Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungsmietvertrag: Aufrechnungsverbot bei überzahlter Mietkaution
Leitsatz (amtlich)
Keine Aufrechnung des Vermieters gegenüber dem Bereicherungsanspruch des Mieters wegen einer gem BGB § 550b Abs 1 S 1 überzahlten Mietkaution.
Orientierungssatz
Die Vereinbarung einer Mietkaution in Höhe von 10.000 DM bei einem monatlichen Mietzins von 700 DM ist (teilweise) unwirksam.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 26. Februar 1992 (Az. 2 C 67/1991) wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand
Der Kläger mietete mit Mietvertrag vom 29. Dezember 1989 ab 1. Januar 1990 eine Wohnung im Hause der Beklagten in Bremen, Auf den Hunnen 49, zu einem monatlichen Mietzins von 700,-- DM. In § 22 des Mietvertrages ist eine Mietsicherheit in Höhe von 10.000,-- DM vereinbart, auf die der Kläger unstreitig 8.600,-- DM gezahlt hat. Das Mietverhältnis wurde zum 30. November 1990 einvernehmlich aufgehoben. Der Kläger hat von der Beklagten Rückzahlung des Mietdeponats verlangt.
Das Amtsgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme in Höhe von 5.900,-- DM stattgegeben. Es hat dazu ausgeführt, dass der Rückzahlungsanspruch des Klägers in Höhe von 2.700,-- DM durch Zahlung und Aufrechnung erloschen sei. Die darüber hinaus von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen wegen Verschlechterungen und Veränderungen der Mietsache hat das Amtsgericht aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme für unbegründet erachtet.
Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, dass Amtsgericht habe ihre Aufrechnung mit Gegenansprüchen zu Unrecht für unbegründet erachtet.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Bremen zum Aktenzeichen 2 C 67/1991 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil des Amtsgerichts und ist der Auffassung, dass aufrechenbare Gegenforderungen der Beklagten nicht bestehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 1. Juni 1992 und der Berufungserwiderung vom 3. August 1992 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet, so dass sie zurückzuweisen war.
Die Aufrechnung der Beklagten scheitert indes nicht daran, dass ihre Ansprüche, wie das Amtsgericht gemeint hat, unbegründet sind, sondern daran, dass der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar erscheinen läßt (§ 242 BGB).
In Rechtsprechung und -lehre ist anerkannt, dass über die gesetzlich oder vertraglich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus eine Aufrechnung sich verbietet, wenn die Natur der Rechtsbeziehungen oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung durch Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar erscheinen lassen (vgl. BGHZ 95, Seite 109-113-m.w.N.).
So hat der Bundesgerichtshof beispielsweise für den Bereich der Mietkaution entschieden, dass es dem Zweck einer Mietkaution widerspräche, wenn der Mieter einem vom Vermieter nach Vertragsende erhobenen Anspruch entgegenhalten könnte, gerade dieser sei durch Verrechnung mit der Kaution erloschen (vgl. BGH NJW 1972, Seite 721-723-).
Nach Auffassung der Kammer ergibt sich für den vorliegenden Fall das Aufrechnungsverbot aus dem Sinn und Zweck der Regelung des § 550 b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 BGB. § 550 b Abs. 1 Satz 1 BGB will dem Mieter unter Anerkennung des Sicherungsbedürfnisses des Vermieters vor zu großen Belastungen bewahren und Erschwerungen für den Abschluß neuer Mietverträge entgegenwirken, die in mobilitätshemmender Weise von hohen Kautionsforderungen ausgehen können (Begründung BT-Drucksache 9/2079, Seite 10). Vereinbarungen der Mietvertragsparteien, die diese Grenze überschreiten sind unwirksam (§ 550 b Abs. 3 BGB). Um den Schutz des Mieters ausreichend zu gewährleisten, kann dieses Verbot auch nicht durch Mehrfachsicherungen oder Kombination von Sicherungsmitteln in der Weise umgangen werden, dass die Summe der dem Vermieter zur Verfügung stehenden Sicherheiten drei Monatsmieten übersteigt (vgl. BGHZ 107, Seite 210-213-).
Vorliegend hat sich die Beklagte eine Kaution gewähren lassen, die die Grenze des § 550 b Abs. 1 Satz 1 BGB übersteigt. Der ursprünglich vereinbarte monatliche Mietzins von 700,-- DM hätte die Vereinbarung einer Kaution bis zur Höhe von 2.100,-- DM zugelassen. Der Umstand, dass sich die Beklagte im Mietvertrag eine Kaution in Höhe von 10.000,-- DM versprechen ließ und tatsächlich vom Kläger 8.600,-- DM als Mietsicherheit in Empfang nahm, läßt die Vereinbarung soweit sie die Summe von drei Monatsmieten überstieg, teilweise unwirksam werden, so dass die Beklagte in Höhe eines Betrages von 6.500,-- DM ungerechtfertigt bereichert ist (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Es ist nun nach Auffassung der Kammer mit dem Sinn und Zweck der Regelung des § 550 b Abs. 3 BGB nicht in Einklang zu bringen, wenn der beklagten Vermieterin die Möglichkeit eröffnet würde,...