Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermächtnis. Pflichtteilsrestanspruch. Auskunft
Leitsatz (amtlich)
Das anstelle des Pflichtteils zugewandte und angenommene Vermächtnis verhindert einen Auskunftsanspruch i.S.v. § 2314 BGB. Zur Auslegung eines Erbvertrages und der Zuwendung eines Vermächtnisses anstelle des Pflichtteils.
Normenkette
BGB §§ 2307, 2314
Tenor
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreit trägt die Klägerin.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin ein Pflichtteilsrestanspruch nach dem Erbe ihrer Mutter und damit einhergehend ein Anspruch auf Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses gegen die Beklagte zusteht.
Die Klägerin und die Beklagte sind Geschwister. Ihre Mutter, Frau Q…, verstarb am 28.04.2003. Weitere Geschwister der Parteien sind Herr A… und Frau C….
Am 13.06.1997 hatte die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann, Herr B…, einen Erbvertrag geschlossen, in dem es unter anderem heißt:
“I.
Wir setzen uns gegenseitig, der Erstversterbende den Überlebenden von uns, zum völlig unbeschränkten Alleinerben ein, und zwar ohne Rücksicht auf vorhandene Pflichtteilsberechtigte …
II.
Der Überlebende von uns bestimmt zu seiner Erbin unsere Tochter T…, …, und zwar ohne Rücksicht auf vorhandene Pflichtteilsberechtigte. … Die Erbeinsetzung unserer Tochter T… erfolgt im Hinblick darauf, daß sie sich lebenslang um unsere behinderte Tochter C… kümmert und uns und unsere Tochter im Bedarfsfall auch versorgt.
III.
Der Längstlebende von uns ordnet die folgenden Vermächtnisse an:
1. … unserem Sohn A… zu Eigentum das Ferienhaus in Dänemark …
2. … unserer Tochter X… einen bar zu zahlenden Geldbetrag in Höhe von 20.000,- DM … Mit diesem Geldvermächtnis belastet wird zu gleichen Anteilen die Erbin des Längstlebenden, unsere Tochter T…, und der vorgenannte Vermächtnisnehmer, unser Sohn A…
3. … einem jeden unserer vorgenannten Töchter T… und X… das Recht …, das Ferienhaus in Dänemark für drei Wochen jährlich kostenlos zu benutzen …
IV.
… Sollte einer unserer Erben nach dem Tode des Erstversterbenden von uns seinen Pflichtteil verlangen, so soll er … nach dem Tode des Längstlebenden von der Erbfolge ausgeschlossen sein und auch nur seinen Pflichtteil erhalten.”
Nach dem Tod der Mutter überwies die Beklagte den auf sie entfallenden Betrag aus dem Vermächtnis gemäß Ziffer III 2 des Erbvertrags in Höhe von 5.112,92 EUR (= 10.000 DM) an die Klägerin. Unter dem 31.08.03 erteilte die Klägerin hierüber eine Quittung unter anderem des Wortlauts “Hiermit hat mir meine Schwester zu ihrem Teil das … Geldvermächtnis von 10.000 DM an mich gezahlt.” Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.03.2004 ließ die Klägerin sodann gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten erklären, die Annahme des Vermächtnisses erfolge nur unter dem Vorbehalt der Geltendmachung des Restpflichtteilsanspruches.
Die Klägerin ist der Ansicht, trotz der Annahme des Vermächtnisses stehe ihr als Pflichtteilsberechtigter weiterhin ein Anspruch auf den Restpflichtteil und damit auch der hier verfolgte Auskunftsanspruch zu. Das Vermächtnis sei ihr auch nicht anstelle des Pflichtteils zugewandt worden. Der Pflichtteilsanspruch als solcher solle nach dem Willen der Erblasser hierdurch nicht berührt werden.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin durch Vorlage eines geschlossenen und systematischen Vermögensverzeichnisses Auskunft über den Nachlass der am 28.04.2003 verstorbenen Frau Q… und dessen Wert zu erteilen und diese Auskunft und die Wertangaben zu belegen,
2. die Beklagte im Fall des § 260 Abs. 2 BGB zu verurteilen, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte gemäß Ziffer 1 an Eides statt zu versichern.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, das Vermächtnis sei der Klägerin anstatt des Pflichtteils zugewandt worden. Mit der Annahme desselben könne die Klägerin nicht ergänzend einen Restpflichtteilsanspruch geltend machen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Erbvertrag vom 13.06.1997 (Bl. 4 ff. d.A.), verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunftserteilung hinsichtlich des Nachlasswertes unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Ein Auskunftsanspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 2314 Abs. 1 BGB. Auskunftserteilung kann danach der pflichtteilsberechtigte Nichterbe verlangen (BGH NJW 1981, 2051, 2052). Zwar gehört die Klägerin als Abkömmling der verstorbenen Mutter gemäß § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten und ist gemäß Ziffer II des Erbvertrages von der Erbfolge ausgeschlossen. Nichterbe im Sinn...