Verfahrensgang

AG Berlin-Neukölln (Urteil vom 28.01.1998; Aktenzeichen 13 C 36/90)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28. Januar 1998 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln – 13 C 36/90 – wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat die Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte (§ 511 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 a ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 516, 518, 519 ZPO) Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Neukölln vom 28. Januar 1998 ist zulässig.

II.

Die Berufung ist auch begründet, da die Klägerin nicht aktivlegitimiert ist.

Der Klägerin fehlt die Befugnis, die aus dem Mietverhältnis resultierenden Forderungen alleine, ohne den Mitmieter Albert Jung, geltend zu machen.

1.

Zwischen der Klägerin und … besteht als Mitmietern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gem. § 705 BGB, so daß ihnen die Prozeßführungsbefugnis grundsätzlich nur gemeinschaftlich als den gemeinsamen Rechtsinhabern zusteht.

Mieten mehrere Mieter gemeinsam eine Wohnung, so bilden sie in der Regel eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (KG WuM 1992, 323; LG Berlin GE 1996, 1117; OLG München ZMR 1994, 216; Soergel/Hadding, BGB, 11. Auflage, vor § 535, Rdnr. 313; Behrens, Beteiligung mehrerer Mieter am Mietverhältnis, 1989, 3. Kapitel; Kinne in Kinne/Schach, Mietvertragsrecht und Mietprozeßrecht, 1997, Teil II Rn. 28 S. 405; Sternel, Mietrecht Aktuell, 3. Auflage, Rdnr. 23; a.A. MünchKomm/Voelskow, BGB, 3. Auflage, §§ 535, 536, Rdnr 12). Daher können sie der Gesellschaft zustehende Ansprüche nur gemeinschaftlich geltend machen.

Das Innenverhältnis mehrerer gemeinsam im Rechtsverkehr auftretender Personen kam eine Bruchteilsgemeinschaft gem. §§ 741 ff. BGB oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß §§ 705 ff BGB sein. Die Anwendung der Regelungen über die Bruchteilsgemeinschaft wird jedoch dem Verhältnis zwischen mehreren Mietern nicht gerecht. Die aus dem Mietvertrag erwachsenen Rechte stehen den Mietern grundsätzlich als Gesamthandsgläubigern zu (BGH NJW 1969, 839; BGH NJW 1972, 249); bereits dies schließt die Annahme einer Bruchteilsgemeinschaft aus (OLG Hamm ZUR 1983, 381). Die Bruchteilsgemeinschaft tritt darüber hinaus allein infolge eines gemeinsamen Rechtserwerbes kraft Gesetzes ein und das gemeinsame Interesse der Teilhaber ergibt sich aus der Natur der Sache. In der Folge kann jedes Mitglied selbständig über seinen Anteil verfügen (§ 747 BGB). Gerade das ist aber in einer Mietergemeinschaft nicht gewollt. Zwischen den Mitmietern wird vielmehr eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung getroffen, die eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß § 705 BGB begründet. Denn eine Mietermehrheit ist durch den Rechtsbindungswillen gekennzeichnet, sich gemeinsam zur Verfolgung eines bestimmten Zweckes zusammenzuschließen. Dabei kann sich der Zweck auch in dem gemeinsamen Halten und Verwalten von unbeweglichen Sachen erschöpfen (BGH NJW 1982, 170; KG WuM 1992, 323), wie das bei einer Mietwohnung der Fall ist. Entscheidend ist, daß der Zweck ein gemeinsamer ist (Soergel/Hadding, a.a.O. § 705, Rdnr. 6). So ermöglicht das Zusammenwirken der Mieter in Form der gemeinsamen Aufbringung des Mietzinses regelmäßig erst die Teilhabe an der Mietsache. Weiterhin sind Regelungen über die Nutzung der Wohnung und über Tragung einmaliger Lasten, wie z.B. der Kaution zu treffen. Ein Mieterwechsel soll nicht unabhängig von dem Willen der Mitmieter möglich sein, da dessen Beitrag zur Förderung des gemeinsamen Zweckes von elementarer Bedeutung für die übrigen Mieter ist.

2.

Die Gesellschaft ist auch durch den Auszug des Mitmieters … nicht beendet worden, so daß die Prozeßführungsbefugnis wieder der Klägerin alleine zustehen würde.

Die Beendigung der Mietergemeinschaft richtet sich nicht nach mietrechtlichen Vorschriften, sondern nach gesellschaftlichen Grundsätzen (vgl. Sonnenschein, Die Entwicklung des privaten Wohnraummietrechts 1982 und 1983, NJW 1984, 2121, 2122). Die grundsätzlich zur Beendigung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts erforderliche Auseinandersetzung nach §§ 730 Abs. 1, 731 ff. BGB hat jedoch, da jedenfalls die Ansprüche aus dem Mietverhältnis zwischen den Mietern und den Vermietern noch nicht abschließend geklärt wurden, nicht stattgefunden.

Die Auseinandersetzung war im vorliegenden Fall nicht entbehrlich. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Gesellschaft über kein Gesamthandsvermögen verfügte.

Entgegen der Ansicht, bei einer Mietermehrheit sei als Innengesellschaft mangels Gesamthandsvermögen für eine Auseinandersetzung gem. § 730 Abs. 1 BGB kein Raum (OLG München, ZMR 1994, 216, 217; Beuermann, Die BGB-Gesellschaft im Mietrecht, GE 1997, 1282), ist bei einer Gesellschaft in Form einer Mietgemeinschaft jedoch grundsätzlich ein Gesamthandsvermögen vorhanden (Behrens, a.a.O., S. 109). Denn das Mietrechtsve...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge