Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadenersatz
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Kamenz, verkündet am 10. November 2004 zu Aktenzeichen 1 C 656/04, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.933,47 Euro nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. Februar 2004 zu zahlen.
- Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat der Beklagte zu tragen.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i. H. v. 120 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
- Die Revision wird zugelassen
und hat beschlossen:
Der Wert des Berufungsrechtsstreits beträgt 1.933,47 Euro.
Tatbestand
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz wegen Behandlungs- und Operationskosten aus einem Pferdetauschvertrag der Parteien in Anspruch.
Die Klägerin tauschte am 8. Februar 2003 ihren Wallach gegen die Stute des Beklagten ein. Der Beklagte ist Landwirt. Er ist im Bereich der Viehwirtschaft tätig und züchtet Pferde.
Ansonsten wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 41 bis 45 d. A.).
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Schadensersatz, weil sie dem Beklagten keine Möglichkeit zur Nacherfüllung gegeben habe. Sie habe bei dem Pferd Augenoperationen durchführen lassen, ohne vorher dem Beklagten die Gelegenheit zur Untersuchung und Behandlung gegeben zu haben.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Schadensersatzforderung weiter verfolgt. Sie ist der Meinung, dass sie nicht verpflichtet gewesen sei, dem Beklagten die Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben. Ihr könne es nicht zugemutet werden, das Pferd der nachträglich geäußerten Vorstellung des Beklagten entsprechend zu einer Operation nach Polen zu geben. Sie habe das Pferd für ihr privates Hobby, das Reiten, erworben.
Sie beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.933,47 Euro nebst fünf Prozent Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. Dezember 2004 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt ergänzend vor, dass seine Stallungen stets sauber gehalten würden, die örtliche Situation so gestaltet sei, dass sich die Pferde nicht infizieren könnten. Das Pferd müsse sich erst nach der Übergabe infiziert haben. In seinen Stallungen sei – was unstreitig ist – bei keinem Pferd die Krankheit aufgetreten. Außerdem sei eine konventionelle Behandlung mit Medikamenten ausreichend. Ein operativer Eingriff sei nicht erforderlich gewesen. Die Kosten für die operative Behandlung würden ebenfalls bestritten. Ferner sei auch zu berücksichtigen, dass Pferde Nutztiere seien, so dass eine Kosten-Nutzen-Analyse bezüglich der Operation hätte vorgenommen werden müssen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Ersatz der aufgewendeten Behandlungskosten (§§ 480, 437, 439 Abs. 2, 275 Abs. 1 BGB, 326 Abs. 2 Satz 2 analog BGB).
Der Beklagte hat die Behandlungskosten als ersparte Aufwendung wegen mangelhafter Erfüllung des Tauschvertrages der Klägerin zu erstatten.
1. Auf die Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien, die einen Tauschvertrag abgeschlossen haben, sind die Regelungen des Kaufrechts entsprechend anzuwenden (vgl. § 480 BGB). In der vorliegenden Konstellation ist die Klägerin wie eine Käuferin in Bezug auf das von ihr erworbene Pferd zu behandeln.
2. Das von dem Beklagten der Klägerin übereignete Pferd ist mangelhaft. Dafür streitet eine im Verbrauchsgüterkauf zugunsten der Klägerin geregelte und für den Tauschvertrag anwendbare tatsächliche Vermutung, die der Beklagte nicht widerlegen konnte.
a) Der Tauschvertrag unterfällt nämlich zugunsten der Klägerin den Regelungen des Verbrauchergüterkaufs, da der Beklagte ein Unternehmer ist und die Klägerin den Tausch als Privatperson und damit als Verbraucher abgeschlossen hat (§§ 480, 474 BGB).
b) Nach § 476 BGB wird vermutet, dass eine Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich der Fehler innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe zeigt. Etwas anderes gilt nur, wenn diese Vermutung mit der Art des Mangels nicht vereinbar ist. Diese Vermutung greift demnach dann nicht ein, wenn die Inkubationszeit bei der periodischen Augenentzündung kürzer ist als sechs Monate bzw. kürzer ist als der Zeitraum zwischen Übergabe und Ausbruch der Krankheit. Für diesen Umstand ist der Beklagte beweisbelastet. Der Beklagte ist insoweit beweisfällig geblieben. Einer Beweisdurchführung bedurfte es nicht.