Orientierungssatz
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist; Pflicht des Rechtsanwalts zur Überprüfung der Zuständigkeit des Gerichts für das Rechtsmittelverfahren.
Nachgehend
Tenor
I.
Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist wird
zurückgewiesen.
II.
Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt die Berufung wegen Versäumung der Berufungsfrist nach § 522 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
I.
Die Klägerin als Dritte verfolgt mit der Klage Ansprüche gegenüber der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft, welche Verpflichtungen aus einer nachbarschaftlichen Vereinbarung betreffen. Die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte WEG unterliegen dem Anwendungsbereich des § 43 Nr.5 WEG, zu deren Entscheidung der für die Wohnungseigentumsverfahren zuständige Richter des Amtsgerichts zuständig ist.
Das Amtsgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2011 hat es nach Erörterung seiner Zuständigkeit aus § 43 Nr. 5 WEG an die Parteien den folgenden Hinweis erteilt:
"Das Gericht weist die Parteien darauf hin, dass eine Berufung an das Landgericht Itzehoe zu richten ist, welches als zentrales Berufungsgericht für alle Schleswig-Holsteinischen Berufungsverfahren zuständig ist".
Das am 27.04.2011 verkündete Urteil ist der Beklagten zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten am 29.04.2011 zugestellt worden.
Am 27.05.2011 hat die Beklagte, gerichtet an das Landgericht Itzehoe, Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Am 06.06.2011 ist die Beklagte durch den Vorsitzenden der Berufungskammer des Landgerichts Itzehoe darauf hingewiesen worden, dass die Berufung unzulässig sei, da nach § 72 Abs. 2 GVG in Verbindung mit § 1 der Landesverordnung Schleswig-Holstein zur Bestimmung des Landgerichts Itzehoe als gemeinsames Berufungs- und Beschwerdegericht für die Streitigkeiten nach § 43 Nr. 1 bis 4 und 6 WEG eine Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Itzehoe als Berufungsgericht für eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 5 WEG nicht gegeben ist, weshalb es bei der allgemeinen Zuständigkeitsregelung für das Berufungsverfahren verbleibt.
Hierauf hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 08.06.2011, eingehend am 09.06.2011, bei dem Landgericht Flensburg Berufung eingelegt und Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Berufungsfrist gestellt.
Die Beklagte hat ausgeführt, dass sie ohne ihr Verschulden gehindert gewesen sei die Berufungsfrist einzuhalten. Die Fristüberschreitung sei durch die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung des Amtsgerichtes veranlasst.
Die Klägerin hält den Wiedereinsetzungsantrag für unbegründet. Zwar sei der Hinweis des Amtsgerichts fehlerhaft, allerdings sei es Aufgabe des prozessführenden Anwalts, die Zuständigkeit des Berufungsgerichtes zu überprüfen und für die Einhaltung der Berufungsfrist Sorge zu tragen. Der Hinweis des Amtsgerichts habe offenkundig gemacht, dass die Zuständigkeit vorliegend nicht Übliche sei, weshalb für den Prozessbevollmächtigten der Beklagten ein Anlass zur Überprüfung bestanden hätte.
II.
Der Beklagten kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist des § 517 ZPO nicht gewährt werden.
Gemäß § 233 ZPO ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert gewesen ist, eine Notfrist einzuhalten.
Die Beklagte hat die Notfrist zur Einlegung der Berufung binnen einen Monats ab Zustellung des Urteils bei dem für das Berufungsverfahren zuständigen Landgericht Flensburg versäumt, § 517 ZPO. Die Beklagte hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie diese Frist zur Einlegung der Berufung unverschuldet versäumt hat.
Die Beklagte ist anwaltlich vertreten. Ihr beauftragter Prozessbevollmächtigter, dessen Verschulden sich die Beklagte nach § 85 Abs. 2 zurechnen lassen muss, ist verpflichtet gewesen eigenständig zu prüfen, an welches zuständige Landgericht die Berufung zu richten ist.
Der Vortrag der Beklagten, wonach die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Itzehoe und die darauf beruhende verspätete Einlegung der Berufung bei dem zuständigen Landgericht Flensburg auf einem Rechtsirrtum ihres Prozessbevollmächtigten beruht, vermag ein Verschulden nicht auszuräumen.
Der Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts ist regelmäßig nicht unverschuldet. Denn der Anwalt muss die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis zur Anwendung kommen. Insbesondere ist zu erwarten, dass er die Statthaftigkeit und Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels eigenständig überprüft. Die fehlerhafte Auslegung von Verfahrensrecht kann entschuldigend nur dann berücksichtigt werden, wenn der Prozessbevollmächtigte die volle von einem Anwalt zu fordernde Sorgfalt aufgewendet hat, um zu der richtigen Rechtsauffassung zu gelangen. Hierbei ist ein strenger Sorgfaltsmaßstab anzulegen (BGH FamRZ 2011, 100 ; Schleswig-...