Verfahrensgang
AG Beckum (Urteil vom 09.11.2012; Aktenzeichen 19 C 8/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Beckum vom 09.11.2012 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 62 Abs. 2 WEG abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist zulässig und begründet.
1.
Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Prozessbevollmächtigten der Beklagten ordnungsgemäß bevollmächtigt.
Die Befugnis des Verwalters zur Beauftragung eines Rechtsanwalts ergibt sich aus § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG. Gem. § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG ist der Verwalter berechtigt, im Namen aller Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind, insbesondere einen gegen die Wohnungseigentümer gerichteten Rechtsstreit gem. § 43 Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 5 WEG im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren zu führen. Das Gesetz vermutet unwiderleglich, dass die Führung von Passivprozessen gem. § 43 Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 5 WEG im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren eine objektiv erforderliche Maßnahme zur Nachteilsabwehr darstellt (so die h. M., vgl. Heinemann, in: Jennißen, WEG-Kommentar, 3. Aufl. § 27 Rn. 73; Hügel/Elzer NZM 2009, 457, 468 m. w. N.). Die Vertretungsbefugnis des Verwalters in Passivprozessen ist grundsätzlich umfassend zu verstehen, so dass sie die Berechtigung einschließt, einen Rechtsanwalt als Prozessvertreter zu beauftragen und zu bevollmächtigen (Heinemann, in: Jennißen, WEG-Kommentar, 3. Aufl. § 27 Rn. 73 m. w. N.). Dies gilt auch für die Weiterführung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz. Hierdurch wird der Prozess für die Beklagten nicht zum Aktivprozess, da auch in der Berufungsinstanz die „Abwehr” als Rechtsschutzziel beibehalten wird.
Der Verwalter war somit zur Beauftragung der RA'e S pp. befugt.
2.
Nach Auffassung der Kammer entsprach der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 21.03.2012, mit dem die bisherige Verwaltung F für weitere fünf Jahre zum Verwalter bestellt wurde, ordnungsgemäßer Verwaltung gem. § 21 Abs. 3, 4 WEG.
Die vom Verwalter verlangte Vergütung kann zwar als wichtiger Grund gegen dessen Bestellung zum Verwalter sprechen (Merle, in: Bärmann, WEG-Kommentar, 11. Aufl., § 26 Rn. 42). Dies gilt nicht nur bei absolut überhöhter bzw. unangemessen hoher Vergütung, sondern kommt auch dann in Betracht, wenn eine erhebliche Preisdifferenz zu dem Angebot eines Konkurrenten vorliegt. Die Wohnungseigentümer sind jedoch nicht gehalten, stets die billigste Verwaltung zu wählen, sondern können auch andere Gesichtspunkte, insbesondere die Zuverlässigkeit und den Umfang der Aufgabenerfüllung bei der Entscheidungsfindung mitberücksichtigen.
Vorliegend besteht eine Preisdifferenz zwischen dem Angebot des bestellten Verwalters und dem des Konkurrenten von 82 %. Der jetzige Verwalter berechnet 24,63 EUR brutto pro Monat und Wohneinheit zzgl. weiterer Vergütungen für Sonderleistungen gem. Aufstellung (Bl. 10 d. A.). Der Konkurrent X hingegen hat ein Angebot von 162,00 EUR, d. h. 13,50 EUR brutto pro Monat und Wohneinheit vorgelegt (Bl. 14 d. A.). Bei einer derart erheblichen Preisdifferenz bedarf es der Prüfung, ob diese sachlich gerechtfertigt ist (OLG München, Beschluss vom 07.09.2007, Az. 32 Wx 109/07, Rn. 12 und 13, zitiert nach juris betreffend eine Preisdifferenz von rund 40%).
a)
Soweit die Beklagten der Meinung sind, das Konkurrenzangebot müsse allein aufgrund des Preises, welcher einen „Ausreißer nach unten” darstelle, das Misstrauen der Wohnungseigentümer erwecken, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Allein der niedrige Preis spricht nicht zwangsläufig gegen die fachliche Kompetenz eines Mitbewerbers.
b)
Entgegen der Ansicht der Beklagten müssten diese im Einzelnen darlegen, dass sachliche Gründe die Bevorzugung des wesentlich teureren Anbieters rechtfertigen. Soweit sie sich darauf berufen, der Konkurrent sei ein „Einzelkämpfer”, so stellt dies keinen ausreichenden Grund dar, um die F zu bevorzugen. Es ist nicht ersichtlich, warum einem Alleinunternehmer eine qualitativ vergleichbare Wohnungseigentumsverwaltung nicht möglich sein soll. Auch die Auflistung der Tätigkeitsfelder auf dem Briefkopf spricht nicht gegen die fachliche Eignung. Kenntnisse im Bereich der Bilanzbuchhaltung sind gerade im Bereich der Wohnungseigentumsverwaltung durchaus erforderlich.
c)
Allerdings konnte den Wohnungseigentümern nicht zugemutet werden, einen neuen Verwalter zu bestellen, der ihnen persönlich unbekannt ist und dessen fachliche Eignung auch nicht anhand von Referenzobjekten beurteilt werden konnte. Den Wohnungseigentümern war es nicht möglich, lediglich anhand des schriftlichen und kurzfristig vorgelegten Angebotes des Konkurrenten X dessen persönliche und fachliche Eignung als Ver...