Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlung einer fehlerhaft bewilligten öffentlichen Zustellung als wirksam

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Die bewilligte öffentliche Zustellung ist als wirksam zu behandeln, wenn der Aufenthalt des Zustellungsempfängers zwar zum Zeitpunkt der öffentlichen Zustellung objektiv nicht unbekannt ist, das Gericht nach vollständigen Ermittlungen aber von einem unbekannten Aufenthalt ausgehen durfte.

 

Tatbestand

Der Kläger hat seine Klage v. 14.6.1991 zugleich mit dem Antrag, deren öffentliche Zustellung zu bewilligen, verbunden. Der Kläger hatte zum Beweis des unbekannten Aufenthalts des Beklagten Auskünfte des Einwohnermeldeamts der Stadt Offenbach v. 23.4.1991 und 24.5.1991 beigefügt, wonach der Beklagte nach unbekannt verzogen sei.

Das AG hat seinerseits eine Auskunft des Einwohnermeldeamts eingeholt. Wegen des Wortlauts dieser v. 11.7.1991 datierenden Auskunft wird auf Blatt 19 der Akten Bezug genommen. Das AG nahm aufgrund dieser Auskunft an, der Beklagte sei von seiner letzten Meldeanschrift, der X.-Straße 17 in Offenbach, nach unbekannt abgemeldet worden, und hat die öffentliche Zustellung der Klage und der Terminsbestimmung bewilligt. Beides wurde formrichtig ausgeführt.

In dem Termin am 25.3.1992 erschien der Beklagte nicht. Es erging Versäumnisurteil. Zugleich wurde die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils bewilligt und die Einspruchsfrist auf 3 Wochen festgesetzt. Das Versäumnisurteil und der Beschluß bezüglich der Einspruchsfrist wurden am 27.3.1992 an die Gerichtstafel angeheftet.

Mit Schriftsatz v. 28.10.1993, bei Gericht am 29.10.1993 eingegangen, legitimierte sich der Bevollmächtigte des Beklagten und bat um Akteneinsicht. Am 9.11.1993 wurde Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt, verbunden mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Der Beklagte behauptet, er habe, nachdem er aus der Wohnung des Klägers in der X.-Straße 17 in Offenbach zwangsgeräumt worden sei, in der Z.Straße 42 in Offenbach gewohnt und sich dort auch angemeldet. Zum Beweis hat er das Doppel einer Umzugsmeldung v. 10.8.1990 vorgelegt, das mit dem behördlichen Eingangsstempel versehen ist, ferner eine eidesstattliche Versicherung derjenigen Person, in deren Wohnung in der Z.-Straße er gewohnt haben will.

Der Kläger hat hiergegen vorgetragen, er habe durch Dritte im Herbst 1992 von dem angeblichen Aufenthalt des Beklagten unter der Adresse Z.-Straße 42 erfahren. Ein dort unternommener Vollstreckungsversuch sei jedoch ergebnislos geblieben, weil der Beklagte dort nicht bekannt gewesen sei. Er wohne jetzt wieder in der X.-Straße 17 in einer anderen Wohnung dieses Hauses. Durch den dort unternommenen Vollstreckungsversuch v. 19.10.1993 habe der Beklagte seit dem 19.10.1993 Kenntnis von dem Versäumnisurteil. Deshalb sei eine Wiedereinsetzung schon wegen Versäumung der 14-Tage-Frist des § 234 ZPO ausgeschlossen.

Das AG hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und den Einspruch als unzulässig verworfen, weil die Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO verstrichen sei.

Gegen diesen ihm am 9.3.1994 zugestellten Beschluß hat der Beklagte am 21.3.1994 sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er an, das AG habe übersehen, daß in der Einwohnermeldeamtsauskunft v. 11.7.1991 als Meldeanschrift des Beklagten "Z.-Straße 42" vermerkt gewesen sei. Deshalb habe die öffentliche Zustellung nicht bewilligt werden dürfen. Die öffentliche Zustellung habe deshalb die Zustellungsfiktion nicht ausgelöst, weil der Beklagte nicht unbekannten Aufenthalts gewesen sei.

Die Kammer hat beim Einwohnermeldeamt der Stadt Offenbach um Erläuterung der Auskunft v. 11.7.1991 gebeten. Danach hat sie die Bedeutung, die ihr von dem Beklagten beigelegt wird, nicht. Vielmehr sei der Beklagte am 11.7.1991 nach unbekannt abgemeldet gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 341 Abs. 2 Satz 2, 238 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das AG hat zu Recht den Einspruch als unzulässig verworfen und Wiedereinsetzung versagt. Denn das Versäumnisurteil ist dem Beklagten durch öffentliche Zustellung wirksam am 10.4.1992, also 2 Wochen nach der Anheftung an die Gerichtstafel, § 206 Abs. 2 ZPO, zugestellt worden. Der die Einspruchsfrist gemäß § 339 Abs. 2 ZPO bestimmende Beschluß ist gleichfalls an diesem Tag zugestellt worden. Es versteht sich von selbst, daß seine öffentliche Zustellung zugleich mit der Zustellung des Versäumnisurteils stillschweigend bewilligt wurde.

Die öffentliche Zustellung war auch wirksam.

Ob eine mangels Vorliegens der Voraussetzungen fehlerhafte Bewilligung der öffentlichen Zustellung deren Wirksamkeit berührt bzw. in welchem Umfang derartige Mängel später geltend gemacht werden können, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Der BGH hat früher die Auffassung vertreten, daß die Wirksamkeit einer einmal bewilligten öffentlichen Zustellung nicht in Frage gestellt werden könne, selbst wenn sie von einer Partei, w...

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