rechtskräftig

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Lichtenberg (Urteil vom 12.04.2022; Aktenzeichen 22 C 21/21)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das am 12.4.2022 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lichtenberg teilweise abgeändert. Die in der Eigentümerversammlung vom 20.9.2021 zu den Tagesordnungspunkten 1a und 7 gefassten Beschlüsse werden für ungültig erklärt.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Kläger zu 1) und 2) 35 %, der Kläger zu 3) 45 % und die Beklagte 20 % zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % abzuwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % leistet.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger zu 1) und 2) sind gemeinsam Eigentümer der Wohnungseigentumseinheiten mit den Ordnungsziffern 1, 7 und 9a, der Kläger zu 3) ist Eigentümer der Wohnungseigentumseinheiten mit den Ordnungsziffern 8 und 9b). Sie bilden mit den Eigentümern der Wohnungen Nr. 2 – 6 eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern.

Die im Jahr 1999 errichtete Teilungserklärung ermächtigte den Eigentümer der Teileigentumseinheit Nr. 9, vorbehaltlich einer baubehördlichen Genehmigung, auf eigene Kosten sein Sondereigentum im Dachgeschoss zu Wohnzwecken aus- und umzubauen und „beliebig viele Wohnungseigentumsrechte zu begründen”. Die Teilungserklärung bestimmt ferner, dass der jeweilige Eigentümer der Teileigentumseinheit 9 sämtliche „mit der Begründung von neuem Wohnungseigentum verbundene Kosten” trägt und er berechtigt ist, „bei Begründung von neuem Wohnungseigentum die Miteigentumsanteile entsprechend zu verändern”.

Nach erfolgtem Ausbau wurden anstelle der Teileigentumseinheit Nr. 9 die Wohnungseigentumseinheiten Nr. 9a und 9b begründet.

Nach § 31 Ziffer 7 Satz 1 der Gemeinschaftsordnung (GO) entfällt auf jede Eigentumswohnung eine Stimme. § 14 GO bestimmt, das nach Anlegung aller Wohnungsgrundbuchblätter eine Änderung der Teilungserklärung der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf, um wirksam zu werden.

Die Eigentümerversammlung vom 20.9.2021 beschloss unter TOP 1a, dass einzelne namentlich bezeichnete Kostenpositionen im Wirtschaftsjahr 2020 nach „aktuellen Miteigentumsanteilen” verteilt werden sollen und die Hausgeldabrechnung ab 2021 nach Wohnfläche abzurechnen ist, wobei Kosten, welche direkt auf einzelne Einheiten oder nach Verbrauch verteilt werden, von dieser Beschlussfassung unberührt bleiben sollen. Zum Tagesordnungspunkt 7 beschloss die Eigentümerversammlung die Bestellung der … GmbH zur Verwalterin für den Zeitraum vom 1.1.2022 bis 31.12.2024. Die Beschlussfassung zu TOP 1a) und 7 erfolgte jeweils mit 5 Ja Stimmen und gegen die Stimmen der Kläger. Der Feststellung des Abstimmungsergebnisses liegt die Annahme zugrunde, dass auf die Wohnungseigentumseinheiten Nr. 9a und 9b jeweils nur ein halbes Stimmrecht entfällt und den Klägern deshalb insgesamt nur 4 Stimmrechte zukommen.

Zum TOP 1b beschloss die Eigentümerversammlung mit 6,5: 2,5 Stimmen die Vermessung der Wohnfläche der Wohnungen Nr. 9a und 9b mit der Maßgabe, dass das Ergebnis dieser Vermessung und die Wohnflächen der Wohneinheiten 1–8, die insoweit „aus der Teilungserklärung übernommen” werden, Grundlage der Abrechnung beginnend ab 2021 sein soll.

Zu TOP 6 „bestätigte” die Eigentümerversammlung mit 7,5: 1,5 Stimmen durch Beschluss, dass bestimmte „Kompetenzen zu den Aufgabenbereichen der Verwaltung gehören”: Erhaltungsmaßnahmen bis zu einer näher bestimmten Wertgrenze, der Abschluss von Versorgungs-, Versicherungs-, Wartungs- und Hausmeisterverträgen, die Beauftragung von technischen Sachverständigen zur Ergründung von Gebäudemängel, die gerichtliche Beitreibung von Beitragsrückständen, die Führung von Beschlussklagen auf Passivseite unter Einschaltung eines Rechtsanwalts, Einberufung und Leitung der Eigentümerversammlung, die Beschlussvorbereitung und die Erstellung von Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung, die Erfüllung von Pflichten der Gemeinschaft wie Zahlungen und Einsichtnahme nach § 18 Abs. 4 WEG.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Die Kläger betreiben die Ungültigerklärung der zu den TOP 1a und 7 gefassten Beschlüsse mit der Begründung, die zur Abstimmung gestellten Anträge hätten nicht die zu ihrer Annahme erforderliche Mehrheit erlangt. Der Versammlungsleiter habe den Wohnungseinheiten Nr. 9a und 9b unter Verstoß gegen die Regelung in § 31 Ziffer 7 Satz 1 GO lediglich eine Stimmkraft von einer statt zwei Stimmen beigemessen.

Der zu TOP 1b gefasste Beschluss verstoße gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, weil allein die Neuvermessung der im Dachgeschoss neu errichteten Wohnungen Nr. 9a und 9b nicht geeignet se, das Verhältnis der Wohnfläche...

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