Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 30 K 98/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Forderungen, hinsichtlich derer das Amtsgericht das Verfahren einstweilen eingestellt hat und in deren Höhe die Gläubigerin befriedigt worden ist, zutreffend die Summe von 1.083,38 EUR betragen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.083,38 EUR festgesetzt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist statthaft und zulässig (§ 11 Abs. 1 RPlfG, §§ 567 ff., 793 ZPO), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat das Verfahren in Höhe des Betrages von 1.083,38 EUR gemäß §§ 775 Nr. 4, 776 ZPO zu Recht einstweilen eingestellt und die durch die Gläubigerin mit Schreiben vom 13.01.2011 erfolgte Anmeldung weiterer rückständiger Wohngelder in vorgenannter Höhe im Rang nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG (Bl. 145 d.A.) für nicht möglich erachtet. Es wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Beschluss (Bl. 157 d.A.) sowie in der Nichtabhilfeentscheidung vom 08.02.2011 (Bl. 177 d.A.) verwiesen.
Ergänzend ist auszuführen, dass Sinn und Zweck der Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG in der seit dem 01.07.2007 geltenden Fassung darin besteht, die Stellung der Wohnungseigentümer gegenüber Kreditinstituten in der Rangklasse nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG bei der Geltendmachung von Hausgeldforderungen in der Zwangsvollstreckung zu stärken. Es sollte durch diese Regelung für Hausgeldansprüche ein begrenztes Vorrecht durch Änderung der Rangklassen des § 10 ZVG a.F. und so die bis zu diesem Zeitpunkt praktisch nicht vorhandene Möglichkeit geschaffen werden, diese in der Zwangsversteigerung mit Erfolg geltend zu machen. Dieser Vorrang bedeutet, dass den dinglich Berechtigten über die ihnen schon insbesondere nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG vorgehenden Ansprüche hinaus weitere Ansprüche vorgehen, die aus dem Grundbuch nicht ersichtlich sind (vgl. Stöber, ZVG, 19. Auflage 2009, § 10 Rn. 4.7; Begründung BT-Drucks. 16/887, Seiten 10, 13, 43, 44). Der Höhe nach hat dieses Vorrecht eine Begrenzung auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 % des nach § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzten Verkehrswertes erfahren. Damit soll für die nachfolgenden Realkreditgläubiger der finanzielle Umfang der aufgrund von § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG vorausgehenden Rechte kalkulierbar werden und sich ihre Belastung in Grenzen halten. Außerdem soll diese Begrenzung der Gefahr von Manipulationen durch die Eigentümergemeinschaft durch nachträglich beschlossene Sonderumlagen vorbeugen (Begründung BT-Drucks. 16/887, Seite 44, 45).
Der BGH hat nunmehr klargestellt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft das betragsmäßig begrenzte Vorrecht für die Hausgeldansprüche aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG gegenüber den Grundpfandrechtgläubigern jedenfalls in demselben Zwangsvollstreckungsverfahren nur einmal in Anspruch nehmen darf (vgl. BGH, Beschluss vom 24.06.2010 – V ZB 17/10 –; Beschluss vom 04.02.2010 – V ZB 129/09 –, auch unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 21.02.2008 – V ZB 123/07 –; jeweils zitiert nach „juris”; vgl. ferner Derleder, „Die Realisierung der Vorrangs des Hausgeldes bei der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Eigentumswohnungen”, ZWE 2008, 13/16; Alff/Hintzen, „Hausgelder in der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung”, Rpfleger 2008, 165/170). Dies war vorliegend der Fall. Denn die Begrenzung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG beläuft sich im vorliegenden Verfahren auf den Betrag von 2.250,00 EUR. Diesen Betrag hat die Gläubigerin durch die Anordnung der Zwangsversteigerung mit Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 27.05.2009 (2.134,25 EUR; vgl. Bl. 7 d.A.) sowie die Zulassung des Beitritts mit Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 23.07.2010 (115,75 EUR; vgl. Bl. 89 d.A.) ausgeschöpft.
Als unangemessen und deshalb nicht gerechtfertigt anzusehen ist, wenn den Grundpfandrechtsgläubigern die 5 %-Grenze übersteigende Ansprüche in der Rangklasse nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG vorgehen würden. Dies wäre nicht nur der Fall, wenn ein einziger, 5 % des festgesetzten Verkehrswerts übersteigender Hausgeldanspruch in voller Höhe der Rangklasse 2 zugeordnet werden würde, sondern auch dann, wenn mehrere solcher Ansprüche, die zusammen mehr als die maßgeblichen 5 % ergeben, ebenfalls vollständig in die Rangklasse nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG gehörten (vgl. BGH, a.a.O., Beschluss vom 04.02.2010). So liegt der Fall jedoch hier. Zwar verhalten sich die vorgenannten Entscheidungen des BGH ausdrücklich allein zu dem Fall, dass nach der betragsmäßig vollständigen Ausschöpfung des Vorrechts ein Dritter die Forderungen ablöst (§ 268 BGB) und später neue Hausgeldansprüche der Rangklasse nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG zugeordnet werden sollen. Gleiches muss jedoch auch in Hinblick auf eine Leistung durch den Schuldner bzw. – wie vorliegend der Fall – auf eine erfolgreiche Durchsetzung eines Pfändungsund Überweisungsbeschlusses der Gläubigerin gegen den Schuldner gelten....