Verfahrensgang

AG Berlin-Wedding (Urteil vom 13.10.2000; Aktenzeichen 5 C 41/00)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. Oktober 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wedding – 5 C 41/00 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30. September 2001 bewilligt.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestands wird abgesehen, § 543 Abs. 1 ZPO.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Klägerin steht der Räumungsanspruch gegen die Beklagte zu, § 556 Abs. 1 BGB.

Der Klägerin steht ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund zu (§§ 242, 626, 723 Abs. 1 Satz 2 BGB), weil ihr das Verhalten der Beklagten nicht mehr zugemutet werden kann, auch wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, daß sie seit Ende 1999 nicht schuldfähig war.

Die Klägerin hat gegenüber dem Betreuer die außerordentliche Kündigung wirksam erklärt, zuletzt mit Schriftsatz vom 2. März 2001. Da die fristlose Kündigung nicht der Begründung bedarf (BGH NJW 1980, 777, 779 unter B II 1 a aa; OLG Karlsruhe NJW 1982, 2004 = GE 1982, 241), ist die Kündigung auch im Hinblick auf das gesamte Verhalten der Beklagten zu würdigen.

Die vom Gesetzgeber mit § 554 a in das BGB eingefügte teilweise Regelung des außerordentlichen Kündigungsrechts wegen nicht zumutbarer Fortsetzung des mietrechtlichen Dauerschuldverhältnisses schließt nicht aus, daß darüber hinaus auch für Wohnraummietverhältnisse das aus allgemeinen Grundsätzen abgeleitete außerordentliche Kündigungsrecht gegeben sein kann, wenn der Störer nicht schuldhaft handelt, sofern nach Abwägung aller Umstände die Fortsetzung für den anderen Vertragspartner unzumutbar ist (LG Berlin – Zivilkammer 64 – GE 1986, 911 = WuM 1986, 251; Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl. 1999, § 554 a Rn. 69 ff., 70; Grapentin in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. 1999, IV Rn. 197).

Die Klägerin hatte die Beklagte bereits im April 1999 abgemahnt. Daß die Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig war, wird nicht konkret behauptet. Im übrigen sind die vorangehenden Kündigungen jeweils als Abmahnungen zu werten.

Die Beklagte hat ihr störendes Verhalten fortgesetzt. So störte sie insbesondere die Nachbarin Knüppelholz schon dadurch in für die Klägerin unzumutbarer Weise, daß sie dreimal ohne Rechtfertigung nachts die Polizei rief, die daraufhin die Zeugin … aus der Nachtruhe störte.

In der Nacht vom 27. auf den 28. Oktober 1999 erschien die Polizei aufgrund der Anschuldigung durch die Beklagte, daß der Lebensgefährte der Zeugin … in der Wohnung Kinder sexuell mißbrauche. Es ist unstreitig daß der Vorfall gegenstandslos war. Allerdings war die Beklagte subjektiv der Auffassung, daß derartiges geschah, wie sie in der mündlichen Verhandlung geschildert hat. Ob und inwieweit das auf einer wahnhaften Verarbeitung von Wahrnehmungen beruht, kann dahinstehen. Auch wenn die Beklagte im Zustand der Schuldunfähigkeit handelte, liegt darin eine unzumutbare und auch im Hinblick auf die Erkrankung der Beklagten nicht tolerierbare Verhaltensweise. Die Polizei war in dem Zusammenhang mit Gewalt in die Wohnung der Zeugin … eingedrungen und hatte Wohnungstür und Zimmertür beschädigt. Die Beklagte ist hierwegen zivilrechtlich zum Schadensersatz verurteilt worden.

Die Beklagte rief erneut am Abend des 28. Januar 2000 gegen 21.40 Uhr die Polizei ohne objektiven Grund, weil die Zeugin … angeblich mit einem Preßlufthammer oder einer Schlagbohrmaschine mitten in der Nacht gebohrt habe.

Daß sie jeweils die Polizei gerufen habe, hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben. Es ist unerheblich, wenn sie dies zuvor schriftsätzlich pauschal in Abrede gestellt hat.

Die Vorwürfe, die die Beklagte gegenüber der Zeugin … dabei erhebt, sind pauschaler Art und nicht nachvollziehbar, worauf schon das Amtsgericht hingewiesen hat.

An dem störenden Verhalten hat die Bestellung des Betreuers nichts geändert. Die Beklagte nimmt keine Medikamente ein und behauptet nicht, daß aufgrund eingeleiteter Behandlungsmaßnahmen eine Besserung zu erwarten sei.

Wiederum in der Nacht vom 13. zum 14. Juli 2000 hat die Beklagte die Polizei alarmiert, weil die Zeugin … angeblich ihren Balkon durch Teppichausschütteln und anderes verschmutzt habe.

Inwieweit auch dieses Verhalten durch die ärztlich attestierte paranoidhalluzinatorische Psychose zu erklären ist, kann dahinstehen. Die Klägerin ist durch das Verhalten der Beklagten unzumutbar betroffen, weil sie im Verhältnis zu ihren anderen Mietern in der Pflicht steht, den ungestörten Gebrauch der Mietsache zu gewähren, wozu es gehört, unzumutbare Störungen und Belästigungen von Mitmietern zu verhindern (Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl. 1999, § 535 Rn. 13; Urteil der Kammer vom 11. Januar 1999 – 62.S. 290/98). Es ist zwar in gewissen Grenzen hinzunehmen, wenn ein Mieter krankheitsbedingt und schuldlos auffällig wird. Das Verhalten der Beklagten hat die Grenzen aber überschritten, wenn sie dreimal unberechtigt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge