Verfahrensgang
AG Leipzig (Urteil vom 18.08.2022; Aktenzeichen 152 C 5283/21) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Amtsgerichtes Leipzig vom 18.8.2022 abgeändert.
- Es wird festgestellt, dass die Klägerin als Eigentümerin der Wohnungseinheit 26 berechtigt ist, zumindest einmal jährlich Filmaufnahmen in ihrer Wohnung durchführen zu lassen und das Treppenhaus für den An- und Abtransport des Equipments zu nutzen;
- die Feststellung erfolgt unter der Maßgabe, dass die Klägerin etwaige Auflagen der Verwalterin der Beklagten für die Nutzung zu Filmaufnahmen zu beachten hat, soweit sich diese Auflagen im Rahmen des angemessenen halten.
- Im Übrigen wird die Klage angewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 2.000,– EUR festgesetzt.
Tatbestand
I. Die Klägerin ist Wohnungseigentümerin in der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Die Parteien streiten über die Berechtigung der Klägerin, zumindest einmal jährlich die in ihrem Eigentum stehende Wohnung Dritten gegen für Filmaufnahmen zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin wendet sich gegen einen Beschluss der Eigentümerversammlung vom 23.9.2021, wonach der Klägerin die Genehmigung zu einmal jährlichen Filmaufnahmen entzogen wurde und die Hausverwaltung mit einer entsprechenden Kündigung beauftragt und hierzu bevollmächtigt wurde. Hilfsweise begehrt die Klägerin die Feststellung, zumindest einmal jährlich berechtigt zu sein, Filmaufnahmen in ihrem Wohnungseigentum durchführen zu lassen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des Endurteils des Amtsgerichtes Leipzig vom 18.8.2022 wird Bezug genommen.
Das Amtsgericht Leipzig hat mit Endurteil vom 18.8.2022 die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin.
Von der weiteren Darstellung der getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache teilweise begründet.
1. Die Anfechtung des Beschlusses zu Tagesordnungspunkt 10 der Eigentümerversammlung vom 23.9.2021 hat das Amtsgericht Leipzig im Ergebnis zu Recht für unbegründet erachtet. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht.
a) Der Beschluss zielt auf eine Kündigung der Vereinbarung aus dem Jahr 2011 (Anlage K 5) und eine Unterbindung der Nutzung der Wohnung der Klägerin zu Filmaufnahmen ab.
b) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist die Vereinbarung nicht unkündbar, so dass der Beschluss nicht schon deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht. Daraus, dass die Parteien in der Vereinbarung nicht ausdrücklich aufgenommen haben, dass diese widerruflich oder kündbar ist, kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht der Schluss gezogen werden, die Parteien hätten sich auf eine Unkündbarkeit geeinigt. Auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Urteils des Amtsgerichtes Leipzig vom 18.8.2022 hierzu wird Bezug genommen.
c) Eine Kündigung des Vertrages aus dem Jahr 2011 aus wichtigem Grund war zwar nach § 314 Abs. 2 S. 1 WEG nicht zulässig, da es an einer Abmahnung fehlte.
d) Da die Parteien jedoch nicht ausdrücklich aufgenommen haben, dass eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen sein sollte, war eine ordentliche Kündigung nach § 580 a Abs. 2 BGB (entspr.) zumindest zum dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des darauf folgenden Kalendervierteljahres, wenn nicht zu einem früheren Zeitpunkt zulässig.
e) Die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch darauf hatte, eine Gestattung zu Filmaufnahmen jedenfalls nach Maßgabe der Vereinbarung aus dem Jahr 2011 zu erhalten und ob – wie es sich die dem Beschluss zustimmenden Wohnungseigentümer offenbar vorstellten – eine Genehmigung zu Filmaufnahmen in der Wohnung der Klägerin in der Zukunft gänzlich verweigert werden konnte, stellt eine komplexe Rechtsfrage dar. Angesichts der nicht einfachen Rechtslage lag es im Rahmen des den Wohnungseigentümern nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG zustehenden Ermessens, den Beschluss vom 23.9.2021 zu Tagesordnungspunkt 10 wie geschehen zu fassen; dieses Ermessen ist nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar (vgl. Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, 3. Auflage, § 18 RN 48). Der Maßstab eines vernünftigen und wirtschaftlich denkenden Hauseigentümers war hier bezogen auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht verletzt.
aa) Die Vermietung einer Wohnung zu Filmaufnahmen stellt keine Wohnnutzung dar, soweit für die Überlassung ein Entgelt erhoben wird, die Filmaufnahmen wie hier mit einem größeren Filmteam durch eine professionelle Filmproduktionsfirma erfolgen, hierzu eine Vielzahl von Mitarbeitern vor Ort im Einsatz sind, Mitarbeiter und Equipment mit mehreren Lastkraftwagen und Transportern zum Einsatzort gebracht werden müssen, an den Drehtagen umfangreiche Transporte und A...