Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung wegen Eigenbedarfs bei einer Zweitwohnung
Orientierungssatz
Wenn ein Mieter mit gutem Verdienst in seiner Zweitwohnung mit 4 1/2 Zimmern einmal pro Woche übernachten will, überschreitet dies auch unter Berücksichtigung seines hohen Lebensstandards den üblichen Wohnbedarf in erheblichem Maße.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. Dezember 1995 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg - 17 C 495/94 - geändert:
Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Charlottenburg - 17 C 495/94 - erlassen im schriftlichen Vorverfahren und den Beklagten am 22. September 1994 zugestellt - wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis der Beklagten in I. Instanz entstanden und von diesen zu tragen sind.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Entgegen dem erstinstanzlichen Urteil hat der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagten gemäß § 556 Abs. 1 BGB bzw. § 985 BGB auf Räumung und Herausgabe der streitbefangenen Wohnung ..., ... Berlin, 2. Etage links. Weder die Kündigung mit Schreiben vom 26. Juli 1993 noch die Kündigung mit Schriftsatz vom 10. Mai 1995 hat das Mietverhältnis der Parteien wirksam beendet.
Die Kündigung vom 26. Juli 1993 ist zwar gemäß § 564 b Abs. 3 BGB ausreichend begründet, denn die aufgeführte Begründung für den Eigenbedarf, die Ehefrau des Klägers brauche wegen häufigen geschäftlichen Aufenthalts in Berlin bei regelmäßig zweimaligen Flügen pro Woche mit jeweiligen Übernachtungen in Berlin dort eine Wohnung, der Kläger selbst habe zunehmend in Berlin im Zusammenhang mit dem Verkauf seiner Weine Geschäftstermine wahrzunehmen und der Sohn des Klägers beabsichtige spätestens ab dem Sommersemester 1994 in Berlin zu studieren, reicht jedenfalls zusammengenommen zweifellos aus, um Eigenbedarf an der laut Mietvertrag 132,38 qm großen 4 œ-Zimmer-Wohnung zu begründen.
Der Kläger hat aber das Bestehen von Eigenbedarf in entsprechendem Umfang auf das zulässige Bestreiten der Beklagten hin jedoch im Prozeß nicht darzulegen bzw. zu beweisen vermocht.
Die Angabe im Kündigungsschreiben, der Sohn des Klägers, der Zeuge ..., beabsichtige, spätestens ab dem Sommersemester 1994 in Berlin zu studieren und die Behauptung in der Klageschrift vom 25. Juli 1994, der Lebensmittelpunkt der Familie habe sich u. a. durch das Studium des Sohnes nach Berlin verlagert, haben sich im Verlauf des Prozesses als objektiv falsch herausgestellt, weil der Zeuge ... erst im Sommer 1995 sein Abitur gemacht hat. Eine Kündigung 1993 mit Wirkung für den 31. Juli 1994 gestützt auf voraussichtlichen Bedarf zum Wintersemester 1995/96, dem nach dem tatsächlichen Abiturtermin frühestmöglichen Studienbeginn, wäre im übrigen als unzulässige Vorratskündigung zu bewerten gewesen.
Auch ein Eigenbedarf des Klägers selbst ist nicht zu berücksichtigen. Konkrete Daten seiner Berlin-Aufenthalte hat er nicht vorgetragen. Seine Ehefrau hat bei ihrer Vernehmung ausgesagt, der Kläger transportiere mehrfach im Jahr Wein zu einem Händler in Berlin, ohne zur Häufigkeit dieser Fahrten nähere Angaben aus eigenem Wissen machen zu können. Danach muß mangels weitergehenden Nachweises angenommen werden, daß der Kläger, ausgenommen die in dieser Sache stattgefundenen Gerichtstermine in erster Instanz, nicht mehr als zwei- bis dreimal jährlich in Berlin ist, so daß - in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Gericht - von einem berücksichtigungsfähigen Wohnbedarf in seiner Person nicht ausgegangen werden kann. Soweit die Zeugin ... im weiteren Verlauf der erstinstanzlichen Vernehmung auf Vorhalt des Beklagtenvertreters "vorsichtig geschätzt" hat, der Kläger halte sich im Durchschnitt alle zwei Wochen in Berlin auf, ist dies zu vage, um hierauf fußend von Wohnbedarf des Klägers in Berlin ausgehen zu können.
Danach verbleibt lediglich der Bedarf für die Ehefrau des Klägers. Dabei kann für die Beurteilung der ursprünglichen Wirksamkeit der Kündigung nicht auf ihre Tätigkeit als Vorsitzende des Berufsverbandes der Augenärzte abgestellt werden, weil die Kündigung auf diese Tätigkeit nicht gestützt worden ist (§ 564 b Abs. 3 BGB). Auch hinsichtlich der Besuche seiner Frau in Berlin als Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Pfalz hat der Kläger konkrete Daten und Anlässe nicht benannt. Die Kammer hat erhebliche Bedenken, der Zeugin ... zu glauben, sie halte sich als Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Pfalz und seit jüngerer Zeit Vorsitzende des Berufsverbandes der Augenärzte im Schnitt einmal pro Woche in Berlin auf, zumal zur Zeit ihrer Aussage vom 31. Oktober 1995 nach ihren Angaben nur zu erwarten war, daß das zentrale Büro ihres Verbandes nach Berlin verlegt werde. Die Zeugin hat nicht angegeben, daß sich die Häufigkeit der Besuche seit 1992 - insbesondere bis zum (maßgeblichen) Zeitpunkt des Zugangs de...