Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Amtsgerichts Coburg vom 03.03.2005 abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahrens wird auf 56,70 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten um die Höhe von Rechtsanwaltsgebühren als Schadensposten nach einem Verkehrsunfall.
Am 27.05.2004 wurde der ordnungsgemäß in einer Tiefgarage in Wiesbaden abgestellte Pkw der Klägerin (amtliches Kennzeichen …) durch eine Kollision mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … beschädigt. Die volle Haftung der Beklagten ist außer Streit. Mit anwaltschaftlichem Schreiben vom 15.07.2004 bezifferte die Klägerin gegenüber der Beklagten den ihr aus dem Verkehrsunfall entstandenen Schaden, u.a. Rechtsanwaltskosten von 265,70 EUR (1,3 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 2.717,03 EUR). Mit Schreiben vom 19.07.2004 anerkannte und regulierte die Beklagte den Schaden nahezu vollständig. Lediglich das Anwaltshonorar beglich sie in Höhe von 209,– EUR (1,0 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 2.717,03 EUR). Die Differenz von 56,70 EUR ist Gegenstand der Klage.
Das Amtsgericht Coburg hat der Klage mit Endurteil vom 03.03.2005 stattgegeben. Auf das Urteil wird Bezug genommen (Blatt 49–54 der Akten).
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie wendet hauptsächlich ein, eine generelle Festlegung einer konkreten Gebühr für eine Vielzahl von Einzelfällen, ohne Zugrundelegung der Bemessungskriterien des § 14 RVG sei gesetzeswidrig. Es sei stets auf den Einzelfall abzustellen. Da vorliegend der Sachverhalt, die Haftung und die Schadenshöhe von ihr – der Beklagten – zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt worden sei, sei eine Geschäftsgebühr von 1,3 nicht gerechtfertigt.
Sie beantragt daher zu erkennen:
- Das Urteil des Amtsgerichts Coburg vom 03.03.2005, Az.: 11 C 1347/04, wird aufgehoben.
- Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, die Regelgebühr liege bei 1,3. Im Übrigen habe ein wenigstens durchschnittlich gelagerter Schadensfall vorgelegen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Parteien haben sich mit schriftlicher Entscheidung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die zulässige Klage hat nämlich in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht im Rahmen des Schadensersatzanspruches nach §§ 7, 17 StVG, 3 Nr. 1 PflVG jedenfalls keine über 1,0 hinausgehende Geschäftsgebühr hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten zu (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB).
1. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Vergütung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Vermögens und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Gegebenenfalls ist auch ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwaltes bei der Bemessung einzubeziehen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 u. 3 RVG). Die Bestimmung ist verbindlich, wenn sie keinen Ermessenfehler erkennen lässt. Nur wenn der Anwalt seine Gebühr in einer sachfremden, nicht nachvollziehbaren Weise berechnet hat, kann das Gericht in das grundsätzlich dem Anwalt vorbehaltene Bestimmungsrecht eingreifen und die Berechnung zum Nachteil des Anwalts korrigieren (vgl. Hartung/Römermann, Praxiskommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, § 14 RVG Randnummern 44 ff.).
2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe war die vom Rechtsanwalt der Klägerin getroffene Bestimmung der Geschäftsgebühr von 1,3 des unstreitigen Gegenstandswertes von 2.717,03 EUR unbillig und daher unverbindlich (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG).
Unzutreffend ist schon der Ansatz, die Schwellengebühr von 1,3 (Nr. 2400 des Vergütungsverzeichnisses – VV –) stelle die Regelgebühr dar.
Seit der Reform des anwaltlichen Vergütungsrechts zum 01.07.2004 beträgt die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV 0,5–2,5. Die Mittelgebühr ist damit 1,5. Nach der Anmerkung zu Nr. 2400 VV kann jedoch mehr als eine Gebühr von 1,3 (sogenannte Schwellengebühr) nicht gefordert werden, wenn die Sache nicht umfangreich oder nicht schwierig war. Im Durchschnittsfall beträgt die Schwellengebühr 1,3. Hieraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass jede Angelegenheit, die nicht umfangreich oder nicht schwierig ist, eine durchschnittliche Angelegenheit ist, die den Ansatz der Schwellengebühr rechtfertigt. Dann hätte es nämlich des Rahmens von 0,5–2,5 nicht bedurft. Die Mindesgebühr hätte mit 1,3 festgelegt werden können. Daher macht die Einführung der Schwellengebühr die Ausübung sachgerechten Ermessens mit Hilfe des Katalogs nach § 14 Abs. 1 Sat...