Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung eines Räumungsvergleichs durch den Vermieter wegen arglistiger Täuschung

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Die Anfechtung des Räumungsvergleichs im Räumungsrechtsstreit nach Eigenbedarfskündigung kann der Vermieter regelmäßig nicht darauf stützen, er sei arglistig getäuscht worden, weil der Mieter nicht offenbart habe, daß er eine Ersatzwohnung in Aussicht oder bereits zum Bezug angemietet hätte.

 

Gründe

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Nachdem die Parteien am 10.9.1993 zur Beendigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen haben, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Sitzungsniederschrift der Kammer v. 10.9.1993), haben die Kläger mit einem am 4.10.1993 eingegangenen Schriftsatz ihre Willenserklärung hinsichtlich des Verzichts auf etwaige Schadensersatzansprüche und auf Ansprüche auf Durchführung von Schönheitsreparaturen hinsichtlich der von den Beklagten zu räumenden Wohnung angefochten. Der Streit der Parteien geht darum, ob durch diesen Vergleich eine Erledigung des Rechtsstreits - in der Hauptsache - eingetreten ist.

Auf den Antrag der Beklagten ist festzustellen, daß dieser Vergleich den Rechtsstreit der Parteien erledigt hat.

Die Anfechtung der Kläger, die sie darauf stützten, daß die Beklagten bei Abschluß des Vergleichs ihnen der Wahrheit zuwider und bewußt verschwiegen hätten, daß sie bereits zu jenem Zeitpunkt eine andere Wohnung angemietet hätten, in die die Beklagte zu 1) am 19.9.1993 eingezogen sei, ist nicht begründet.

Über den Streit der Parteien, ob der genannte Vergleich den Rechtsstreit erledigt hat oder ob insoweit ein erledigendes Ereignis nicht vorliegt, ist durch Weiterführung des anhängigen Rechtsstreits zu entscheiden. Das gilt auch in diesem Falle, da sich die Parteien - auch - über Ansprüche geeinigt haben, die nicht Gegenstand des Rechtsstreits waren. Der Rechtsstreit der Parteien hatte den Anspruch der Kläger auf Räumung und Herausgabe von Wohnräumen durch die Beklagten zum Gegenstand.

In dem Vergleich haben die Kläger auf etwaige Schadensersatzansprüche und auf Ansprüche auf Durchführung von Schönheitsreparaturen hinsichtlich der von den Beklagten zu räumenden Wohnung verzichtet.

Im Rahmen der Rechtshängigkeit steht es den Parteien in Wahrnehmung ihrer Parteiautonomie frei, sich auch über Streitpunkte zu einigen, die bisher nicht rechtshängig gemacht worden sind, die aber rechtshängig gemacht werden könnten (vgl. BGHZ 79, 71, 75). Es ist zulässig, die Nichtigkeit von Vereinbarungen im Rahmen eines Prozeßvergleichs geltend zu machen, die sich auch auf nicht rechtshängige Regelungen bezieht. Damit ist eine Feststellung dahingehend, daß der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt ist, zulässig (§ 256 ZPO). Denn es besteht ein rechtliches Interesse daran, hinsichtlich der diesbezüglichen Regelung des Vergleichs Rechtsklarheit zu gewinnen. Erst dann, wenn feststeht, daß eine Erledigung des Rechtsstreits durch den Vergleich eingetreten ist, ist auch Raum für die - von den Parteien im Anschluß an den geschlossenen Vergleich - begehrte Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung zur Hauptsache gemäß § 91a Abs. 1 ZPO. Anderenfalls, wenn nämlich ein solches Rechtsschutzinteresse verneint würde, wären die Parteien darauf verwiesen, ihren Streit evtl. in einem neuen Rechtsstreit auszutragen (vgl. auch Münchener Kommentar-ZPO/Wolfsteiner, § 794 Rn. 81, 83; auch BGHZ 79, 71, 74).

Hier geht der Streit darum, ob die Parteien vereinbart haben, daß die Kläger auf Schadensersatzansprüche und dergleichen aus dem Mietverhältnis verzichtet haben. Ohne diese Feststellung wäre die Klärung in einem ggfs. auf Schadensersatz zu führenden Rechtsstreit der Kläger zu treffen.

In der Sache erweist sich die Anfechtung der Kläger nicht als gerechtfertigt. Das ergibt sich bereits aus ihrer eigenen Sachdarstellung. Die Kläger werfen den Beklagten vor, sie im Rahmen der Vergleichsgespräche nicht darüber informiert zu haben, daß sie bereits eine andere Wohnung angemietet gehabt hätten und damit auch ohne diesen Vergleich dazu entschlossen und dazu bereit gewesen seien, die Wohnräume zu räumen. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Kläger insoweit von den Beklagten arglistig getäuscht worden sind, ist auf die gesamten Umstände abzustellen. Die Parteien haben über die Begründetheit der Eigenbedarfskündigung der Kläger gestritten. Es kann dahinstehen, ob die Beklagten die andere Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches bereits angemietet hatten oder ob nur eine mehr oder weniger konkrete Aussicht bei ihnen bestanden hat, die Ersatzwohnung zu mieten. Die Beklagten haben dazu keinen Sachvortrag gehalten. Sie meinen, daß es hierauf nicht ankomme.

Auch wenn zugunsten der Kläger davon ausgegangen wird, daß die Beklagten zu jener Zeit bereits einen verbindlichen Mietvertrag mit einem anderen Vermieter insoweit geschlossen hatten, bestand für sie im Rahmen der Vergleichsgespräche keine Verpflichtung da...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge