Verfahrensgang
AG Aalen (Beschluss vom 10.05.2005; Aktenzeichen 3 M 534/05) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Vollstreckungsgericht – Aalen vom 10.05.2005 wird zurückgewiesen.
2. Die Gläubigerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf 300,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Gläubigerin hat mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Aalen vom 15.07.2002 (1 M 917/02) wegen einer Hauptforderung in Höhe von 357,30 EUR nebst Zinsen und Kosten u. a. die Ansprüche der Schuldnerin auf Auszahlung eines Guthabens bei dem bei der Drittschuldnerin Ziffer 2 geführten Girokonto gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen.
Unter dem 18.04.2005 hat die Schuldnerin einen Antrag auf Vollstreckungsschutz gemäß § 765 a ZPO gestellt mit dem Ziel der Aufhebung der Pfändung und diesen damit begründet, dass sie lediglich Leistungen nach SGB II in Höhe von 589,80 EUR monatlich erhält, welche auf dem Girokonto eingehen und sie aufgrund der von der Gläubigerin angebrachten Kontopfändung gehalten sei, ihr Arbeitslosengeld innerhalb von sieben Tagen abzuheben. Dies habe zur Folge, dass sie bei weiteren Überweisungen jeweils 5,00 EUR Gebühren zahlen müsse. Darüber hinaus habe ihr die Drittschuldnerin Ziffer 2 die Kündigung der Kontoverbindung angedroht für den Fall, dass die bestehende Kontopfändung nicht zurückgenommen werde. Es bestehe für sie deshalb eine sittenwidrige Härte, während die Gläubigerin keinen Nachteil zu erwarten hätte, da sie ohnehin aus der Pfändung keine Befriedigung erwarten könne.
Mit der angegriffenen Entscheidung vom 10.05.2005 hat das Amtsgericht die Pfändung der Ansprüche der Schuldnerin aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 15.07.2002 gegenüber der Drittschuldnerin Ziffer 2 aufgehoben. Der Beschluss des Amtsgerichts vom 10.05.2005 wurde der Gläubigerin am 13.05.2005 zugestellt. Sie hat hiergegen am 20.05.2005 sofortige Beschwerde eingelegt und diese durch Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 03.05.2005, in welchem sie einer Aufhebung ihres Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses entgegengetreten war, begründet. Das Amtsgericht hat nicht abgeholfen und die Akten der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist gem. § 793 ZPO statthaft und zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Auf die zutreffenden Gründe der angegriffenen Entscheidung des Amtsgerichts vom 10.05.2005, welchen sich die Beschwerdekammer voll umfänglich anschließt, wird Bezug genommen. Das Beschwerdevorbringen der Gläubigerin rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Das Amtsgericht hat unter zutreffender Abwägung der Belange der Schuldnerin aber auch der Gläubigerin die Voraussetzungen der Härteklausel des § 765 a ZPO bejaht. Die Schuldnerin hat durch Vorlage des Bescheids des Landratsamts Ostalbkreis vom 10.02.2005 nachgewiesen, dass sie Empfängerin von Arbeitslosengeld II in Höhe von 589,80 EUR monatlich ist. Darüber hinaus hat sie durch das Schreiben der VR Bank Aalen vom 18.03.2005 belegt, dass diese ihr für den Fall, dass die bestehende Kontopfändung nicht zurückgenommen wird, sie die Kontoverbindung kündigen wird. Unter diesen ganz besonderen Umständen des Einzelfalles unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses der Gläubigerin stellt deshalb die Kontopfändung eine mit den guten Sitten nicht mehr zu vereinbarende Härte dar. Die Kontopfändung fügt der Schuldnerin einen ganz erheblichen Nachteil und Schaden zu, für den Fall, dass die Drittschuldnerin Ziffer 2 die Kontoverbindung kündigt. Dadurch würde die Schuldnerin vom bargeldlosen Zahlungsverkehr abgeschnitten. Dies hätte nicht nur zur Folge, dass der Schuldnerin ein nach den heutigen Verhältnissen unverzichtbarer Vorteil eines eigenen Bankkontos genommen würde, sie wäre darüber hinaus einem besonderen Risiko ausgesetzt, wenn sie gezwungen wäre, sich ihre Sozialleistungen in bar ausbezahlen zu lassen, das Bargeld aufzubewahren und sämtliche Zahlungen bar zu leisten (vgl. zu einem nahezu völlig identischen Fall OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 2000, 39). Dass die Schuldnerin bei ihrer schlechten finanziellen Lage auch bei keiner anderen Bank ein Girokonto eingerichtet bekommt, und sei es nur auf Guthabenbasis, liegt auf der Hand. Ein schutzwürdiges Interesse der Gläubigerin, dem bei der Abwägung im Rahmen der Härteklausel des § 765 a ZPO Vorrang einzuräumen wäre, ist nicht ersichtlich. In ihrer jetzigen Situation ist die Schuldnerin nämlich gezwungen, ihr Arbeitslosengeld II jeweils innerhalb einer Woche abzuheben, damit es nicht der angebrachten Pfändung unterfällt, wie sie es bereits in der Vergangenheit gemacht hat. Dies hat zur Folge, dass die Gläubigerin praktisch keine Chance hat, aus ihrer Kontopfändung auch nur eine geringfügige Teilbefriedigung zu erlangen. Der Einwand der Gläubigerin, ihr könne nicht zugemutet werden, einen möglichen Vermögenserwerb der Schuldnerin abzuwarten und erst da...