Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 06.11.2012; Aktenzeichen 773 C 35/12)

 

Tenor

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestands wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO, 62 Abs. 2 WEG abgesehen.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Die Klägerin verlangt mit der Berufung die gerichtliche Beschlussersetzung nach § 21 Abs. 8 WEG in Bezug auf ihre in der Eigentümerversammlung am 19. Juni 2012 abgelehnten Beschlussanträge zu TOP 9 und 10.

Der Gestaltungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG steht nicht bereits das fehlende Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin entgegen. Das Gericht ist insoweit nicht der Auffassung der Beklagten, wonach die Klägerin aufgrund der formellen Bindungswirkung der nunmehr bestandskräftigen Negativbeschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung zunächst erneut die Möglichkeit zur Willensbildung geben müsse, bevor das Gericht die Entscheidung nach § 21 Abs. 8 WEG ersetzen kann (vgl. Niedenführ u.a., WEG, 11. Aufl., § 23 Rdn. 58 m.w.N.). Vielmehr folgt das Gericht der überwiegenden Rechtsprechung, die auch eine isolierte Klage nach § 21 Abs. 8 WEG ohne gleichzeitige Anfechtung des Negativbeschlusses -und damit auch im Falle eines ggf. bestandskräftigen Negativbeschlusses- für zulässig erachtet (vgl. BGH NJW 2010, 2129-2132; LG Hamburg ZMR 2012, 470-472).

Die Klagen nach § 21 Abs. 8 WEG sind jedoch in der Sache nicht begründet. Die Wohnungseigentümer waren im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessensspielraums nicht gehalten, zwingend der verlangten Beseitigung der Wasserschäden in der klägerischen Wohnung durch die Gemeinschaft nach § 21 Abs. 4 WEG i.V.m. §§ 280, 823 BGB sowie des Austausches der Balkontür nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG zuzustimmen.

Das Verlangen der Klägerin auf Beseitigung der Wasserschäden in ihrer Wohnung setzt eine schuldhafte Pflichtverletzung der Wohnungseigentümer bei Entstehung der Schäden voraus. Ein dahingehender Pflichtenverstoß ist nicht substantiiert dargetan worden. Allein der Umstand, dass es mehrfach zu Wassereintritten in der Wohnung der Klägerin kam, reicht insoweit nicht. Ein etwaiges Verschulden der Verwaltung, das im Übrigen ebenfalls nicht substantiiert dargetan wurde, müssen sich die Beklagten nicht nach § 278 BGB zurechnen lassen, da der Verwalter im Rahmen von § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG nach ganz überwiegender Rechtsprechung im Verhältnis zum geschädigten Wohnungseigentümer nicht als Erfüllungsgehilfe der übrigen Wohnungseigentümer bzw. der Wohnungseigentümergemeinschaft auftritt (vgl. LG Köln ZWE 2011, 338, 339 m.w.N.; KG NJW-RR 1986, 1078, 1079). Dass Letztere etwaige diesbezügliche Beschlussfassungen verhindert hätten, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Es ist im Übrigen unstreitig, dass ein Dachdeckerunternehmen von der Verwaltung beauftragt wurde und dieses auch mehrfach zu Reparaturarbeiten vor Ort war. Soweit die Klägerin diese Arbeiten pauschal als „Flickwerk” bezeichnet, stellt dies keinen substantiierten Vortrag zu den behaupteten Versäumnissen des Unternehmens, der Verwaltung bzw. der Eigentümer dar. Die konkrete Verursachungslage bezüglich der Wasserschäden ist im hiesigen Verfahren vielmehr offen geblieben.

Eine Ermessensreduzierung auf Null kann auch nicht hinsichtlich des begehrten Austausches der Balkontür angenommen werden.

Im Falle der Instandsetzungsbedürftigkeit der Balkontür ist die erforderliche Auswechslung der Tür nicht durch die Beklagten sondern durch die Klägerin auf ihre Kosten vorzunehmen.

Nach § 2 c), 3 c) und § 8 der Teilungserklärung obliegt die Instandhaltung der Fensterrahmen, der Fensterflügel einschließlich der Verglasung den Sondereigentümern, unabhängig davon, ob diese im Sondereigentum oder im Gemeinschaftseigentum stehen. Eine solche Regelung – also die Auferlegung von Instandhaltungspflichten betreffend das Gemeinschaftseigentum auf Sondereigentümer entgegen den Vorschriften der §§ 21 Abs. 5 Nr. 2, 16 Abs. 2 WEG – ist grundsätzlich zulässig, sofern die Regelung insoweit eindeutig ist (vgl. BGH NJW 2012, 1722, 1723). Von Letzterem ist vorliegend auszugehen. Nach Sinn und Zweck der Regelung betrifft die Instandhaltungspflicht nicht nur die entsprechende Kostenlast sondern auch die Verwaltungsbefugnis im Hinblick auf diesen Teil des Gemeinschaftseigentums, wobei nach dem gesetzlichen Sprachgebrauch die Instandsetzung auch einen Austausch erfasst (vgl. BGH aaO).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den weiteren Ausführungen der vorstehenden BGHEntscheidung. Dort war laut Teilungserklärung die Erneuerung des Außenanstrichs ausdrücklich der Wohnungseigentümergemeinschaft vorbehalten. Eine solche Klausel ist nach den Feststellungen des BGH im Zweifel dahingehend auszulegen, dass dies erst recht für den Austausch der Fenster gelten müsse. Im dortigen Fall sprach für diese Auslegung zudem, dass laut Klausel die Zuweisung des Außenanstrichs auf die Gemeinschaft aus Gründen der Einheitlichkeit der Außenfassade erfolgt war. So liegt der Fall hier aber nicht. Vorliegen...

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