Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz bei Verkehrsunfall mit Personenschaden: Schmerzensgeld bei HWS-Distorsion durch Streifunfall
Leitsatz (amtlich)
1.000 EUR Schmerzensgeld für HWS-Distorsion nach Streifzusammenstoß zweier Fahrzeuge.
Normenkette
BGB §§ 253, 823
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts vom 13.12.2010 abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.185,08 EUR (in Worten: eintausendeinhundertfünfundachtzig 08/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.05.2010 zu zahlen.
Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen und die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 16 % und die Beklagte zu 84 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(von der Abfassung eines Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO abgesehen)
Die gemäß § 511 ZPO statthafte Berufung ist zulässig und in der Sache weitgehend begründet.
1.
Gemäß § 7 StVG, §§ 823 Abs. 1, 253 BGB in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG steht dem Kläger ein Schmerzensgeldanspruch gegenüber der Beklagten wegen der infolge des Verkehrsunfalls am 24.11.2009 eingetretenen HWS-Distorsion in Höhe von 1.000,00 EUR zu.
Die volle Haftung der Beklagten für die Folgen des Verkehrsunfalls am 24.11.2008 gegen 20:15 Uhr in E T-Straße steht dem Grunde nach nicht im Streit.
Nach dem Ergebnis der in der Berufungsinstanz ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger bei dem in Rede stehenden Unfall eine HWS-Distorsion erlitten hat und infolgedessen bis zum 03.01.2010 arbeitsunfähig gewesen ist.
Der Kläger hat den ihm obliegenden Vollbeweis erbracht, dass die von ihm geschilderten Verletzungen und Beschwerden kausal auf den Unfall zurückzuführen sind (§ 286 ZPO). Für die tatrichterliche Überzeugung ist dabei keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit”, sondern ein für das praktische Leben erhobener Grad von Gewissheit erforderlich, der Zweifeln Schweigen gebietet (BGH, NJW-RR 2008, 1380).
a)
Die Kammer geht zunächst von den vom Sachverständigen L getroffenen Feststellungen aus.
Der Sachverständige stellt eine seitliche Querbeschleunigung am Klägerfahrzeug infolge der Kollision von gut 5,5 m/s² bzw. ca. 0,6 g fest. Unter Berücksichtigung einer Bremsverzögerung von 7,5 m/s² in Längsrichtung habe auf den Kläger, bezogen auf seine Fahrtroute, kurzzeitig eine maximale Gesamtbeschleunigung von ca. 9 m/s² unter einem Winkel von ca. 36° zur Fahrzeuglängsachse schräg nach rechts vorne gewirkt.
Diesen Feststellungen folgt die Kammer, da der Sachverständige als Diplom-Ingenieur im Bereich der Unfallanalytik tätig ist und als anerkannter Kfz-Sachverständiger für die vorliegende Begutachtung besonders qualifiziert ist. Das Gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Der Sachverständige hat die aus den vom ihm festgestellten Unfallschäden und sonstigen Anknüpfungstatsachen gezogenen Konsequenzen logisch und widerspruchsfrei dargestellt.
b)
Die Kammer folgt ferner den nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen M in vollem Umfang. Als leitender Oberarzt und Facharzt für Allgemein- und Unfallchirurgie, Orthopädie und Sportverletzungen verfügt der Sachverständige über eine umfassende praktische Erfahrung. Die Ausführungen des Sachverständigen beruhen auf einer umfassenden Aufarbeitung der Behandlungsunterlagen sowie des Akteninhalts. Zudem hat er den Kläger vor der Gutachtenerstellung eingehend untersucht. Er hat sämtliche für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Fragen in seinem Gutachten und im Rahmen seiner Anhörung klar und eindeutig beantwortet.
Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 24.11.2011, seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 28.06.2012 sowie seiner Stellungnahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 06.11.2012 festgestellt, dass der Kläger durch den Verkehrsunfall am 24.11.2009 eine HWS-Distorsion erlitten hat.
Diese Annahme begründet der Sachverständige überzeugend anhand des Behandlungsverlaufs nach dem Verkehrsunfall. So führt er aus, dass die Untersuchungsbefunde im K-Hospital sehr zeitnah, etwa eine Stunde nach dem Unfall, erhoben worden seien und hierüber der Bericht eines dafür spezialisierten Arztes, einem Facharzt für Unfallchirurgie und Durchgangsarzt, vorliege. In diesem Bericht seien ebenso wie in dem Bericht an die Hausärztin des Klägers vom 24.11.2009 und dem Bericht an die Beklagte vom 14.12.2009 objektive Untersuchungsbefunde beschrieben. So handle es sich bei einem Muskelhartspannung um ein objektives Untersuchungszeichen, weil er vom zu Untersuchenden nicht vorgespielt werden könnte. Es handle sich um einen objektiven Hinweis auf eine krankhafte Veränderung. Zwar sei ein Muskelhartspann generell ein unspezifisches Symptom und ein Befund, der in der Allgemeinbevölkerung durchaus auftrete und für den als Ursachen neben einem Unfall auch nächtliche Bettruhe mit Schiefstell...