Verfahrensgang

AG Dresden (Beschluss vom 05.12.2006; Aktenzeichen 563 IN 278/04)

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichtes Dresden, Insolvenzgericht, vom 05.12.2006 wirkungslos geworden und das Beschwerdeverfahren erledigt ist.

 

Tatbestand

I.

Der Schuldner wendet sich gegen die Versagung der Restschuldbefreiung.

Mit Beschluss vom 18. September 2004 hat das Amtsgericht auf Eigenantrag des Schuldners, mit dem auch ein Antrag auf Restschuldbefreiung verbunden war, das Regelinsolvenzverfahren eröffnet. Im Schlusstermin vom 28. November 2006 hat der Gläubiger, dessen Insolvenzforderung unter laufender Nummer 31 zur Tabelle festgestellt ist, die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt, weil der Schuldner ihn in seinem ursprünglichen Gläubigerverzeichnis nicht benannt hat, obwohl ihm die am 15. März 2002 titulierte Insolvenzforderung bekannt gewesen sei.

Mit Beschluss vom 5. Dezember 2006 hat das Insolvenzgericht den Antrag des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefreiung zurückgewiesen, weil der Versagungsantrag nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO begründet sei. Das Außerachtlassen einzelner Gläubiger begründe in der Regel grobe Fahrlässigkeit, weil dem Schuldner bei der Angabe seiner Gläubiger eine gesteigerte Sorgfaltspflicht treffe.

Dieser Beschluss wurde dem Schuldner am 12. Dezember 2006 zugestellt. Jeweils am 21. Dezember 2006 gingen beim Amtsgericht die Rücknahme des Versagungsantrages durch den Gläubiger und eine Beschwerde des Schuldners ein.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und ausgeführt, die Antragsrücknahme ändere an der getroffenen Entscheidung nichts mehr.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 289 Abs. 2 S. 1 InsO statthafte und auch im Übrigen nach §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat sich dadurch erledigt, dass der angefochtene Beschluss durch die Antragsrücknahme wirkungslos geworden ist.

Die am 21. Dezember 2006 beim Amtsgericht eingegangene Rücknahme des Versagungsantrages durch den antragstellenden Gläubiger ist wirksam. Das Antragserfordernis der Versagung einer Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 InsO ist Ausdruck der Gläubigerautonomie, die insbesondere die Versagung der Restschuldbefreiung von Amts wegen ausschließt. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, für den Versagungsantrag von der zivilprozessualen Regel abzuweichen, dass unter den Prozesshandlungen jedenfalls die Erwirkungshandlungen, also solche, die die Prozesslage nicht unmittelbar verändern, sondern nur auf eine gerichtliche Entscheidung gerichtet sind, die ihrerseits eine Änderung herbeiführt, grundsätzlich zurückgenommen bzw. widerrufen werden können. Das gilt solange die Verfahrenslage noch unverändert ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Auflage, vor § 128 Rn. 22; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Auflage, vor § 128 Rn. 280; Münchener Kommentar zur ZPO/Lüke, 2. Auflage, Einleitung Rn. 277; BGHZ 22, 268, 269).

Die Übernahme dieser Bewertung des allgemeinen Zivilprozesses liegt nach § 4 InsO vorliegend besonders nahe, weil die Insolvenzordnung das Verfahren über die Versagung der Restschuldbefreiung als ein quasikontradiktorisches Verfahren ausgestaltet hat, in dem sich der Schuldner und der versagungsantragstellende Gläubiger diametral gegenüberstehen (andere Ansicht für den Restschuldbefreiungsantrag selbst wohl Amtsgericht Königstein, ZVI 2003, 365 am Ende, allerdings ohne Begründung).

In der insolvenzrechtlichen Literatur wird dementsprechend die Rücknahme eines Versagungsantrages allgemein als statthaft angesehen. Dabei wird zum Teil vertreten, dass der Antrag bis zum Beschluss über die Versagung der Restschuldbefreiung zurückgenommen werden könne (Münchener Kommentar zur InsO/Stephan, 2. Auflage, § 290 Rn. 15; Kübler/Prütting/Wenzel, InsO, § 290 Rn. 5). Teilweise wird die Rücknahme bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Versagung zugelassen (Uhlenbruck/Vallender, InsO, 12. Auflage, § 290 Rn. 3; in zeitlicher Hinsicht offen Frankfurter Kommentar zu InsO/Ahrens, 3. Auflage, § 290 Rn. 57).

Der letztgenannten Ansicht ist zuzustimmen. Sie entspricht zum einen dem gesetzlichen Regelfall der §§ 269 Abs. 3 S. 1 ZPO; 13 Abs. 2 2. Alt. InsO. Die Regelung in § 13 Abs. 2 1. Alt. InsO stellt demgegenüber einen Ausnahmefall dar, der dem Übergang vom ebenfalls quasikontradiktorischen Eröffnungsverfahren in das im Interesse aller Gläubiger geführte eröffnete Verfahren geschuldet ist (Gesetzesbegründung in BT-Drs 12/2443, S. 115: Einzelbegründung zu § 15, dort 3. Abs.). Für die Wirksamkeit einer Rücknahme bis zur Rechtskraft des Versagungsbeschlusses spricht weiter die grundsätzliche Unterscheidung zwischen der Unwiderruflichkeit der Bewirkungs- und der Widerruflichkeit der Erwirkungshandlung. Der Grund liegt nämlich darin, dass die Erwirkungshandlung die Prozesslage noch nicht ändert. Eine Änderung der Prozesslage tritt allerdings durch den Versagungsbeschluss selbst auch noch nicht ein, sondern ergibt sich erst aus dessen Bestandskraft.

Nachdem vorliegend auch kein schützenswertes Intere...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge