Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur zwangsweisen Räumung einer Gaststätte durch den Gerichtsvollzieher

 

Orientierungssatz

Ist der Inhaber einer Gaststätte zur Räumung verurteilt und macht der Vermieter an dem gesamten Inventar Vermieterpfandrecht geltend, so kann die Räumung dadurch erfolgen, daß der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz setzt und den Gläubiger in diesen einweist, ohne das Inventar herausbringen zu lassen.

 

Gründe

Die Gläubigerin erwirkte das vorläufig vollstreckbare Urteil des Amtsgerichts in Offenbach vom 13.1.1976, durch welches der Schuldner zur Räumung und Herausgabe einer Gastwirtschaft verurteilt worden ist. Der Gerichtsvollzieher hat die Räumungsvollstreckung am 17.1.1976 in Abwesenheit des Schuldners durchgeführt. Er erstellte ein Inventarverzeichnis, weil "der anwesende Gläubiger an allen eingebrachten Sachen sein Vermieterpfandrecht geltend machen will". Die persönlichen Papiere des Schuldners hat der Gerichtsvollzieher beim Amtsgericht in Verwahrung gegeben. An der Tür der Gastwirtschaft sind neue Schlösser angebracht worden. Der Zutritt wird dem Schuldner verwehrt. Er hat beantragt, "die durchgeführten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aufzuheben und der Räumungsgläubigerin die Kosten der Zwangsvollstreckung aufzuerlegen". Er macht geltend:

Das der Zwangsvollstreckung zugrundeliegende Urteil sei aufgrund erheblicher prozessualer Mängel ergangen, die sich auch auf die Vollstreckungsmaßnahmen auswirkten; der Gerichtsvollzieher habe im "Eilverfahren" die Räumung vollzogen, was ermessensfehlerhaft sei; er habe es auch unterlassen, ein vollständiges Inventarverzeichnis zu erstellen. Die Gläubigerin hat beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen. Auf das Vorbringen der Parteien in erster Instanz wird ergänzend verwiesen. Mit Beschluß vom 11.3.1976 hat das Amtsgericht in Offenbach die Erinnerung zurückgewiesen. Gegen diesen am 15.3.1976 zugestellten Beschluß hat der Schuldner am 29.3.1976 sofortige Beschwerde eingelegt. Er führt aus, die Räumung des Lokals sei zwar beendet, doch bestehe für die Einlegung der Erinnerung ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Vollstreckungsmaßnahme noch aufgehoben werden könne und dies für den Schuldner einen Sinn habe; der Gerichtsvollzieher hätte das Geschäftslokal nicht in ungeräumtem Zustand an die Gläubigerin herausgeben dürfen; dies hätte wegen des unvollständigen Inventarverzeichnisses auch dann nicht geschehen dürfen, wenn sich die Gläubigerin auf ihr Vermieterpfandrecht berufen haben sollte; dieser Mangel der Zwangsvollstreckung hätte nach Herausgabe des Lokals beseitigt werden können und dies hätte auch für den Schuldner noch Sinn gehabt; deshalb seien die "durchgeführten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen" aufzuheben und der Gläubigerin seien die Kosten der Vollstreckung aufzuerlegen. Die Gläubigerin hat beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Auf das Vorbringen der Parteien im Beschwerdeverfahren wird ergänzend verwiesen.

Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist nach §§ 793, 577 Abs 2 ZPO zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg.

Die Erinnerung war teils unzulässig, teils unbegründet.

Bei der Räumungsvollstreckung des § 885 ZPO ist zwischen der Herausgabe der unbeweglichen Sache und solcher beweglicher Gegenstände, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, zu unterscheiden (§ 885 Abs 1, Abs 2 ZPO).

1.) a) Die Räumung und Herausgabe der unbeweglichen Sache (Gastwirtschaft) ist im vorliegenden Fall vollzogen. Der Gerichtsvollzieher hat der Gläubigerin den unmittelbaren Besitz an dem Lokal verschafft und damit den Schuldner aus dem Besitz gesetzt. Dies wurde äußerlich auch dadurch erkennbar gemacht, daß die Gläubigerin neue Schlösser anbringen ließ und dem Schuldner den Zutritt zur Gastwirtschaft verwehrte. Was bewegliche Sachen anlangt, die Zubehör der Gastwirtschaft sind, unterliegen sie der Räumungsvollstreckung des § 885 Abs 1 ZPO (vgl § 865 ZPO), es sei denn, daß es sich um Gegenstände handelt, die Eigentum des Schuldners sind. Trifft dieser Ausnahmefall nicht zu, wäre die Zwangsvollstreckung auch hinsichtlich des Inventars zusammen mit der Räumung und Herausgabe der Gastwirtschaft vollzogen. Eine Erinnerung gemäß § 766 ZPO gegen beendete Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ist nicht mehr zulässig. Eine beendete Vollstreckungsmaßnahme kann das Vollstreckungsgericht nicht mehr aufheben und rückgängig machen. Auf diesem Standpunkt steht auch Rosenberg (7. Aufl § 183 II 3), wo ausgeführt ist, daß eine Erinnerung niemals nach Beendigung der einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen, gegen die sie sich wendet, zulässig ist. Eine einzelne Vollstreckungsmaßnahme endet in der Regel mit ihrer vollständigen Durchführung, das heißt im vorliegenden Fall mit der Übergabe der Sache an den Gläubiger (vgl Rosenberg § 186 II 2b). Dieser Begriff der Beendigung der Zwangsvollstreckung gilt für die Erinnerung nach § 766 ZPO (vgl Rosenberg aaO mit Hinweisen).

b) Wie zu erfahren wäre, wenn die Vollstreckungsmaßnahme des Gerichtsvollziehers (Räumung und Herausgabe...

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