Entscheidungsstichwort (Thema)
Rattenhaltung in einer Mietwohnung
Leitsatz (redaktionell)
(abgedruckt in Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Der Vermieter einer im Mehrparteienhaus gelegenen Mietwohnung ist berechtigt, die vorbehaltene Genehmigung zur Tierhaltung zu verweigern, wenn der Mieter eine Ratte halten will; das Tier ist auf Verlangen zu entfernen.
Verfahrensgang
AG Gelsenkirchen-Buer (Urteil vom 06.08.1990; Aktenzeichen 9 C 281/90) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Schlußurteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen-Buer vom 6. August 1990 – 9 C 281/90 – abgeändert und neugefaßt:
Das Teilversäumnisurteil vom 1. Juni 1990 wird aufgehoben.
Die Beklagten zu 3) (Eheleute …) werden verurteilt, es zu unterlassen, in ihrer Wohnung im Hause … in Gelsenkirchen-Horst eine Ratte zu halten, und die gehaltene Ratte sofort zu entfernen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten erster Instanz mit Ausnahme der Säumnismehrkosten, die die Beklagten zu 3) zu 2/3 und die Beklagten zu 5) zu 1/3 zu tragen haben, werden auferlegt:
der Klägerin 5/6 der Gerichtskosten und ihn außergerichtlichen Kosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), 2), 4) und 5) und 1/2 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3).
den Beklagten zu 3) 1/6 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie 1/2 ihrer außergerichtlichen Kosten.
Die Kosten zweiter Instanz werden auferlegt der Klägerin 3/4 der Gerichtskosten und ihn außergerichtlichen Kosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), 2) und 5) sowie 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3);
den Beklagten zu 3) 1/4 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie 2/3 ihrer außergerichtlichen Kosten.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Die Berufung der Klägerin ist nur zum Teil begründet.
Das Amtsgericht hat die gegen die Beklagten zu 1) und 2) gerichteten Anträge der Klägerin, die Hundehaltung zu unterlassen und die Hunde zu entfernen, im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Insoweit steht der Klägerin kein Anspruch aus § 550 BGB zu. Die Hundehaltung stellt nämlich keinen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache dar. Zwar bedarf eine Tierhaltung seitens der Mieter laut Mietvertrag der schriftlichen Genehmigung der Klägerin. Eine Genehmigung ist auch nicht wirksam erteilt worden, weil das Vorstandsmitglied … der Klägerin zur Erteilung einer Genehmigung keine Vertretungsmacht besaß. Auch die Beklagten haben nämlich nicht ausdrücklich bestritten, daß die Klägerin nur von zwei Vorstandsmitgliedern zusammen wirksam vertreten werden kann.
Die Klägerin handelt jedoch rechtsmißbräuchlich, wenn sie sich auf die fehlende Genehmigung für die Hundehaltung beruft. Ihr dürfte zwar ein freies Ermessen über die Entscheidung zustehen, ob eine Tierhaltung genehmigt wird (vgl. OLG Hamm MDR 81, 406). Ein Vermieter kann die Genehmigung aber nicht mehr verweigern, wenn er die Tierhaltung längere Zeit wissentlich geduldet hat. Dabei muß er sich das Wissen eines Repräsentanten zurechnen lassen (Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Rdnr. II 170). Das Vorstandsmitglied … der Klägerin nimmt unstreitig in größerem Umfang Vermieterfunktionen wahr. Herr … repräsentiert den Vermieter gegenüber den Mietern. Wie inzwischen auch die Klägerin mit Schriftsatz vom 12. Dezember 1990 eingeräumt hat, hat Herr … im Juni 1988 von der Hundehaltung durch die Beklagten zu 1) und 2) erfahren. Daß Herr … daraufhin auf eine Abschaffung der Hunde gedrängt hat, wird von der Klägerin nicht vorgetragen. Es ist daher zumindest von einer Duldung der Hundehaltung durch Herrn …, den Repräsentanten der Klägerin, auszugehen. Dadurch ist bei den Beklagten zu 1) und 2) ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der eine Berufung auf die mangelnde Genehmigung rechtsmißbräuchlich erscheinen läßt, ohne daß es noch darauf ankommt, ob Herr … die Hundehaltung auch ausdrücklich gebilligt hat.
Wie im Falle einer in Form einer wirksamen Willenserklärung erteilten Genehmigung kann die Klägerin daher die Hundehaltung nur noch dann beanstanden, wenn sich die Umstände inzwischen wesentlich geändert haben. Hierfür reicht es nicht aus, daß es wegen der Tierhaltung zu Problemen mit anderen Mietern kommt. Erforderlich ist vielmehr, daß die Tiere aufgrund ihres Verhaltens objektive Störungen verursachen. Hierzu hat die Klägerin jedoch keine näheren Ausführungen gemacht.
Das Urteil des Amtsgerichts war jedoch hinsichtlich der Haltung der Ratte durch die Beklagten zu 3) abzuändern. Insoweit steht der Klägerin ein Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung zu. Auch die Haltung einer Ratte fällt vom Wortlaut her unter die Genehmigungspflicht des Mietvertrages. Insoweit ist keine einschränkende Auslegung der diesbezüglichen Vertragsklausel angebracht. Zwar ist eine Tierhaltungsgenehmigungspflicht regelmäßig so auszulegen, daß Kleintiere nicht betroffen sind (vgl. Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Rdnr. II 168). Dies beruht aber lediglich darauf...