Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 709.922,02 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.08.2010 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt eine Müllverbrennungsanlage in Herten. Ihre Muttergesellschaft, die AG B betrieb seit den 80er Jahren die Müllverbrennungsanlage S mit zwei Verbrennungslinien für Siedlungs- und Sonderabfall. Nachdem sie im Jahre 2004 über eine bestandskräftige Genehmigung für eine dritte und vierte Verbrennungslinie mit einer Kapazität von 250.000 Mg/a verfügte, sollte für diese genehmigten Verbrennungslinien die Müllverbrennungsanlage S II errichtet werden. Als Finanzierungskonzept hatte die B zunächst vorgesehen, mit ausgewählten mittelständischen Unternehmen unter Beteiligung ihrer Vertriebsgesellschaft eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (B GmbH) zu gründen, die sich zur Anlieferung einer jährlichen Gesamtmenge von 150.000 Mg an den Betreiber verpflichten sollte. Die Gesellschaftsanteile sollten dem übernommenen Lieferkontingent entsprechen. Die H sollte einen Anlieferungsvertrag mit der noch zu gründenden Betreibergesellschaft mit einer Vertragsdauer von mehr als 10 Jahren schließen und sich zur Anlieferung der jährlichen Mindestmenge in Gestalt der Vereinbarung einer ''bring or pay-Klausel'' verpflichten. Dazu legte die B Ende 2004 einen Vertragsentwurf vor, dieses Modell scheiterte dann aber. In der Folgezeit wandte sich die B bzw. die Klägerin an frühere Verhandlungspartner, so auch die Beklagte, da sie zur Sicherstellung der Finanzierung durch die Landesbank Baden-Württemberg dringend auf Vertragsschlüsse angewiesen war.
Am 12.04./03.05.2006 schlossen die Parteien einen Anlieferungsvertrag (Bl. 13 ff. der Akten) mit dem sich die Beklagte verpflichtete, jährlich eine Gesamtmenge von 20.000 Mg Abfälle bestimmter Spezifikationen zur Entsorgung frei im S II anzuliefern oder anliefern zu lassen, und zwar in Mengen von 5.000 Mg pro Quartal. Weiter gab es eine Regelung, die mehr oder minder Anlieferungen in den Quartalen bzw. die Anrechenbarkeit von Lieferungen auf frühere Quartale regelte. Der Vertrag war geschlossen auf eine Laufzeit von 10 Jahren, beginnend mit dem 01.01.2009 und sah für Basisabfall einen von der Beklagten zu entrichtenden Betrag von /Mg netto vor. In diesem Umfang verpflichtete sich die Klägerin, die von der Beklagten angelieferten Abfälle zur Verbrennung anzunehmen. Weiter sah dieser Vertrag vor, dass die Beklagte auch bei Nichtanlieferung der vereinbarten Quartalsmenge das Entgelt für die volle vereinbarte Menge zu zahlen habe (bring-or-pay-Verpflichtung), sofern nicht ein Ausgleich durch entsprechende Mehrlieferung gemäß den vertraglichen Vorgaben erfolgte. Am 13.11.2009 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag (Bl. 20 f. der Akten), mit dem das Entgelt für Basisabfall auf 98,5 je Mg netto reduziert wurde. Die Möglichkeit des Ausgleichs von Minderanlieferungen in Folgequartalen wurde ausgeweitet. Für die Zeit ab dem 01.01.2010 sollte die Berechnung basierend auf dem Vertragspreis vom je Mg unter Anwendung der vertraglichen Preisgleitklausel sowie einer ggfls. sich ergebenden Anpassung wegen seit dem Abschluss des Vertrages geänderten Verhältnissen ermittelt werden. Mit vorliegender Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung der vereinbarten Anlieferungsmenge von 20.000 Mg abzüglich bereits in Rechnung gestellter und bezahlter Anlieferungen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dieses Entgelt stünde ihr zu. Mit dem Anlieferungsvertrag habe sich die Beklagte verpflichtet, 20.000 Mg Abfall anzuliefern und zu bezahlen. Dabei sei aufgrund der vereinbarten bring-or-pay-Verpflichtung auch die Menge zu bezahlen, die von der Beklagten nicht angeliefert und nicht durch Mehrmengen ausgeglichen worden sei. Die bring-or-pay-Vereinbarung sei auch nicht unwirksam. Sie stelle keine allgemeine Geschäftsbedingung dar, da es sich insoweit um die gegenseitigen Verpflichtungen des Vertrages und damit um die Hauptpflichten handele. Darüber hinaus sei die bring-or-pay-Klausel weder als pauschalierter Schadensersatz noch als Vertragsstrafe zu qualifizieren. Letztlich sei die Klausel auch unter Abwägung aller Umstände nicht unangemessen. Soweit die Beklagte Mehrlieferungen behaupte, seien diese berechtigt von ihr zurückgewiesen worden, weil sie weder in der Konsistenz noch im Heizwert den Spezifikationen entsprochen hätten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.08.2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die bring-or-pay-Klausel sei unwirksam. Es handele sich dabei um eine allgemeine Geschäftsbedingung, die sich so bereits in den ersten Vertragsentwürfen mit der H befunden hätte und die nie...