Entscheidungsstichwort (Thema)
Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit bei öffentlich-rechtlichen Hoheitsträgern
Normenkette
InsO § 14
Verfahrensgang
Tatbestand
I.
Das Finanzamt stellte am 14.4.2011 gegenüber dem Schuldner aufgrund von Rückständen an Steuern und steuerlichen Nebenleistungen i.H.v. mitgeteilten 18.495,33 EUR einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Zur Glaubhaftmachung legte das Amt eine Rückstandsaufstellung bei, bei der die Rückstände nach Steuerart und Vorgang, Datum und offenen Betrag aufgeführt waren und handschriftlich, ohne Angabe des Zahlungsgrundes der Betrag zu 188,40 EUR angefügt ist mit handschriftlicher Notierung der neuen Gesamtsumme zu 18.495,33 EUR. Die Rückstandsaufstellung hat folgenden Inhalt:
I |
Steuerart |
Zeitraum |
Fällig |
Betrag/EUR |
I |
SZ-Betrag/EUR |
I |
I |
Lohnsteuer |
3. Vj. 1998 |
19.10.1998 |
630,04 |
I |
905,28 |
I |
I |
Lohnsteuer |
4. Vj. 1998 |
24.2.1999 |
357,90 |
I |
513,77 |
I |
I |
Lohnsteuer |
30.12.1999 |
30.12.1999 |
|
I |
12,27 |
I |
I |
Für 3. Vj. 1999 |
|
|
|
I |
|
I |
I |
Einkommensteuer |
1997 |
20.7.1998 |
577,61 |
I |
912,17 |
I |
I |
USt |
August 1998 |
10.10.1998 |
242,61 |
I |
303,76 |
I |
I |
USt |
September 1998 |
16.11.1998 |
1.353,39 |
I |
2.003,66 |
I |
I |
USt |
Oktober 1998 |
10.12.1998 |
763,46 |
I |
1.104,85 |
I |
I |
USt |
November 1998 |
10.1.1999 |
1.312,95 |
I |
1.916,16 |
I |
I |
USt |
1998 |
7.2.2000 |
72,40 |
I |
67,76 |
I |
I |
USt |
2. Vj. 1999 |
27.12.1999 |
1.227,10 |
I |
2.114,34 |
I |
I |
Ums. St -Versp. Z |
2. Vj. 1999 |
27.12.1999 |
92,03 |
I |
|
I |
I |
Ums. St -Versp. Z |
3. Vj. 1999 |
24.1.2000 |
51,13 |
I |
|
I |
I |
Ums. St -Versp. Z |
4. Vj. 1999 |
17.4.2000 |
56,24 |
I |
|
I |
I |
USt |
24.1.2000 |
24.1.2000 |
|
I |
694,30 |
I |
I |
Für 3. Vj. 1999 |
|
|
|
I |
|
I |
I |
USt |
17.4.2000 |
17.4.2000 |
|
I |
558,09 |
I |
I |
Für 4. Vj. 1999 |
|
|
|
I |
|
I |
I |
Solid. Zu. ESt |
1997 |
20.7.1998 |
198,83 |
I |
226,32 |
I |
I |
Solid. Zu. LSt |
3. Vj. 1998 |
19.10.1998 |
18,83 |
I |
|
I |
I |
Solid. Zu. LSt |
4. Vj. 1998 |
24.2.1999 |
19,68 |
I |
|
I |
|
Zwischensumme |
|
|
6.974,20 |
|
I |
|
|
Summe der Säumniszuschläge |
|
|
11.332,73 |
|
≫---I |
|
|
Gesamtsumme |
|
|
18.306,93 |
|
|
|
Weiterhin legte das Amt Steuerbescheide für 1997 über Einkommensteuer vor mit einem Zahlbetrag zu 5.185 DM Einkommensteuer und 388,87 DM Solidaritätszuschlag sowie Bescheide über USt für 1998 i.H.v. noch offenen 3.744,80 EUR mit dem angekreuzten Zahlbetrag über 72,40 EUR = 141,60 DM und für 1999 über 1.227,10 EUR. Insofern wird auf die zu den Akten gereichten Steuerbescheide verwiesen.
Ferner legte das Amt Fruchtlosigkeitsbescheinigungen des beauftragten Vollziehungsbeamten bei. Aus der Fruchtlosigkeitsbescheinigung geht hervor, dass der Schuldner am 4.2.2011, 18.2.2011 und 27.3.2011 vom Vollziehungsbeamten aufgesucht und nicht angetroffen wurde. Es wurde eine Zahlungsaufforderung zur Zahlung von 18.153,93 EUR zzgl. Säumniszuschläge und Vollstreckungskosten vergeblich hinterlegt. Weiterhin wurde eine Drittschuldnererklärung der Commerzbank v. 22.3.2011 übergeben, wonach keine Geschäftsverbindung mit dem Schuldner bestehe und dieser dort keine Konten habe. Nach Hinweis durch das AG lehnte das AG die Eröffnung des Verfahrens mit Beschl. v. 7.7.2011 ab. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des AG Chemnitz v. 7.7.2011 verwiesen und hierauf Bezug genommen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Finanzamts. Im Beschwerdeverfahren wurde die Schuldnerin darauf hingewiesen, dass sich die Aufstellung nicht mit den mitgeteilten Beträgen decke. Das Finanzamt legte weitere Unterlagen vor, wegen der Einzelheiten auf die zu der Akte gereichte Unterlagen verwiesen wird. Ferner legte das Finanzamt eine Bescheinigung vor, wonach der Schuldner gemäß Mitteilung v. 1.8.2011 Arbeitslosengeld II i.H.v. 658,50 EUR erhalte mit dem weiteren Zusatz, ALG II besteht ununterbrochen seit 18.7.2006.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist nach §§ 7, 6 InsO statthaft.
Diese hat in zuerkanntem Umfang vorläufig Erfolg.
Der BGH hat mit Beschl. v. 8.12.2005 (vgl. NZI 2006, 172 [BGH 08.12.2005 – IX ZB 38/05]) sowie mit Beschl. v. 5.2.2004 (NZI 2204…, 587) entschieden, dass öffentlich-rechtliche Hoheitsträger bei der Ausübung ihrer Tätigkeit an Gesetz und Recht gebunden sind. An die Glaubhaftmachung ihrer Forderung sind daher keine nach dem Zweck des Gesetzes nicht veranlassten formalen Anforderungen zu stellen. Der öffentliche Gläubiger hat zur Glaubhaftmachung seiner Forderung die Vorlage der Steueranmeldung des Schuldners und der Steuerbescheide vorzulegen (hier BGH, Beschl. v. 8.12.2005, NZI 2006, 172 f. [BGH 08.12.2005 – IX ZB 38/05]). Mit Beschl. v. 21.7.2011 (NZI 2011, 712 f.) hat der BGH erneut bekräftigt, dass der Insolvenzantrag eines Finanzamts nur zulässig ist, wenn Steuerbescheide und ggf. etwaige Steueranmeldungen des Schuldners vorgelegt werden. Allein eine Liste der in der Vollstreckung befindlichen Rückstände reicht nicht aus. Nur ausnahmsweise sei eine Glaubhaftmachung der Forderung durch das Finanzamt durch Vorlage der Bescheide entbehrlich, wenn das Finanzamt die ausstehenden Steuern genau beschreibt und der Schuldner sich lediglich auf Erlassanträge und Gegenansprüche beruft. Die vom Finanzamt vorgelegten Rückstandsbescheide und internen Überwachungsbögen genügen a...