Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumsanlage

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 17.04.2008; Aktenzeichen 74 C 147 / 07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 01.10.2010; Aktenzeichen V ZR 220/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 17. April 2008 – 74 C 147 / 07 WEG – teilweise geändert und wird der Antrag des Klägers auf Ungültigerklärung des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 3. Dezember 2007 zu TOP 4 zurückgewiesen.

2. Auf die Streitwertbeschwerde der Beklagten wird der Streitwert für die I. Instanz auf 4.500,– EUR festgesetzt.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits I. Instanz hat der Kläger 2/3 und haben die Beklagten 1/3 zu tragen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits der II. Instanz zu tragen.

4. Die Entscheidung über die Streitwertbeschwerde ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

6. Gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. Juni 2009 – 85 S 45 / 08 WEG – wird die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

I.

In tatsächlicher Hinsicht wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen in dem Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 17. April 2008 – 74 C 147 / 07 WEG – (Bl. 57-65) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. a) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 17. April 2008 – 74 C 147 / 07 WEG – ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und nach §§ 511 Abs. 2, 513, 517 ZPO zulässig.

Die übrigen Formalien der Berufung nach §§ 519, 520 ZPO sind gewahrt.

Auch nach der Annahme der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft durch die obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juni 2005 – V ZB 32 / 05 –, = NJW 2005, 2061ff) sind in einem Anfechtungsverfahren Antragsgegner nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband, sondern die übrigen Miteigentümer (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30. Juni 2008 – 14 Wx 24 / 07 –, zitiert nach juris; ständige Rechtsprechung der Kammer, vgl. zuletzt das Urteil des LG Berlin vom 8. April 2009 – 85 S 15 / 07 WEG –).

b) Die von den Beklagten mit dem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. April 2008 (Bl. 71-72) eingelegte Streitwert-Beschwerde ist nach § 68 Abs. 1 GKG statthaft und zulässig.

Obwohl die Festsetzung des Streitwertes für den Rechtsstreit erster Instanz in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils erfolgte, ist gegen eine derartige Streitwertfestsetzung die Beschwerde der statthafte Rechtsbehelf.

2. Die Berufung der Beklagten ist begründet, so dass der Tenor des Urteils des Amtsgerichts Charlottenburg vom 17. April 2008 – 74 C 147 / 07 WEG – wie aus dem Tenor des vorliegenden Urteils ersichtlich teilweise abzuändern und der Antrag des Klägers auf Ungültigerklärung des Beschlusses der Eigentümerversammlung (ETV) vom 3. Dezember 2007 zum Tagesordnungspunkt (TOP) 4 zurückzuweisen war.

Ferner ist die von den Beklagten eingelegte Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwertes für den Rechtsstreit erster Instanz in dem Urteil des AG Charlottenburg vom 17. April 2008 – 74 C 147 / 07 WEG – begründet, so dass der Streitwert für den Rechtsstreit erster Instanz zum Teil neu festzusetzen ist.

Im Einzelnen gilt:

a) Anfechtungsklage

Der Beschluss der ETV vom 3. Dezember 2007 zu TOP 4, wonach sinngemäß jeder Wohnungseigentümer im Fall eines Bewohnerwechsels aufgrund befristeter Nutzungsüberlassung seines Sondereigentums für mögliche Beeinträchtigungen und eine besondere Abnutzung des Gemeinschaftseigentums unabhängig von der Anzahl der Bewohner eine Kostenpauschale in Höhe von 50,00 EUR an die Eigentümergemeinschaft zugunsten der Instandhaltungsrücklage zu zahlen hat, wobei unter den Begriff des Bewohners auch Feriengäste und „Saisonarbeiter” fallen sowie die Haftung für weitergehende Schäden nicht ausgeschlossen wird, entspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 3, 4, 7 WEG).

aa) Der angefochtene Beschluss der ETV vom 3. Dezember 2007 zu TOP 4 entspricht zunächst in formeller Hinsicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.

Es ist weder ersichtlich noch von den anwaltlich vertretenen Parteien vorgetragen worden, dass zu der streitgegenständlichen ETV am 3. Dezember 2007 nicht fristgerecht oder unter Nichtbeachtung der in § 23 Abs. 2 WEG aufgestellten Anforderungen an die Ankündigung von Tagesordnungspunkten in einem Einladungsschreiben eingeladen worden ist.

Genauso wenig ist ersichtlich oder gar vorgetragen worden, dass bei der Abstimmung über den Beschlussantrag zu TOP 4 das nach der Teilungserklärung (TE) für die Wohnanlage maßgebliche Stimmrecht nicht beachtet worden ist.

bb) Der angefochtene Beschluss der ETV vom 3. Dezember 2007 zu TOP 4 entspricht aber auch in materieller Hinsicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 3, 4, 7 WEG), und zwar unabhängig von der Frage, in welchem Umfang die Wohnungseigentumsgerichte im vorliegenden Rechtsstreit den Beschluss aufgrund des Vortrags des anwaltlich vert...

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