Verfahrensgang

AG Darmstadt (Beschluss vom 18.10.1999; Aktenzeichen 309 C 2297/98)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Beschluß des Amtsgerichts Darmstadt vom 18.10.1999 abgeändert.

Der Antrag der Beklagten vom 06.09.1999 auf Gewährung einer Räumungsfrist wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beklagten.

 

Gründe

Durch Urteil des Amtsgerichts Darmstadt vom 12.03.1999 wurden die Beklagten verurteilt, die von ihnen innegehaltenen Wohnungen in der Landwehrstraße … in Darmstadt herauszugeben. Zugleich wurde ihnen eine Räumungsfrist bis zum 31.05.1999 bewilligt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landgericht am 31.08.1999 zurückgewiesen. Mit Schriftsatz vom 06.09.1999 haben die Beklagten Antrag auf Gewährung einer angemessenen Räumungsfrist von zumindest 3 Monaten gestellt. Zugleich haben sie gegen das ihre Berufung zurückweisende Urteil des Landgerichts Grundrechtsklage zum Hessischen Staatsgerichtshof erhoben. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 18.10.1999, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 306 bis 308 d.A.), den Beklagten eine weitere Räumungsfrist bis zum 31.01.2000 bewilligt. Gegen diese am 21.10.1999 zugestellte Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Kläger, mit der sie die Aufhebung der Räumungsfrist begehren. Hinsichtlich der Begründung im einzelnen wird auf die Beschwerdeschrift vom 03.11.1999 (Bl. 314 bis 319 d.A.) verwiesen. Die von den Beklagten erhobene Grundrechtsklage wurde durch Beschluß des Staatsgerichshofes vom 08.12.1999 zurückgewiesen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Die zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg.

Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses, weil den Beklagten auf ihren Antrag vom 06.09.1999 eine Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO nicht gewährt werden kann.

Die Beschwerdeführer berufen sich zwar ohne Erfolg darauf, daß das Landgericht gemäß § 721 Abs. 4 ZPO zur Entscheidung über den Räumungsfristantrag berufen gewesen wäre. Denn selbst wenn die Hauptsache in der Revisionsinstanz anhängig ist, entscheidet über Anträge auf Verlängerung oder Abkürzung einer bewilligten Räumungsfrist das Amtsgericht als Prozeßgericht erster Instanz (vgl. BGH MDR 1990, 1003 = NJW 1990, 2823; Zöller/Stöber, ZPO, 21. Aufl., § 721 Rdnr. 8).

Nachdem der Staatsgerichtshof durch Beschluß vom 08.12.1999 die Grundrechtsklage der Beklagten zurückgewiesen hat, läßt die Zusage der Kläger, während der Dauer des Verfahrens vor dem Hessischen Staatsgerichtshof keine Vollstreckungsmaßnahmen aus dem am 31.08.1999 rechtskräftig gewordenen Urteil des Amtsgerichts Darmstadt vom 12.03.1999 bzw. dem Berufungsurteil des Landgerichts Darmstadt vom 31.08.1999 durchzuführen, das Rechtschutzbedürfnis der Beklagten hinsichtlich ihres Antrages zur Gewährung einer Räumungsfrist nicht entfallen.

Den Beklagten ist jedoch die Gewährung einer weiteren Räumungsfrist von 3 Monaten deshalb zu versagen, weil für eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 721 ZPO im vorliegenden Fall kein Raum ist. Das Amtsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, daß § 721 ZPO für einen Fall wie den vorliegenden keine Regelung enthält, nachdem die mit amtsgerichtlichem Urteil vom 12.03.1999 zunächst eingeräumte Räumungsfrist bereits zum 31.05.1999 auslief und das Berufungsurteil vom 31.08.1999 rechtskräftig ist.

Eine analoge Anwendung des § 721 ZPO kommt hier nicht in Betracht, weil es nach Auffassung der Kammer an der dafür erforderlichen Regelungslücke im Gesetz fehlt. Gerade in den Fällen, in denen die Antragsfrist des § 721 Abs. 2 ZPO versäumt wurde oder ansonsten die Möglichkeiten des § 721 ZPO zur Gewährung einer Räumungsfrist erschöpft sind, hat der Räumungsschuldner die Möglichkeit, gegebenenfalls Vollstreckungsschutz aus dem Gesichtspunkt des § 765 a ZPO zu beantragen (vgl. Zöller/Stöber a.a.O., § 721 Rdnr. 7; § 765 a Rdnr. 13). D.h., die strengen Voraussetzungen des § 765 a können gerade dann erfüllt sein, wenn der erforderliche Schutz nach allgemeinen Vorschriften wie unter dem Gesichtspunkt des § 721 ZPO nicht gewährt werden kann und die Vollstreckung ansonsten eine sittenwidrige Härte mit sich bringen würde.

Ungeachtet dessen ist auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 721 ZPO heraus die Gewährung einer Räumungsfrist nicht mehr geboten, da unter den gegebenen Umständen das Räumungsurteil des Amtsgerichts vom 12.03.1999 endgültig Bestand hat und es nach der Entscheidung des Staatsgerichtshofes vom 08.12.1999 nicht mehr darum geht, die Herstellung vollendeter Tatsachen zu vermeiden.

Da die Gewährung einer Räumungsfrist im Sinne des § 721 ZPO bereits aus vorstehenden Gründen entfällt, kam es auf die im Rahmen des § 721 ZPO regelmäßig vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Parteiinteressen nicht mehr an.

Dem Antrag der Beklagten auf Gewährung einer weiteren Räumungsfrist konnte daher nicht entsprochen werden, weshal...

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