Normenkette
StGB § 177 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Der Angeklagte wird freigesprochen.
Die Landeskasse trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Nebenklägerin trägt die Nebenklagekosten selbst.
Gründe
I.
Mit der zugelassenen Anklage v. 20.02.2012 hat die Staatsanwalt F dem Angeklagten vorgeworfen,
Ende Juli 2009
in N
eine andere Person unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist, genötigt zu haben, sexuelle Handlungen des Täters an sich zu dulden,
wobei der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzog (Vergewaltigung).
Die Staatsanwaltschaft hat dem Angeklagten Nachstehendes zur Last gelegt:
An einem nicht mehr genau bestimmbaren Tag Ende Juli 2009 befand sich die am 15.12.1993 und damit zur Tatzeit 15-jährige T in der damaligen Wohnung des Angeklagten I-Str. in N. Ebenfalls anwesend waren die Zeuginnen C und L. Der Angeklagte hatte bereits den gesamten Abend sehr viel getrunken und gekifft. Irgendwann legten sich dann die drei Erwachsenen und die Jugendliche zum Schlafen. Alle befanden sich dazu im Wohnzimmer; während die drei Frauen auf einer Matratze auf dem Boden lagen, legte sich der Angeklagte zunächst auf die Couch. Noch vor dem Einschlafen forderte der Angeklagte plötzlich die beiden Zeuginnen C und L auf, die Wohnung zu verlassen und in den Keller zu gehen. Die beiden Zeuginnen kamen der Aufforderung nach, ohne nach dem Grund zu fragen oder sich der Aufforderung zunächst zu widersetzen. Beide wussten, dass der Angeklagte immer dann, wenn man seinen Aufforderungen nicht nachkommt, äußerst aggressiv reagiert.
Noch am selben Abend kam es zu massiven Körperverletzungshandlungen zum Nachteil der C, die jedoch Gegenstand eines anderen Ermittlungsverfahrens waren.
Der Angeklagte kam dann zu der durch die gesamte Situation verängstigten 15 jährigen T auf die Matratze und forderte sie auf, sich auszuziehen. Er beabsichtigte nun, mit der Jugendlichen den Geschlechtsverkehr durchzuführen. Die Geschädigte T weigerte sich jedoch zunächst, sich auszuziehen und sagte deutlich: "Nein". Daraufhin zog der Angeklagte jedoch der Zeugin einfach ihre Boxershorts und den Tanga selbst herunter. Ihre Oberbekleidung ließ er der Zeugin an. Dies ging für die Geschädigte T alles sehr schnell und sie sah sich nicht in der Lage, sich den Handlungen des Angeklagten zu entziehen. Dieser war ihr aufgrund seines durchtrainierten Körpers körperlich überlegen und für die Zeugin aufgrund seines vorangegangenen Drogen- und Alkoholkonsums unberechenbar. Ihr war auch bewusst, dass die beiden Zeuginnen C und L genau wussten, was der Angeklagte nun mit ihr beabsichtigte und sie keinerlei Hilfe von den beiden Frauen, die dem Angeklagten absolut hörig waren, erwarten konnte. Daher wagte die Zeugin keinerlei körperliche Gegenwehr, so dass der Angeklagte ihre Beine hochheben konnte, während die Zeugin auf dem Rücken lag. Dann drang er mit seinem Glied in die Scheide der Zeugin ein und führte den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss durch, obwohl ihm bewusst war, dass die Zeugin keinesfalls mit ihm schlafen wollte. Nach Einschätzung der Zeugin dauerte dies mindestens 10 bis 15 Minuten, in denen sie sich nicht traute, sich zu bewegen. Sie sah für sich keinerlei Möglichkeit, sich den sexuellen Handlungen zu entziehen. Erst nachdem der Angeklagte den Geschlechtsverkehr beendet hatte, konnte sie wieder aufstehen und begab sich ins Badezimmer, um sich dort zu waschen. Erst jetzt kamen die beiden Zeuginnen L und C zurück in die Wohnung und verhielten sich so, als sei nichts geschehen.
Verbrechen, strafbar gem. §§ 177 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 StGB.
Der Angeklagte war von diesem Vorwurf aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.
II.
Zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten hat die Kammer nachstehende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte wurde am ... in N geboren. Sein Vater arbeitet als Hoch- und Tiefbaumaschinist, seine Mutter ist Hausfrau. Die Eltern des Angeklagten sind verheiratet. Der Angeklagte hat eine jüngere Schwester.
Seine Schullaufbahn beendete der Angeklagte mit dem Abgangszeugnis der Sonderschule nach der zehnten Klasse. In der Schule kam der Angeklagte nicht gut klar. Mit etwa acht Jahren wurde bei dem Angeklagten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie (Marl/Haltern) ein ADHS diagnostiziert. Im Anschluss an die Sonderschule kam der Angeklagte mit zwölf Jahren in ein Kinderheim. Der Angeklagte hatte Angst vor seinem Vater, der ihn - gelegentlich - schlug. In dem Heim verblieb der Angeklagte für unter ein Jahr. Wegen seiner ständigen Fluchtversuche konnte er in dem Kinderheim nicht verbleiben. Für ein Jahr war der Angeklagte in einer pädagogischen Auslandsmaßnahme an der B (Q). Dort wurde der Angeklagte tagsüber mit der Reparatur von Autos beschäftigt. Vor Ort entwendete er das Kraftfahrzeug seines Betreuers. In Q begann der Angeklagte Alkohol und Haschisch zu konsumieren. In Q hatte der Angeklagte auch zum ersten Mal Sex...