Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 19.06.2007; Aktenzeichen 995 Ds 3640 Js 217781/05)

 

Tenor

Die sofortigen Beschwerden werden verworfen.

Die Kosten des von ihm eingelegten Rechtsmittels treffen den Nebenkläger. Die dem Angeschuldigten im Beschwerdeverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Der Angeschuldigte erstellte am 10. Juni 2003 gem. § 130 AktG die notarielle Niederschrift über die ordentliche Jahreshauptversammlung der Deutsche Bank AG. Hierzu fertigte der Angeschuldigte vor der Hauptversammlung einen maschinellen Entwurf an, der die aus der Tagesordnung und aus dem Leitfaden des Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Deutsche Bank AG voraussichtlich sich ergebenden Elemente berücksichtigte. Diesen Entwurf ergänzte er während der Dauer der Hauptversammlung handschriftlich um alle Abweichungen vom erwarteten Verlauf sowie um alle „Variablen”, wie beispielsweise Wortmeldungen, Widersprüche und Abstimmungsergebnisse, und unterzeichnete ihn noch am Tage der Versammlung.

Allerdings sollte diese Niederschrift nach seinem Willen nicht mit einer Urkundenrollennummer versehen und zur Urkundensammlung genommen werden. Lediglich für den Fall seines Todes oder seiner Handlungsunfähigkeit hatte er seine Notariatsangestellte zuvor angewiesen, für diese Niederschrift eine Urkundenrollennummer zu „reservieren”, sie in das Hauptversammlungsprotokoll einzutragen und zur Urkundensammlung zu nehmen. Einige Tage nach der Hauptversammlung, ließ der Angeschuldigte seine Notariatsangestellte eine vollständig maschinell erstellte Fassung fertigen, in der diese in Abstimmung mit ihm seine handschriftlichen Änderungen und Ergänzungen einarbeitete. Sodann übersandte er diese maschinell erstellte Fassung der Deutsche Bank AG und traf sich zur Abstimmung von Feinheiten mit zwei Mitarbeitern der Bank. Aufgrund der Ausführungen der Mitarbeiter nahm er verschiedene Änderungen und Berichtigungen vor, erstellte eine Endfassung des Protokolls, unterzeichnete es, versah es mit der reservierten Urkundenrollennummer und nahm es zur Urkundensammlung. Den maschinenschriftlichen, der Bank zur Prüfung übersandten Entwurf, nahm er zu seinen Nebenakten.

Zu Beginn des Hauptversammlungsprotokolls heißt es:

„Frankfurt am Main

Verhandelt am 10. Juni 2003 (zehnten Juni zweitausenddrei)

Der unterzeichnende

Notar Dr. …

mit dem Amtssitz in Frankfurt am Main

hatte sich heute um 10.00 Uhr auf Ersuchen des Vorstands der

Deutsche Bank Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Frankfurt am Main

in die Festhalle, Messe Frankfurt, … begeben, um dort die folgende notarielle Niederschrift über die

Ordentliche Hauptversammlung

dieser Gesellschaft aufzunehmen.

…”

Am Ende des Hauptversammlungsprotokolls – 50 Seiten später – heißt es wörtlich:

„Nachdem weitere Wortmeldungen nicht mehr vorlagen, wurde die Versammlung um 21 Uhr 21 Minuten von dem Herrn Vorsitzenden geschlossen.

Hierüber wurde diese in Urschrift bei mir verbleibende Niederschrift aufgenommen und von mir, dem amtierenden Notar, eigenhändig unterschrieben.

Unterschrift”

Im Rahmen der verbundenen Zivilverfahren 3-05 O 61/03 und 3-05 O 64/03 vor der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main zwischen den Dres. … und dem Nebenkläger auf der einen Seite und der Deutschen Bank auf der anderen Seite wurde der Angeschuldigte am 12.10.2004 als Zeuge vernommen. Er gab bei der Vernehmung an, er vermute, dass sich das handschriftliche Original des Hauptversammlungsprotokolls in seinen Handakten befinde. Er habe keinen Anlass, daran zu zweifeln. In dem Rechtsstreit der nämlichen Parteien mit dem Az.: 3/9 O 98/03 vor der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main hat der Angeschuldigte eine schriftliche Stellungnahme vom 20.4.2005 eingereicht und darin wörtlich ausgeführt:

„Der ursprüngliche unter 1.1 ausführlich erwähnte Entwurf befindet sich – entgegen meiner bei meiner ersten Zeugenvernehmung geäußerten Vermutung – nicht mehr bei meinen Unterlagen, sondern ist nach der endgültigen Fertigstellung des Protokolls mit anderen – nicht mehr benötigten Notizen entsorgt worden. Mir ist keine Vorschrift bekannt, nach welcher der Notar verpflichtet wäre, Entwürfe und Notizen zu verwahren.”

Nach dem vom Nebenkläger der Staatsanwaltschaft vorgelegten Schriftsatz des die Eheleute … vertretenden Rechtsanwalts … hat der Angeschuldigte bei der Vernehmung vor der 9. Kammer für Handelssachen am 20.04.2005 ergänzend bekundet, er habe die Urkunde weder selbst vernichtet noch hierzu Anweisungen gegeben. Er wisse auch nicht, wann und von wem die Urkunde vernichtet worden sei.

Wegen der „Entsorgung des ursprünglichen Protokolls” hat der Nebenkläger bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Frankfurt am Main unter dem 23.04.2005 eine Strafanzeige eingereicht. Mit Verfügung vom 12.05.2005 bat die Staatsanwaltschaft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt. Die ursprünglich erstellte vorläufige Niederschrift als Rohversion stelle keine Urkunde dar, wei...

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