Entscheidungsstichwort (Thema)

Mietpreisüberhöhung für Wohnraum: Indizwirkung der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung für eine Mangellage

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung allein indizierte keine Mangellage i.S.d. § 5 WiStG; erforderlich war ferner das Ansteigen der Mittelwerte der jeweiligen Mietspiegel vor Abschluss des Mietvertrages.

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 20.11.2002; Aktenzeichen VIII ZB 66/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 25. Juli 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg - 5 C 97/01 - abgeändert und neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Tatbestand

Von der Abfassung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. in Verbindung mit § 26 Ziffer 5 EGZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 511, 511 a ZPO a.F. statthafte Berufung wahrt die gesetzlichen Formen und Fristen der §§ 516, 518 und 519 ZPO a.F.. Sie ist zulässig und führt in der Sache zur Abänderung des angefochtenen Urteils.

Denn den Klägern steht gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung vermeintlich überzahlten Mietzinses für den Zeitraum vom 1. Februar 1996 bis zum 31. Januar 1998 gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 5 WiStG nicht zu.

Denn es mangelt vorliegend an hinreichenden Darlegungen der Kläger zum Bestehen einer Mangellage im Sinne von § 5 WiStG. Zwar kann zunächst auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils zur Indizwirkung der Zweckentfremdungsverbotsverordnung in Bezug auf die Existenz einer Mangellage Bezug genommen werden; erforderlich ist aber nach gleichfalls ständiger Rechtsprechung der Kammer des weiteren als zusätzliches Indiz für das Bestehen einer solchen Mangellage das Ansteigen der Mittelwerte der jeweiligen Mietspiegel. Entscheidend ist hierbei für die Beurteilung, ob eine solche Mangellage vorliegt, der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (OLG Hamburg, GE 1999, 441); denn bei einem späteren Absinken des Mietzinses nach dem im Mietspiegel - und hierdurch eintretender Überhöhung desselben - gilt der sogenannte Bestandsschutz auch zugunsten des Vermieters, der bei Beginn des Mietverhältnisses einen Mietzins verlangt und vereinbart hat, der nicht die Wesentlichkeitsgrenze des § 5 WiStG überstieg (Kammergericht GE 2001, 343).

Vorliegend ist für den per 1. Februar 1996 geschlossenen Mietvertrag der Parteien somit ein Abgleich der Mittelwerte der Mietspiegel 1994 und 1996 maßgeblich, da diese die Mietzinsentwicklung in der Zeit vor dem Vertragsschluss bis kurz nach diesem widerspiegeln.

Laut Mietspiegel 1994 betrug der Mittelwert des für die von den Beklagten innegehaltene Wohnung einschlägigen Mietspiegelfeldes K 3 7,95 DM brutto kalt; abzüglich der nach dem Mietspiegel 1994 für die streitgegenständliche Wohnung maßgeblichen Betriebskosten von 1,71 DM ergibt sich ein Nettokaltmietzins von 6,24 DM. Der Mittelwert des Feldes K 3 des Mietspiegels 1996 beträgt 7,70 DM brutto kalt, wovon 1,96 DM pauschale Betriebskosten in Abzug zu bringen sind. Dies führt zu einem Nettokaltmietzins von 5,74 DM. Es ist daher ersichtlich, dass eine Mangellage für das Teilsegment der in mittlerer Wohnlage befindlichen bis 1918 bezugsfertig gewordenen Wohnungen mit einer Größe von 90 Quadratmetern und mehr, ausgestattet mit Sammelheizung, Bad und WC per 1. Februar 1996 nicht mehr indiziert ist. Für die Feststellung, ob das vorgenannte Indiz des Anstiegs der einschlägigen Mietspiegelfelder vorliegt, kommt es nach Auffassung der Kammer auf die jeweiligen Mittelwerte an, die die durchschnittliche Entwicklung des Mietzinses für den Geltungszeitraum des jeweiligen Mietspiegels am ehesten widerspiegeln. Eine konkrete Berechnung des jeweiligen Mietspiegelwertes kommt erst zum Tragen, wenn - nachdem das Vorliegen einer Mangellage feststeht - die ortsübliche Miete im Rahmen von § 5 WiStG zu ermitteln ist.

Nachdem jedoch vorliegend durch das Absinken dieser Mittelwerte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Existenz einer solchen Mangellage nicht indiziert ist, hätte es den Klägern oblegen, konkret und im Einzelnen darzutun, dass anlässlich ihrer damaligen Wohnungssuche dennoch von einer Mangellage auszugehen war, ohne dass hierbei etwaige besondere Wünsche der Kläger in Bezug auf die innerhalb Berlins befindliche Lage einer solchen Wohnung zu berücksichtigen wären. Der Umstand allein, dass der Mietvertrag unter Mitwirkung eines Maklers zustande kam, ersetzt entgegen der Auffassung der Kläger einen solchen substantiierten Vortrag nicht. Auch das von den Klägern erstinstanzlich eingereichte im Mietermagazin 9/98 veröffentlichte allgemeine Gutachten des Professors A. H führt nicht zur Annahme des Vorliegens einer Mangellage. Es handelt sich hierbei um eine - wenn auch möglicherweise nach wissenschaftlichen Grundsätzen entwickelte - Meinungsäußerung, die für den Teilmarkt der streitgegenständlichen Wohnung eine Bewertung nicht enthält.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Do...

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