Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 17.02.1998; Aktenzeichen 11 C 203/97) |
Tenor
wird die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 17. Februar 1998 – 11 C 203/97 – bei einem Wert von 300,00 DM auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Es entspricht ständiger Rechtsprechung der Kammer, daß im Vollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO der Schuldner mit dem Einwand, er habe den titulierten Anspruch erfüllt, grundsätzlich nicht gehört werden kann (LG Berlin, Beschluß vom 24. März 1988 – 62 T 25/88 – GE 1988, 629).
Der Einwand der Schuldner, sie hätten ihre Verpflichtung zur Beseitigung der Parabolantenne erfüllt, kann die Ermächtigung der Gläubiger nach § 887 ZPO nicht verhindern. Der Einwand der Erfüllung kann im Vollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO nicht geltend gemacht werden (RGZ 21, 377 (379); OLG Hamm, MDR 1984, 591; OLGZ 1985, 225; OLG Bamberg, Rpfleger 1983, 79; Wieczorek, ZPO, 2. Aufl., (1981), § 887 Anm. D III a; Thomas-Putzo, ZPO, 15. Aufl. (1987), § 887 Anm. 4 c; Bruns-Peters, ZwangsvollstreckungsR, 3. Aufl. (1987), S. 290 f.; Baur-Stürner, Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und VergleichsR, 11. Aufl. (1983), Rdnr. 674; OLG München NJW-RR 1988, 22; OLG Köln NJW-RR 1988, 1212). Die von der Gegenansicht (OLG Köln NJW-RR 1996, 100; OLG Nürnberg NJW-RR 1995, 63; OLG Frankfurt, MDR 1973, 323; OLG Karlsruhe, DJ 1973, 320; OLG Köln, JMBl NRW 1982, 153; OLG München, Rpfleger 1978, 388 (389); Stein-Jonas-Münzberg, ZPO, 19. Aufl. (1975), § 887 Anm. II 3; Zöller-Stöber, ZPO, 15. Aufl. (1987), § 887 Rdnr. 7; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 46. Aufl. (1988), § 887 Anm. 2 A; Jauernig, Zwangsvollstreckungs- und KonkursR, 17. Aufl. (1985), S. 115) vorgebrachten Argumente vermögen nicht zu überzeugen.
Soweit die Gegenansicht aus dem Wortlaut des § 887 ZPO (‚Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht …’) herleiten will, die Nichterfüllung sei eine Voraussetzung für die Ermächtigung, ist dem entgegenzuhalten, daß der erste Halbsatz des § 887 I ZPO lediglich eine Sachverhaltsbeschreibung bringt und keine subsumierbaren Tatbestandsvoraussetzungen aufzählt. Auch der Hinweis darauf, daß das Prozeßgericht unmittelbar in die Vollstreckung eingreife und sogar die vom Schuldner zu erbringende Leistung beeinflusse, vermag nicht zu begründen, warum der Einwand der Erfüllung zu berücksichtigen sei. Das Prozeßgericht wird in dem Verfahren nach § 887 ZPO als Vollstreckungsorgan tätig. Als solches unterliegt es den Regeln des Vollstreckungsrechts, wonach materielle Einwendungen grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind, sofern nicht einer der in § 775 Nr. 4 und 5 ZPO genannten Fälle vorliegt (vgl. OLG Köln, Beschluß vom 28. Oktober 1992 – 19 W 39/92 – OLGZ 93, 356).
Das gilt auch für den Einwand, dem Gläubiger fehle bei erfolgter Erfüllung das Rechtsschutzinteresse für die Zwangsvollstreckung (so OLG Köln, Beschluß vom 18. Dezember 1981 – 16 W 131/81 – JMBl NRW 82, 153). Einwendungen des Schuldners, die sich gegen das Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses des Gläubigers an der Vollstreckung richten, hat das zuständige Vollstreckungsorgan grundsätzlich nicht zu beachten, wenn es dadurch gezwungen würde, materiellrechtliche Fragen zu prüfen. Die Berücksichtigung des Erfüllungseinwandes kommt nur dann in Betracht, wenn die Tatsache der Erfüllung unstreitig oder offenkundig ist. Hier haben die Gläubiger nach wie vor die Nichterfüllung behauptet.
Prozeßwirtschaftliche Überlegungen, die dahin gehen, das Prozeßgericht sei aufgrund des vorangegangenen Erkenntnisverfahrens leichter in der Lage, den Wahrheitsgehalt der Erfüllungsbehauptung des Schuldners zu überprüfen, rechtfertigen es ebenfalls nicht den Erfüllungseinwand im Verfahren nach § 887 ZPO zu berücksichtigen. Mögliche Vorteile prozeßwirtschaftlicher Art werden durch die Nachteile überwogen, die sich aus der Gefahr abweichender Entscheidungen ergeben. Da der Schuldner den Einwand der Erfüllung jederzeit mit einer Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO geltend machen könnte, ließe sich nicht verhindern, daß die Entscheidungen über den Antrag nach § 887 ZPO und die Vollstreckungsgegenklage zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangten.
Schließlich vermag auch das Argument nicht zu überzeugen, daß die in § 891 ZPO vorgeschriebene Anhörung des Schuldners leerlaufe, wenn diesem der Erfüllungseinwand abgeschnitten werde. Im Rahmen der Anhörung nach § 891 ZPO kann sich der Schuldner gegen die Art der beantragten Ersatzvornahme und gegen die Höhe eines verlangten Kostenvorschusses wenden.
Es ist deshalb daran festzuhalten, daß der Erfüllungseinwand mit der dafür vorgesehenen Vollstreckungsgegenklage und nicht im Verfahren nach § 887 ZPO geltend zu machen ist. Jede andere Entscheidung würde zu Unklarheiten im Verfahren führen und gäbe darüber hinaus dem Schuldner die Möglichkeit, die Vollstreckung beliebig hinauszuzögern. Er könnte nämlich wiederholt Erfüllung behaupten, und das Gericht wäre gezwungen, diesem Vo...