Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermietete Eigentumswohnung: Versorgungssperre wegen Wohngeldrückständen

 

Orientierungssatz

Es bleibt offen, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft bei Wohngeldrückstand eines Wohnungseigentümers für die Vergangenheit berechtigt ist, gegenüber dem Mieter des säumigen Wohnungseigentümers die Versorgung der vermieteten Räume mit Heizung und Wasser bis zum Ausgleich der Rückstände zu unterbinden. Der Mieter kann jedenfalls nicht gezwungen werden, den Zugang zu seiner Wohnung freizugeben, damit in der Wohnung befindliche Absperrvorrichtungen betätigt werden können. Der Duldungsanspruch, den die Gemeinschaft gemäß § 14 Nr. 4 WEG gegen den Wohnungseigentümer selbst hat, besteht gegen den Mieter nicht.

 

Nachgehend

KG Berlin (Beschluss vom 26.01.2006; Aktenzeichen 8 U 208/05)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreit zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der seinerzeitige Eigentümer teilte durch notarielle Erklärung vom 18. Juli 1995 das mit einem Miethaus bebaute Grundstück ... in Wohnungseigentum auf. Die Beklagte zu 1 hatte bereits seit dem 1. Januar 1969 auf Grund eines Mietvertrages die von P. erworbene Wohnung Nr. 9/10 inne, die Beklagte zu 2 bereits seit dem 1. Januar 1988 ebenfalls auf Grund eines Mietvertrages die von den Eheleuten Sch. erworbene Wohnung Nr. 26/27. Die Kläger begehren von den Beklagten wegen angeblicher Wohngeldrückstände des P. und der Eheleute Sch. die Duldung der Durchführung einer Versorgungssperre in den Wohnungen.

Der B. erwarb am 6. April 2005 die Eigentumswohnung des P. im Wege der Zwangsversteigerung. Daraufhin haben die Kläger die Klage gegen die Beklagte zu 1 zurückgenommen.

Die Kläger behaupten, die Eheleute Sch. schuldeten Wohngeld in Höhe von 15.468,11 €.

Die Klägerin zu 1 habe unter Mitwirkung des Klägers zu 3 am 18. Oktober 2003 den Kläger zu 2 als Verwalter angewiesen, die wegen Wohngeldrückständen einzelner Wohnungseigentümer eingeleiteten Zwangsverwaltungen zu beenden und die Beschlüsse vom 11. Mai 2002 durchzuführen, wonach im Falle von anerkannten und rechtskräftig festgestellten, jedoch erfolglos beigetriebenen Wohngeldrückständen gegen die säumigen Eigentümer hinsichtlich der Versorgungsleistungen (Wasser, Heizenergie) ganz oder teilweise ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben und diese Maßnahme durch Trennung der entsprechenden Versorgungsleitung, notfalls auch mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen sei.

Die Kläger beantragen,

a) die Beklagte zu 2 zu verurteilen, die Durchführung einer Versorgungssperre für Heizung und Wasser durch den Kläger zu 2 zugunsten der Klägerin zu 1 in der von ihr, der Beklagten zu 2 gemieteten Wohnung Nr. 26/27 zu einem von dem Kläger zu 2 noch festzusetzenden Termin zu dulden, ferner

b) für jede Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von 5.000 € und für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit Ordnungshaft von einem Monat festzusetzen.

Die Beklagte zu 2 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Parteien haben wechselseitig den Mangel der Vollmacht gerügt, jedoch im Termin zur mündlichen Verhandlung nach dem Hinweis des Gerichts, dass die Klage keinen Erfolg haben wird, die Rüge fallen gelassen und zur Sache verhandelt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Die Klägerin zu 1 ist rechtsfähig, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt (BGH NJW 2005, 2061). Das ist z.B. auch bei der Verfolgung von gemeinschaftlichen Beitrags- oder Schadenersatzansprüchen gegen einzelne Wohnungseigentümer der Fall (BGH a. a. O.), erst recht aber bei der Verfolgung von gemeinschaftlichen Ansprüchen gegen Dritte.

Die Klage ist jedoch unbegründet, weil unschlüssig. Den Klägern steht gegen die Beklagte zu 2 ein Anspruch auf Duldung der Durchführung einer Versorgungssperre in deren Wohnung nicht zu.

Gemäß Beschluss der Klägerin zu 1 vom 18. Oktober 2003 sollten die Zwangsverwaltungen beendet und der Beschluss vom 11. Mai 2002 durchgeführt werden. In diesem ist aber zur Voraussetzung bestimmt worden, dass die Wohngeldrückstände anerkannt und rechtskräftig festgestellt und die Vollstreckungsmaßnahmen fruchtlos sind. Dazu fehlt näherer Sachvortrag der Kläger. Zwar mag dem Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ohne Datum entnommen werden können, dass am 11. April 2000 Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts W. gegen die Eheleute Sch. ergangen sind. Ob diese aber rückständiges Wohngeld betreffen und die Zwangsvollstreckung fruchtlos war, kann nicht beurteilt werden. Ohne Erfolg verweisen die Kläger ferner auf die Beschlüsse des Amtsgerichts N. vom 2. Januar 2004 - 70 II 234/2003.WEG und 70 II 236/2003.WEG -, mit denen die Wohnungseigentümer rechtskräftig zur Duldung der Versorgungssperre verpflichtet wurden. Denn die Beklagte zu 2 war als Mieterin nicht Beteiligte im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG.

Selbst wenn angenommen werden könnte, dass die mit Beschluss vom...

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