Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerhehlerei
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Beschluss vom 09.08.2006; Aktenzeichen (336 Ds) 2 St Js 211/06 (10/06)) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Verteidigers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 9. August 2006 wird als unbegründet verworfen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
3. Die weitere Beschwerde (§ 33 Abs. 6 RVG) wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 31. Mai 2006 wurde der Angeklagte wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Der festgestellte Steuerschaden durch den Handel von unversteuerten Zigaretten betrug 23.371,20 Euro. Im Ermittlungsverfahren wurden 3.200 unversteuerte Zigaretten mit der Markenbezeichnung “Pall-Mall” und “L&M” sichergestellt. In der Hauptverhandlung erklärte sich der Angeklagte mit der außergerichtlichen Einziehung der sichergestellten Zigaretten nach Rücksprache mit seinem Verteidiger einverstanden. Der Antrag des Verteidigers auf Festsetzung des Wertes hinsichtlich der außergerichtlichen Einziehung der sichergestellten Zigaretten wurde durch den angefochtenen Beschluss beschieden, mit dem der Gegenstandswert der eingezogenen Zigaretten auf 0,00 Euro festgesetzt wurde. Mit seiner Beschwerde weist der Verteidiger darauf hin, dass Steuerbescheide regelmäßig bei illegalen Zigarettenlieferungen ergingen, so dass sich der Gegenstandswert an dem festgesetzten Steuerschaden orientieren müsse.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist binnen der Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden; der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt offensichtlich die Grenze des § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG (200,- Euro).
2. Sie ist jedoch unbegründet, weil das Amtsgericht mit Recht den Gegenstandswert auf 0,00 Euro festgesetzt hat.
Der Verteidiger kann die Wertfestsetzung (§§ 2 Abs. 1, 33 Abs. 1 RVG) verlangen, wenn er einen fälligen Anspruch auf eine Vergütung (§ 33 Abs. 2 S. 1 RVG) hat. Die Beratung des Angeklagten dahin, dass er der außergerichtlichen Einziehung beschlagnahmter Gegenstände zustimmt, kann nach der Rechtsprechung des Kammergerichts (vgl. KG, Beschluss vom 18. Juli 2005 – 5 Ws 256/05 –, veröffentlicht in NStZ-RR 2005, 358), der sich die Kammer anschließt, grundsätzlich die Gebühr nach Nr. 4142 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (Nr. 4142 VV RVG) auslösen.
Die eingezogenen Zigaretten haben jedoch, wie das Amtsgericht zutreffend erkannt hat, keinen Gegenstandswert. Maßgebend für den Gegenstandswert ist nämlich der normativ zu bestimmende objektive Geldwert des Gegenstandes, ausgedrückt in Euro; das subjektive Interesse des Täters ist unbeachtlich (vgl. Madert in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Auflage, Rdnr. 6 zu § 2 RVG sowie Rdnr. 43 ff zu Nr. 4141-4146 VV RVG). Gegenständen, denen die Rechtsordnung keinen messbaren Wert zuschreibt, fehlt ein derartiger Wert. So ist anerkannt, dass beispielsweise Falschgeld keinen rechtlich anerkannten Verkehrswert hat (vgl. Madert, in: Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe RVG 16. Aufl. 4141-4146 VV Rn 44; Schmahl VV Teil 4 Abschn. 1 Rn 38).
Dieser juristisch-ökonomische Wertbegriff führt nach zutreffender Ansicht des Kammergerichts (KG Beschluss vom 18. Juli 2005 – 5 Ws 256/05 –, veröffentlicht in NStZ-RR 2005, 358) dazu, dass auch Betäubungsmitteln kein Gegenstandswert zukommt. Dass die Rechtsordnung Drogen keinen messbaren Wert zuschreibt, obwohl sie nach rein wirtschaftlicher Betrachtung durchaus einen erzielbaren Schwarzmarktpreis haben, ergibt sich aus folgender Überlegung. Betäubungsmittel unterliegen als Beziehungsgegenstände der Einziehung. Verfall des Wertersatzes ist ausgeschlossen, weil nicht ihr Besitz, sondern erst ein möglicher Unrechtserlös einen dem Verfall ausgesetzten Wert repräsentieren könnte (vgl. KG a.a.O., BGH, NStZ-RR 2002, 208; NStZ-RR 2002, 118).
Ausgehend von diesen Überlegungen kann zur Überzeugung der Kammer für unverzollte und unversteuerte Zigaretten letztlich nichts anderes gelten. Sie unterliegen ebenso wie Betäubungsmittel der Einziehung und sind unter Beachtung der Rechtsordnung nicht handelsfähig; sie werden nicht etwa – wie ein eingezogener Gegenstand von Wert – versteigert, sondern so wie eingezogene Betäubungsmittel vernichtet. Damit hat bei der Festsetzung des Gegenstandswertes der (Unrechts-) Wert, der beim Straßenverkauf der unverzollten Zigaretten erzielbar wäre, außer Betracht zu bleiben, denn dieser gilt bloß subjektiv zwischen Straftätern, wird aber von der Rechtsordnung nicht anerkannt.
Die Begründung der Beschwerde, der Gegenstandswert habe sich an dem festgesetzten Steuerschaden zu orientieren, überzeugt nicht. Auch der Gewinn aus Drogengeschäften unterliegt der Steuerpflicht und kann im Falle der Hinterziehung zu einem entsprechenden Steuerschaden führen, aus dem indes nicht auf einen objektiven Wert der Drogen geschlossen werden kann. § 40 AO stellt grundsätzli...