Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit von Auslagen (Fotokopiekosten) in Beratungshilfesachen
Leitsatz (amtlich)
In Beratungshilfesachen sind nur diejenigen Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten aus der Landeskasse zu erstatten, ohne die der Rechtsanwalt die ihm anvertraute Rechtssache nicht sachgerecht führen kann. Das ihm insoweit zuzubilligende Ermessen muss der Rechtsanwalt ausüben. Er darf aus zeitökonomischen oder sonstigen Erwägungen nichgt die gesamte Akte oder solche Schriftstücke ablichten, die für die Sachbearbeitung offensichtlich ohne Belang sind.
Normenkette
RVG §§ 44, 46; RVG VV Nr. 7000
Verfahrensgang
AG Detmold (Aktenzeichen 20 II 1025/10) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Die dem Antragsteller aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden - einschließlich zu erstattender Fotokopiekosten in Höhe von 27,40 EUR (netto) - auf insgesamt 132,57 EUR einschließlich Umsatzsteuer festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Antragsteller gewährte dem beratungshilfesuchenden I Beratungshilfe in einer sozialrechtlichen Angelegenheit. Mit Bescheid vom 3.März 2010 hatte die L GmbH für den Zeitraum vom 1. September 2009 bis zum 31. Oktober 2009 überzahlte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 421,54 EUR von dem Rechtsuchenden zurückgefordert, nachdem dieser den Bezug einer auf den Leistungsanspruch anzurechnenden Ausbildungsbeihilfe nicht angezeigt hatte. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller zunächst Widerspruch für den Rechtsuchenden ein, nahm diesen aber später mangels Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverteidigung zurück. Ein Kostenanspruch gegenüber der Gegenseite besteht damit nicht.
Mit Vergütungsfestsetzungsantrag vom 1. Juni 2010 (Bl. 1 ff. d.A.) beantragte der Antragsteller die Festsetzung folgender Gebühren und Auslagen gegen die Landeskasse:
Geschäftsgebühr gem. Nr. 2503 VV RVG 70,00 EUR
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 14,00 EUR
178 Fotokopien gem. Nr. 7000 Nr. 1 a) VV RVG 44,20 EUR
19 % MwSt gem. Nr. 7008 VV RVG 24,36 EUR
Summe 152,56 EUR.
Mit Beschluss vom 19. Juli 2010, auf dessen Gründe Bezug genommen wird (Bl. 14 f. d.A.), setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen - unter Abzug der Fotokopiekosten nebst anteiliger Umsatzsteuer - auf insgesamt 99,96 EUR brutto fest. Das Amtsgericht sah die abgerechneten Fotokopien zur sachgemäßen Durchführung der Beratungshilfeangelegenheit als nicht erforderlich an und führte hierzu unter anderem aus, dass die Kopien zum Teil andere Personen sowie Schriftstücke beträfen, die der Rechtsuchende von der Verwaltungsbehörde selbst erhalten habe.
Gegen den Festsetzungsbeschluss legte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 27. Juli 2010 (Bl. 18 ff. d.A.) Erinnerung ein.
Mit dem angefochtenen Beschluss änderte der Amtsrichter nach Anhörung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Detmold (Stellungnahme vom 13. August 2010, Bl. 25 ff. d.A.) - unter Zulassung der Beschwerde - den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19. Juli 2010 ab und erkannte dem Antragsteller die von diesem beantragten Gebühren und Auslagen einschließlich der abgerechneten Fotokopiekosten in voller Höhe zu. Ohne sich mit dem Inhalt der 178 abgerechneten Kopien zu beschäftigen, begründete der Amtsrichter die Erstattungsfähigkeit der Fotokopiekosten pauschal damit, dass einem Rechtsanwalt die Prüfung der Sach- und Rechtslage unabhängig von dem kurzen Zeitfenster der Akteneinsicht möglich sein müsse.
Dagegen richtet sich die mit Schreiben vom 2. September 2010 (Bl. 35 d.A.) namens der Landeskasse eingelegte Erinnerung des Bezirksrevisors. Mit ihrem ausführlich begründeten Rechtsmittel - zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das Beschwerdevorbringen in den Schreiben vom 7. Oktober 2010 (Bl. 36 ff. d.A.) und vom 16. Februar 2011 (Bl. 54 f. d.A.) Bezug genommen - vertritt die Landeskasse die Auffassung, dass die angefertigten 178 Fotokopien mangels Erforderlichkeit nicht gemäß § 46 RVG erstattungsfähig seien. Auch vorliegend habe der Grundsatz zu gelten, dass der Prozessstoff von dem Rechtsuchenden grundsätzlich selbst beizubringen sei.
Der Antragsteller ist dem Rechtsmittel der Landeskasse mit Schriftsatz 19. November 2010 (Bl. 41 ff. d.A.), auf dessen Inhalt verwiesen wird, entgegengetreten. Unter Hinweis auf die Besonderheiten sozialgerichtlicher Verfahren und die Bedürftigkeit der Leistungsempfänger hält er an der Erstattungsfähigkeit der Fotokopiekosten fest.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde der Landeskasse nicht abgeholfen (Bl. 35 R. d.A.) und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 2 RVG statthafte und zulässige Beschwerde ist in der Sache zumindest teilweise begründet und führt in dem tenorierten Umfang zu einer Kürzung der aus der Landeskasse zu erstattenden...