Verfahrensgang
AG Berlin-Wedding (Urteil vom 14.08.1997; Aktenzeichen 19 C 124/97) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 14. August 1997 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wedding – 19 C 124/96 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist gemäß § 511 ZPO statthaft und die gemäß § 511 a ZPO erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 516, 518 und 519 ZPO wurden gewahrt.
In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
Die Kläger haben gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der im zweiten Rechtszug noch geltend gemachten 9.792,90 DM – je 251,10 DM monatlich für die Zeit von Januar 1994 bis einschließlich März 1997 – aus § 535 Satz 2 BGB.
Ihr dahingehender Mietzinsanspruch ist verwirkt, und zwar unabhängig von der Frage, ob die Minderung von den Beklagten zu Recht vorgenommen worden ist oder nicht. Die Kammer erlaubt sich jedoch darauf hinzuweisen, daß hier eine Berechtigung der Beklagten zur Minderung gemäß § 537 BGB äußerst zweifelhaft ist. Es ist aber zu berücksichtigen, daß die Beklagten unstreitig mit Schreiben vom 15. Oktober 1993 verschiedene Mängel angezeigt und eine Minderung angekündigt haben. Auf dieses Schreiben haben die Kläger mit Schreiben ihrer Hausverwaltung vom 20. Oktober 1993 reagiert und ausgeführt, daß den Beklagten die angekündigte Minderung nicht zustünde. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist es ohne Bedeutung, ob die Beklagten, die den Zugang bestreiten, dieses Schreiben tatsächlich erhalten haben oder nicht. Denn die Kläger haben anschließend unstreitig erst mit Schreiben vom 29. November 1996 den behaupteten Zahlungsrückstand angemahnt, d.h. sie haben etwa drei Jahre lang auf die von den Beklagten jedenfalls ab Januar 1994 nur noch gemindert gezahlte Miete nicht reagiert. Hat aber der Vermieter über einen längeren Zeitraum unwidersprochen die von dem Mieter durchgeführte Minderung hingenommen, kann er später die Berechtigung zur Minderung nicht mehr bestreiten, vielmehr ist sein insoweit errechneter Mietrückstand verwirkt (vgl. Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., II 542 m.w.N.; Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Aufl., Rdnr. 414 m.w.N.) Das Schreiben vom 20. Oktober 1993 – dessen Zugang unterstellt – reicht für den erforderlichen Widerspruch bezogen auf Mietrückstände ab Januar 1994 nicht aus, da die Kläger anschließend drei Jahre lang tatenlos gewartet haben, bevor sie sich erneut an die Beklagten gewandt haben. Soweit die Kläger in der Berfungsbegründung vortragen lassen, der Hausverwalter habe einige Male mit dem Beklagten zu 2) telefoniert, ist dieser Vortrag unsubstantiiert.
Die Kläger haben auch unter Berücksichtigung ihres Schreibens vom 29. November 1996 keinen Anspruch auf Zahlung jedenfalls des behaupteten Mietrückstandes für die Zeit von Dezember 1996 bis März 1997. Zwar haben sie in diesem Schreiben die Beklagten zur Zahlung des behaupteten Rückstandes aufgefordert, dies bewirkt jedoch nicht, daß eine Verwirkung ihrer Mietzahlungsansprüche für die Zukunft, nämlich ab Dezember 1996, jetzt entfallen würde. Unabhängig davon, daß die Kläger in dem genannten Schreiben gar nicht konkret auf die von den Beklagten vorgenommene Minderung eingegangen sind, sind sie jedenfalls mit dem Einwand, der Mangel habe von Anfang an nicht bestanden, auch für die Zukunft ausgeschlossen, nachdem sie die Minderung jahrelang anstandslos hingenommen haben (vgl. LG Berlin, MM 1994, 361 (362)). Insoweit handelt es sich um einen umgekehrten Fall des § 539 BGB, in dem der Mieter auch sein Minderungsrecht für die Zukunft verliert, wenn er den Mietzins trotz Kenntnis eines Mangels ungemindert und ohne einen eindeutigen Vorbehalt für einen Zeitraum von jedenfalls sechs Monaten entrichtet (vgl. insoweit BGH, NJW 1997, 2674 f).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Hoffmann, Marlow, Wierum
Fundstellen
Haufe-Index 1679372 |
NZM 1999, 170 |