Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährleistung beim Grundstückskauf: Höhe der Kaufpreisminderung bei arglistiger Täuschung über die Höhe der Mieteinnahmen eines u.a. zur Eigennutzung gekauften Hauses

 

Leitsatz (amtlich)

Liegen bei einer Grundstücksveräußerung die tatsächlichen Mieteinnahmen unter dem Betrag der als Beschaffenheit vereinbarten Mieteinnahmen (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB), so geht die Rechtsprechung bei der Schätzung des Minderungsbetrages gemäß § 441 Abs. 3 Satz 2 BGB grundsätzlich davon aus, dass sich der Wert eines mit einem Mietshaus bebauten Grundstücks nach einem Vielfachen - häufig 10-fachen - der jährlichen Mieteinnahmen bemisst. Diese Überlegung kann auf den Erwerb eines nur mit wenigen Mietparteien belegten kleineren Mietshauses zum Zwecke der hauptsächlichen Eigennutzung nicht ohne weiteres übertragen werden, da der Erwerbsgrund der Nutzung des Grundstücks als Mietobjekt in den Hintergrund tritt. Vorliegend schätzt das Gericht den Minderungsbetrag nach den 3-fachen Jahresmietmindereinnahmen.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.291,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. März 2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 74 % und die Beklagte zu 26 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Minderung eines Grundstückskaufpreises.

Nachdem die Klägerin und ihr Lebensgefährte … sich seit dem Frühjahr 2002 für den Erwerb des im Eigentum der Beklagten stehenden Mehrfamilienhauses in der …straße in Berlin-… interessiert hatten, mietete die Klägerin am 20. Juli 2002 zunächst die zuvor von dem Mieter … bewohnte Wohnung in dem vorgenannten Gebäude an. Im Rahmen der lang andauernden Kaufverhandlungen übergab die Beklagte Herrn … in der Zeit vor dem 20. Juli 2002 - so die Beklagte - oder im September 2002 bzw. Anfang 2003 - so die Klägerin - die als Anlage K 2 eingereichte Aufstellung, in der die Mieteinnahmen für die von …, dem Neffen der Beklagten, bewohnten Wohnung mit 894,76 € angegeben sind. Tatsächlich zahlte der Neffe lediglich eine Miete von 600,00 €. Mit notariellem Vertrag vom 28. August 2003 - wegen dessen Inhalts auf die als Anlage K 1 eingereichte Kopie Bezug genommen wird - erwarb die Klägerin das oben genannte Grundstück von der Beklagten zu einem Preis von 700.000,00 €. Mit Schreiben vom 30. August 2003 (Anlage K 3) übersandte die Beklagte der Klägerin die beiden Mietverträge für die nicht von der Klägerin bewohnten Wohnungen des Hauses. Auf ein Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 20. Oktober 2003 erklärte sich der Neffe … mit Schreiben vom 21. Oktober 2003 bereit, ab Januar 2004 684,00 € Miete zu zahlen . Tatsächlich erfolgten schließlich Mietzahlungen in Höhe von 720,00 € monatlich für die Wohnung “…„ .

Auf Grund der Abweichungen der tatsächlichen Mieteinnahmen mit 43.965,36 € jährlich von den in der Anlage K 2 angegebenen Mieteinnahmen mit 45.512,00 € jährlich begehrt die Klägerin die Minderung des Kaufpreises um 23.744,00 € (etwa 3,4 %).

Die Klägerin hat zunächst behauptet, die Anlage K 2 sei ihr im September 2002 übergeben worden. Nunmehr behauptet sie, die Anlage K 2 sei ihr Anfang 2003 übergeben worden. Die Mieterträge der Wohnungen seien ihr nur durch die Anlage K 2 bekannt gewesen. Insbesondere habe ihr die Beklagte niemals - auch nicht in dem Gespräch am 27. August 2003 - mitgeteilt, dass ihr Neffe … lediglich 600,00 € Miete monatlich zahle. Auch sei der Neffe niemals bereit gewesen, die Mietzahlungen auf 884,76 € zu erhöhen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 23.744,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die Anlage K 2 sei vor dem 20. Juli 2002 - dem Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin in das Mietverhältnis … - an Herrn … übergeben worden. Dort sei jedoch nur die für die Wohnung “…„ erzielbare Mieteinnahme angegeben. Tatsächlich habe sie die Klägerin und … stets darauf hingewiesen, dass ihr Neffe nur eine Miete von 600,00 € zahle. Noch am 27. August 2003, dem Tag vor dem Vertragsschluss, hätten sie bei einem Treffen in der Wohnung der Klägerin das Thema “Miete …„ angesprochen. Zudem sei ihr Neffe im Oktober 2003 bereit gewesen, die Miete auf 894,76 € zu erhöhen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Die Beklagte wurde gemäß § 141 ZPO persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird Bezug genommen auf das Sit...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge