Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 11 C 22/18) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.667,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2017 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin 26 % und der Beklagte 74 % zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung ist zum überwiegenden Teil begründet, im Übrigen unbegründet.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung des Saldos aus der Betriebskostenabrechnung für 2013 in Höhe von 1.667,52 EUR aus § 556 BGB zu.
Dem Beklagten stand kein Zurückbehaltungsrecht wegen durch die Klägerin verweigerter Belegeinsicht zu.
Die Klägerin hat die Belegeinsicht nicht verweigert.
Grundsätzlich zutreffend und der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur entsprechend führt das Amtsgericht aus, dass der Mieter, wenn der Vermieter seinen Sitz – wie hier – in einem anderen Ort hat, ein Einsichtsrecht am Ort der Mietsache (ganzes Stadtgebiet) hat.
Ebenfalls zutreffend ist, dass das bloße Schweigen des Vermieters auf eine Terminsanfrage nicht ausreichend ist. Grundsätzlich muss der Vermieter aufgrund eines entsprechenden Schreibens nicht von sich aus tätig werden. Es handelt sich nicht um eine Bringschuld. Wenn eine Vereinbarung eines Einsichtstermins nicht zustande kommt, obliegt es dem Mieter, nach einer entsprechenden Ankündigung bei der Vermieterin zu üblichen Geschäftszeiten zu erscheinen. Nur wenn dann die Unterlagen nicht am Geschäftssitz dieser vorgelegt werden, kann eine Verweigerung der der Klägerin obliegenden Gewährung einer Einsicht in die Abrechnungsunterlagen angenommen werden (LG Berlin Urt. v. 6.6.2014 – 63 S 238/13, BeckRS 2014, 14936, beck-online).
Auch rechtfertigt sich im vorliegenden Fall nicht deshalb eine andere Beurteilung, weil der Beklagte meint, keine Kenntnis von einer Niederlassung der Klägerin in Berlin gehabt zu haben.
Die Belege sind bei dem Vermieter oder in den Räumen eines seiner Bevollmächtigten einzusehen. Dogmatischer Ansatzpunkt für den Erfüllungsort ist nicht § 811, sondern der Leistungsort des § 269 und somit der Wohnsitz des Schuldners (der Rechenschaftslegung). Befindet sich der Sitz des Vermieters allerdings nicht am Ort des Mietobjekts, kann der Mieter verlangen, dass ihm die Belege am Ort des Mietobjekts vorgelegt werden (BGH Urt. v. 8.3.2006 – VIII ZR 78/05, v. 13. 9. 2006 – VIII ZR 71/06, 11. 2. 2011 – V ZR 66/10 – alle juris).
Gemessen an diesen Maßstäben hatte der Beklagte Kenntnis von der Berliner Niederlassung der Klägerin als Bevollmächtigte. Das Schreiben der … vom 28.07.2015 ist als Urkunde auch nicht präkludiert und ist innerhalb der Einwendungsfrist verfasst. Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten haben in den vorangegangenen Jahren stets in der Berliner Niederlassung Einsicht genommen. Auch kann sich der Beklagte nicht darauf zurückziehen, er habe nicht gewusst, ob diese noch existiere. Ausweislich des vorgenannten Schreibens der Hausverwaltung hat der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 24.06.2015, mithin binnen der Einwendungsfrist, mit der Berliner Niederlassung bezüglich eines Mietkontoauszugs das hiesige Mietverhältnis betreffend, korrespondiert.
Sofern der Prozessbevollmächtigte sich in seinem Widerspruch auf die Einwendungen der Vorjahre bezieht, ist diese pauschale Bezugnahme ohne Belegeinsicht nicht ausreichend.
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 110,52 EUR, da sie nach unbestrittenem Vortrag des Beklagten in der Klageerwiderung zu einer erfolgten Korrektur der Nebenkostenabrechnung in dieser Korrektur selbst davon ausgeht, dass lediglich eine Forderung von insgesamt 1.667,52 EUR durch den Beklagten zu zahlen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Fundstellen
ZMR 2019, 865 |
MietRB 2020, 34 |