Leitsatz (amtlich)

Auch in einer verwalterlosen Zwei-Personen-WEG können Hausgeldansprüche nur aufgrund eines Beschlusses über eine Jahresabrechnung oder einen Wirtschaftsplan geltend gemacht werden. Zudem muss der Zahlungsanspruch auch hier von der Gemeinschaft durchgesetzt werden, einzelne Eigentümer sind hierzu nicht befugt.

 

Verfahrensgang

AG Fulda (Beschluss vom 04.04.2022; Aktenzeichen 37 C 7/22)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des AG Fulda vom 4. April 2022 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf die Gebührenstufe bis 5.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Antragsteller und Antragsgegner bilden eine aus zwei Parteien bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft. Ein Verwalter ist nicht bestellt. Wohnungseigentümerversammlungen haben in der Vergangenheit nicht stattgefunden. Zwischen den Parteien besteht Streit, welche Zahlungen für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums von den Eigentümern vorzunehmen sind. Die Antragsteller zahlen … EUR, die Antragsgegner … EUR auf das Gemeinschaftskonto. Derzeit befinden sich dort keine ausreichenden Mittel, um die laufenden Zahlungen zu tätigen, insbesondere die Abbuchungen für die Gaslieferungen vorzunehmen. Die Antragsteller haben einen Wirtschaftsplan erstellt, dieser ist bislang nicht beschlossen worden.

In dem vorliegenden Verfahren begehren die Antragsteller die Antragsgegner zu verpflichten, ausgehend von dem vorgelegten Wirtschaftsplan für das Wirtschaftsjahr 2022 monatliches Hausgeld von jeweils 230 EUR zu zahlen.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, da es an einem Verfügungsgrund fehle, eine besondere Eilbedürftigkeit sei nicht dargetan. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsteller.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft und zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 567 Abs.1 Ziff.2, 569 ZPO).

1. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Es fehlt bereits an einem Verfügungsanspruch.

a) Der begehrte Zahlungsanspruch kann bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil es an einem beschlossenen Wirtschaftsplan für das Jahr 2022 fehlt. Ohne einen entsprechenden Beschluss besteht allerdings keine Verpflichtung der Wohnungseigentümer Hausgeldforderungen zu erfüllen, denn der beschlossene Wirtschaftsplan bildet insoweit die Anspruchsgrundlage für den Zahlungsanspruch, so dass es vor der Beschlussfassung an einer beizutreibenden Forderung fehlt (vgl. nur Hügel/Elzer § 28 Rn. 62). Soweit zum alten Recht vertreten wurde, dass ein Zahlungsanspruch der Eigentümer unmittelbar aus § 16 Abs. 2 WEG aF folgen sollte (so Bärmann/Becker, WEG, 14. Aufl., § 28 Rn. 4) war dies zum alten Recht schon zweifelhaft (vgl. zum alten Recht Kammer ZWE 2015,379). Unter der Geltung des seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht folgen Zahlungsansprüche ausweislich des eindeutigen Wortlautes nur aus Beschlüssen über die Vorschüsse zur Kostentragung und der Rücklagen (§ 28 Abs. 1 WEG) oder den Nachschüssen (§ 28 Abs. 2 WEG). Für einen daneben bestehenden gesetzlichen Anspruch besteht jedenfalls nunmehr keine Handhabe mehr (vgl. Grüneberg/Wicke § 16 Rn. 1; BeckOK WEG/Bartholome, 48. Ed. 1.3.2022, WEG § 28 Rn. 1; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 10 Rn. 17). Mangels eines entsprechenden Beschlusses besteht daher von Vorneherein keine Zahlungspflicht der Beklagten.

b) Daher hätten die Antragsteller zunächst eine Beschlussersetzungsklage (§ 44 Abs. 1 S. 2 WEG) erheben müssen, um insoweit einen Wirtschaftsplan in Kraft zu setzen. In Eilfällen, insbesondere wenn – wie hier – die Gemeinschaft Liquiditätsprobleme hat, kommt insoweit auch eine einstweilige Verfügung in Betracht (Bärmann/Becker § 28 Rn. 54; Hügel/Elzer WEG § 26 Rn. 123). Ob dann durch eine einstweilige Verfügung lediglich eine Sonderumlage zur Herstellung der Liquidität beschlossen werden kann, wie das Amtsgericht meint, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Allerdings dürfte im Regelfall eine fortlaufende Zahlungsverpflichtung für die Wohnungseigentümer weniger belastend sein, als eine einmalige Verpflichtung durch eine Sonderumlage die Liquidität der Gemeinschaft bis zum voraussichtlichen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens sicherzustellen, zumal die Beschlussersetzungsklage als Gestaltungsklage eine Zahlungsverpflichtung erst nach rechtskräftigem Verfahrensabschluss begründet. Dies wird im Regelfall erst nach Ablauf des Wirtschaftsplanjahres der Fall sein.

Zwar haben die Antragsteller vorliegend einen Entwurf für einen Wirtschaftsplan vorgelegt, insoweit kann der Antrag allerdings nicht dahingehend ausgelegt werden, dass mit diesem eine entsprechende Beschlussersetzung erwirkt werden soll. Dem steht bereits der Klageantrag, der ausdrücklich auf eine monatliche Vorauszahlungspflicht lautet, entgegen. Darüber hinaus ist die Klage auf Beschlussersetzung nunmehr gegen die Wohnungseigentümergemeinscha...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge