber nicht voraus, daß ein Beschuldigter bereits identifiziert werden konnte. Vielmehr hat die Staatsanwaltschaft gemäß § 152 Abs. 2 StPO auch dann Ermittlungen zu führen, wenn der Täter noch unbekannt ist (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Auflage, § 152 Rn. 5), für die Begehung einer Straftat aber zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.
Die gegenteilige Auffassung findet im Wortlaut der maßgeblichen Vorschriften keine Stütze. Sie läuft zudem dem Gesetzeszweck zuwider. Danach soll der Verletzte ein selbständiges Prozeßsubjekt im weiteren Sinne sein, das seine berechtigten Interessen im Verfahren wahrnehmen und in gewissem Rahmen gestaltend auf das Verfahren einwirken kann (Hilger, a.a.O., vor § 406 d Rn. 2). Hierzu zählt u.a. auch, daß der Verletzte im Ermittlungsverfahren durch einen Beistand die Möglichkeit haben soll, auf eine optimale Erhebung und Sicherung der Beweise unter tunlicher Schonung des Verletzten hinzuwirken (Hilger, a.a.O., vor § 406 d Rn. 4). Diese Belange des Verletzten bestehen aber unabhängig davon, ob ein Tatverdächtiger bereits namhaft gemacht worden ist oder sich das Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt richtet.
Auch die Erwägung, daß eine Nebenklage gemäß § 80 Abs. 3 JGG unzulässig und in einem solchen Fall ein Recht auf anwaltlichen Beistand nach § 406 g Abs. 1 StPO ausgeschlossen wäre, wenn als Täter ein Jugendlicher ermittelt würde (Hilger, a.a.O., vor § 406 d Rn. 6), führt zu keinem anderen Ergebnis. Die theoretische Möglichkeit, ...