Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 06.11.1992; Aktenzeichen 30 K 80/92) |
Tenor
Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird der Einstellungsantrag der Antragsgegnerin vom 1. Oktober 1992 zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Im übrigen trägt die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens bei einem Wert von 44.950,– DM.
Gründe
Die Erinnerung des Antragstellers, mit der er sich gegen die Einstellung des Versteigerungsverfahrens gemäß § 180 Abs. 2 ZGB durch den angefochtenen Beschluß des Rechtspflegers wendet, ist nach § 11 Abs. 2 Satz 4 und 5 RpflG als sofortige Beschwerde zulässig. Das Rechtsmittel ist auch begründet.
Das Amtsgericht hat die einstweilige Einstellung des Verfahrens nach § 180 Abs. 2 ZVG aus unzutreffenden Erwägungen angeordnet, denn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen der Miteigentümer erscheint hier ein Aufschieben der Versteigerung nicht angemessen. § 180 Abs. 2 ZVG schafft lediglich für Ausnahmefälle eine Möglichkeit, die Verwirklichung des nach §§ 741, 749 BGB bestehenden Rechts jedes Bruchteilseigentümers, jederzeit und ohne besonderen Grund die Aufhebung der Gemeinschaft und damit gemäß § 753 Abs. 1 Satz 1 BGB die Zwangsversteigerung des gemeinschaftlichen Grundstücks verlangen zu können, für 6 Monate aufzuschieben.
Diese Bestimmung ist aber kein Mittel, die Zwangsversteigerung auf Dauer auszuschließen; denn diese ist nach § 753 BGB vorgesehen, um das Grundstück, dessen Teilung in Natur nicht möglich ist, zwischen den Miteigentümern zu teilen.
Gegenüber diesem grundsätzlichen und nur im engen Umfang beschränkbaren Auseinandersetzungsanspruch kann der Wunsch eines Beteiligten nach Aufschub nur in Ausnahmefällen zu einer Verfahrenseinstellung führen. Ausreichende besondere Umstände, die hier für eine Einstellung sprechen könnten, und die sie innerhalb von 6 Monaten glaubt beseitigen zu können, hat die Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, daß sich die Parteien über eine Übertragung des Anteils der Antragsgegnerin auf den Antragsteiler einigen könnten. Nur dadurch aber würde eine Zwangsversteigerung vermieden. Die Vorstellungen der Parteien über die Höhe des Ausgleichsbetrages stimmen nicht überein.
Wenn die Antragsgegnerin meint, das Verlangen des Antragstellers nach Aufhebung der Gemeinschaft verstoße gegen Treu und Glauben, kann sie dies im vorliegenden Verfahren nicht geltend machen, sondern muß durch eine auf § 826 BGB gestützte Klage oder durch die Widerspruchsklage nach § 771 ZPO bei dem Prozeßgericht die rechtzeitige Aufhebung oder Einstellung des Versteigerungsverfahrens herbeiführen (vgl. Zeller-Stöber, ZVG, 13. Aufl., § 180 Rdnr. 9.8; BGH NJW 1975, 687 und 1977, 1234).
Entsprechendes gilt, soweit die Antragsgegnerin sich darauf beruft, daß die Versteigerung für sie eine sittenwidrige Härte bedeute, weil ein etwa erforderlicher Umzug nach der Versteigerung des Grundstücks ihren Gesundheitszustand verschlimmern würde; sie leide an einer ausgeprägten Gesichtsnervlähmung. § 765 a ZPO gilt nach überwiegender Meinung, die die Kammer teilt (vgl. FamRZ 1987, 1067 ff. m.w.N.), nicht für die Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG (vgl. Stein-Jonas-Münzberg, ZPO, 20. Aufl. § 765 a Rdnr. 3 und Rdnr. 9 vor § 704; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 51. Aufl., § 765 a Rdnr. 7). Ob der Antragsgegnerin Räumungsschutz nach § 765 a ZPO gewährt werden kann, ist erst in einem Zwangsräumungsverfahren zu prüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Unterschriften
Alberts, Casimir, Humbert
Fundstellen