Leitsatz (amtlich)

Zur Quotenbildung nach § 28 Abs. 2 S. 2 VVG bei mehreren Obliegenheitsverletzungen mit unterschiedlichem Kausalitätsumfang

 

Normenkette

VVG § 28 Abs. 2

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.793,00 € (in Worten: sechsundzwanzigtausendsiebenhundertdreiundneunzig Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.06.2009 sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.196,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.01.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 4/5 der Kläger und 1/5 die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,

für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger unterhält seit Mai 2008 bei der Beklagten eine Inventarversicherung für den von ihm betriebenen Schmuckladen in I, C-str. ##. Die Versicherungssumme für Vorräte an Goldsachen und Ähnlichem, darunter auch Armbanduhren beträgt in der Zeit vom 02.01. bis 30.11. 200.000,00 €, insgesamt in der Einbruchdiebstahlversicherung 300.000,00 €. Dem Vertrag liegen zu Grunde die BBVE-I 2008 sowie die AERB 2008.

Den Versicherungsschutz beantragte der Kläger unter dem 06.02.2008 für das Ende Januar 2008 eröffnete Juweliergeschäft ab dem 25.01.2008. Zuvor fanden Gespräche zwischen dem vom Kläger für die Versicherungsangelegenheiten beauftragten Zeugen D, seinem Onkel, und einem Mitarbeiter der Beklagten betreffend den Einbau einer Alarmanlage und eines Panzerriegels an der Tür T2 gemäß Lageplan der Versicherungsräume statt. Am 30.01.2008 unterzeichnete der Kläger eine "Sicherungsbeschreibung der Versicherungsräume" die u. a. die Tür T2 beschreibt und unter "zusätzlich vereinbarte Sicherungen" für diese Tür T2 einen "Panzerquerriegel beidseitig schließbar" bestimmt. In der Folgezeit wurde eine ebenfalls vereinbarte Alarmanlage in den Geschäftsräumen montiert, jedoch nicht der Panzerquerriegel an der Tür T2.

In der Nacht des 29.01.2009 setzten unbekannte Täter gegen 4.34 Uhr die beiden akustischen und optischen externen Signalgeber der Einbruchmeldeanlage außer Kraft und lösten hierdurch bei der Firma S, die die Alarmanlage betrieb, Alarm aus. Der Mitarbeiter des Wachdienstes beschränkte sich um 4.44 Uhr auf eine ergebnislose Prüfung der Alarmanlage von außen und rückte unverrichteter Dinge wieder ab, weil die Täter nach außer Kraft Setzen der Signalgeber die äußeren Abdeckungen wieder montiert hatten. Die Täter hatten nun Zeit, über den Hinterhof und den Keller des Hauses in das Treppenhaus einzudringen und eine Werkstatthintertür im Erdgeschoss aufzuhebeln, nachdem sie zunächst versucht hatten, zwei Löcher in das Mauerwerk zu stemmen, von diesem Vorhaben aber wieder Abstand nahmen. Die zwischen dem Geschäft des Klägers und der Werkstatt eines Goldschmiedes befindliche Tür T2, die mit einem Blockschloss an die Alarmanlage angeschlossen war, wurde durch die Täter ebenfalls aufgehebelt, so dass diese auf diesem Wege in das Juweliergeschäft des Klägers gelangten und dort Armbanduhren, Dekorationsstücke für Trauringe sowie 15 kg Goldschmuck und Altgold entwendeten.

Unter dem 04.02.2009 nahm ein Regulierungsbeauftragter der Beklagten die Angaben des Klägers zur Schadensursache und zum Schadenshergang auf und ließ den Kläger das entsprechende Protokoll unterzeichnen. In diesem Protokoll ist der Hinweis enthalten, dass der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, unverzüglich der Polizei und dem Versicherer ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Gegenstände vorzulegen. Durch Ankreuzen entsprechender Felder sagte der Kläger zu, die Stehlgutliste u. a. unverzüglich der Kripo nachzureichen. Unmittelbar über der Unterschrift des Protokolls ist in Fettdruck die Erklärung des Versicherungsnehmers enthalten, dass er das Formblatt "Mitteilungen nach § 28 Abs. 4 VVG über die Folgen bei Verletzung von Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall" gelesen und erhalten habe. Unstreitig wurde dem Kläger dieses Formblatt auch bei dem Regulierungsgespräch ausgehändigt. In der Folgezeit reichte der Kläger eine Stehlgutliste wohl bei der Beklagten, nicht aber bei der Polizei ein. Diese erhielt die Stehlgutliste mit Telefax vom 19.03.2009 durch den von der Beklagten beauftragten Sachverständigen. Dabei handelte es sich um eine knappe handschriftliche Aufstellung der entwendeten Gegenstände.

Der von der Beklagten mit der Schadensberechnung beauftragte Sachverständige stellte eine Unterversicherung fest, so dass die Beklagte unter Berücksichtigung dieser Unterversicherung den Entschädigungsbetrag auf 190.393,00 € festsetzte. Dieser Betrag wird vom Kläger akzeptiert. Wegen des nicht eingebauten Panzerquerriegels an der Tür T2 und der damit e...

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