Verfahrensgang

OLG Hamm (Aktenzeichen 26 U 30/19)

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro nebst gesetzlicher Zinsen gem. §§ 288 I, 247 BGB seit dem 21.05.2016 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte – vorbehaltlich eines Anspruchsübergangs – verpflichtet ist, dem Kläger allen materiellen Schaden für die Vergangenheit und die Zukunft, sowie den nicht voraussehbaren immateriellen Schaden aus der fehlerhaften Behandlung ab Februar 2014 zu ersetzen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens in Höhe von 751,45 Euro zu zahlen.

Des Weiteren wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 3196,34 Euro nebst gesetzlicher Zinsen gem. §§ 288 I, 247 BGB seit dem 21.05.2016 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld infolge der Behandlung im Haus der Beklagten ab dem 16.02.2014 bis zum 02.04.2014.

Bei dem Kläger bestand seit 1991 ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus, der zu

Folgeschäden am Organsystem geführt hatte.

Am 08.08.2013 ließ der Kläger im Haus der Beklagten eine kombinierte Pankreas-/Nierentransplantation vornehmen.

Da der Kläger am 15.02.2014 eine gastrointestinalen Blutung in einem Spenderduodenum erlitt, die unter konservativer Therapie nicht sistierte, wurde er am 16.02.2014 luftgebunden aus dem F. Krankenhaus in E mit möglicherweise liegendem Katheter in der rechten A. Radialis auf die Intensivstation der Beklagten verlegt.

Bei der sodann sofort durchgeführten Gastroskopie konnte die Blutungsquelle im Spenderduodenum identifiziert werden. Nach Unterspritzung der Blutungsquelle mit Suprarenin sistierte die Blutung, der Hb-Wert bei 8,5 g/dl konnte konstant gehalten werden. Daraufhin wurde der Kläger am 17.02.2014 auf eine chirurgische Normalstation im Hause der Beklagten verlegt.

Jedoch kam es am Abend des 18.02.2014 zu einem neuerlichen Hb-Abfall auf 6,7 g/dl, so dass er erneut auf die chirurgische Intensivstation verlegt werden musste, nachdem der Kläger rektal Blut abgesondert hatte.

Es wurde, ohne einen Allen Test durchzuführen ein erneuter arterieller Blutdruckkatheter am rechten Handgelenk in die Speichenarterie (A. radialis) eingelegt.

Es erfolgte eine Ösophagogastroduodenoskopie, die eine Blutungsquelle im Bereich des Spenderduodenums zeigte. Es gelang wiederum, die Blutung zum Stillstand zu bringen.

In den Morgenstunden des 19.02.2014 erlitt der Kläger eine Massenblutung mit hämorrhagischem Schock und erneutem Hb Wert Abfall. In einer Notfalllaparatomie gelang die Blutstillung mittels Übernähung des Spenderduodenums. Es konnte mittels Katecholamintherapie (Noradrenalin) eine hämodynamische Stabilisierung des Klägers erreicht werden.

Postoperativ zeigte sich eine „livide Verfärbung” der rechten Hand. Es erfolgte die Gabe von Prostavasin. Der Katheter in der A. radialis wurde entfernt und femoral umgesetzt.

In der Nacht vom 19. auf den 20.02.2014 war mit Arterenol zur Stabilisierung des Kreislaufs begonnen worden und es wurden Transfusionen und gewinnungswirksame Medikamente verabreicht.

Am Morgen des 20.02.2014 konnte in einer Gefäßdarstellung (DSA) ein Verschluss der rechten A. Radialis in Folge einer so genannten Dissektion (Gefäßschädigung) und auch eine fehlende Durchblutung der Bauchspeicheldrüse nachgewiesen werden.

Bei jahrelangem juvenilem Diabetes mellitus bestand zudem ein chronischer Verschluss der Ellenarterie (A. Ulnaris). Der arterielle Hohlhandbogen war ebenfalls unterbrochen, so dass eine bedrohliche Minderdurchblutung der Daumenseite der rechten Hand vorlag.

In einer weiteren Operation wurde die Bauchspeicheldrüse entfernt und eine weitere Duodenalübernähung vorgenomen.

Während sich nach dieser weiteren abdominalchirurgischen Operation der Allgemeinzustand des Patienten verbesserte, blieb die rechte Hand livide bis marmoriert. Hiervon waren der Daumen, der Daumenballen, der Zeigefinger und Teile des Mittelfingers betroffen.

Der Kläger wurde am 21.02.2014 extubiert und am 24.02.2014 auf die periphere Station verlegt. Die weitere Therapie bestand in der Hemmung der Blutgerinnung (Antikoagulation) mit Heparin und der Erweiterung der Blutgefäße mit Prostavasin.

Zu diesem Zeitpunkt zeigte sich die rechte Hand an den Endgliedern der Fingern 1-3 zyanotisch und leicht schmerzhaft.

Am 03.03.2014 zeigte die rechte Hand nekrotische Erscheinungen (schwarze Verfärbungen). Eine am 04.03.2014 durchgeführte Doppler-Sonographie zeigte, dass im körperfernen Drittel der A. Radialis kein Blutfluss mehr vorhanden war.

Einen Tag später zeigte sich bei einer erneuten digitalen Subtraktionsangiographie ein hoher Abgang der Speichenarterie, die ab dem oberen Drittel des rechten Unterarms nicht mehr weiter kontrastiert war. Lediglich über die A. interossea und ...

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