Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung. Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme
Orientierungssatz
Ist die Zwangsvollstreckung vom Prozeßgericht einstweilen eingestellt worden, so sind nach diesem Zeitpunkt ergangene Vollstreckungsmaßnahmen (hier: Pfändungs- und Überweisungs*-beschluß) auch dann auf Erinnerung des Schuldners aufzuheben, wenn dem Vollstreckungsorgan im Zeitpunkt des Erlasses der Vollstreckungsmaßnahme die Einstellung weder bekannt noch nachgewiesen (ZPO § 775 Nr 2) war.
Gründe
Die Schuldner haben mit dem Hotelkaufmann G. als Verkäufer am 30. April 1973 einen notariellen Kaufvertrag (Nr 69 der Urkundenrolle des Notars C.) über eine Hotel-Pension geschlossen. Wegen aller aufgrund dieses Vertrages dem Verkäufer zustehenden Zahlungsansprüche haben sie sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen. Der Notar hat dem Gläubiger als Rechtsnachfolger des Herrn G. am 7. Oktober 1974 eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde wegen einer Teilforderung von 51.730 DM erteilt.
Die Schuldner sind der Auffassung, daß die Urkunde wegen fehlender Angabe ihres Beteiligungsverhältnisses zur Zwangsvollstreckung nicht geeignet sei. Sie haben beim Landgericht Berlin gegen den Gläubiger Vollstreckungsgegenklage erhoben. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 23. Oktober 1974 - 23 O. 455/74 - die Zwangsvollstreckung aus der genannten Urkunde einstweilen ohne Sicherheitsleistung eingestellt.
Der Gläubiger hat im vorliegenden Verfahren aufgrund der Urkunde vom 30. April 1973 wegen der genannten Teilforderung nebst Kosten durch Beschluß vom 29. Oktober 1974 die angebliche Forderung der Schuldner gegen die Drittschuldnerin bezüglich des Kontos Nr ... nebst Depotkonten und Sparkonten pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Dieser Beschluß ist am 29. Oktober 1974 vom Amtsgericht zur Zustellung gemäß § 840 ZPO an die Gerichtsvollzieherverteilungsstelle gesandt worden.
Gegen diesen Beschluß haben die Schuldner mit Schriftsatz vom 30. Oktober 1974 Erinnerung eingelegt und unter Hinweis auf den Einstellungsbeschluß des Landgerichts vom 23. Oktober 1974 die Aufhebung des Pfändungsbeschlusses und Überweisungsbeschlusses beantragt. Sie haben mit Schriftsatz vom 31. Oktober 1974 eine Ausfertigung des Einstellungsbeschlusses zu den Akten eingereicht. Diese Ausfertigung trägt einen Eingangsstempel der Verfahrensbevollmächtigten der Schuldner mit dem Datum vom 24. Oktober 1974.
Durch Beschluß des Rechtspflegers vom 31. Oktober 1974 ist die Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungsbeschluss und Überweisungsbeschluss gemäß §§ 775 Nr 2, 776 ZPO eingestellt worden; der Drittschuldnerin ist aufgegeben worden, die insoweit gepfändeten Beträge zurückzuhalten und weder an den Gläubiger noch an die Schuldner auszuzahlen.
Die Schuldner haben gegen den Beschluß vom 31. Oktober 1974 mit Schriftsatz vom 5. November 1974 Erinnerung eingelegt und erneut die Aufhebung des Pfändungsbeschlusses und Überweisungsbeschlusses beantragt.
Die Erinnerung ist durch Beschluß des Richters vom 7. November 1974 zurückgewiesen worden. In den Gründen des angefochtenen Beschlusses heißt es u.a.: Eine Aufhebung des Pfändungsbeschlusses und Überweisungsbeschlusses komme nicht in Betracht, obwohl dieser erst nach dem Erlaß des Einstellungsbeschlusses vom 23. Oktober 1974 ergangen sei; gemäß § 775 Nr 2 ZPO sei die Einstellung der Zwangsvollstreckung von der Vorlegung des Einstellungsbeschlusses abhängig; anderenfalls würden sich unüberwindliche Schwierigkeiten bei der Feststellung der Wirksamkeit der Forderungspfändung ergeben, da es im Einzelfall häufig zweifelhaft sein werde, wann der Einstellungsbeschluß "existent" geworden sei; eine solche Unsicherheit könne im Vollstreckungsverfahren nicht in Kauf genommen werden.
Gegen diesen Beschluß haben die Schuldner mit Schriftsatz vom 7. November 1974, eingegangen am 8. November 1974, sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den Pfändungsbeschluß und Überweisungsbeschluß unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses aufzuheben.
Der Gläubiger hat beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen, da die Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Beschluß richtig seien. Er hat ferner vorgetragen, daß sich auf dem gepfändeten Konto ... ca 14.000 DM befänden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Die sofortige Beschwerde der Schuldner ist nach § 793 ZPO zulässig. Das Rechtsmittel ist auch begründet.
Der Erlaß des Pfändungsbeschlusses und Überweisungsbeschlusses vom 29. Oktober 1974 war im vorliegenden Fall entgegen den Ausführungen des Amtsgerichts unzulässig. Zwar sind bei einer gerichtlichen Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Titel gemäß §§ 775 Nr 2, 776 ZPO die bisherigen Vollstreckungshandlungen nur dann aufzuheben, wenn dies in dem Einstellungsbeschluß ausdrücklich angeordnet worden ist. Solche Maßregeln bleiben grundsätzlich einstweilen bestehen; die Zwangsvollstreckung darf insoweit nur nicht ...