Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummietverhältnis: Zulässigkeit der Kündigung wegen umfangreicher Sanierungsarbeiten
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Umfangreiche Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten berechtigen den Vermieter generell nicht zur Kündigung des Mietverhältnisses. Das gilt erst recht, wenn der Vermieter den schlechten Zustand des Gebäudes durch sein eigenes vertragswidriges Verhalten herbeigeführt hat, weil er in der Vergangenheit seinen Erhaltungspflichten nicht nachgekommen ist.
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Beklagten waren aufgrund eines Mietvertrages v. 1.4.1986 Mieter einer Wohnung in einem Haus der Kläger. Mit Schreiben v. 28.10.1992 haben die Kläger das Mietverhältnis ordentlich gekündigt.
Im angefochtenen Urteil hat das AG Frankfurt/M. der Räumungsklage unter dem Gesichtspunkt der Hinderung an der angemessenen wirtschaftlichen Verwertung stattgegeben. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese ordnungsgemäß begründet. Sie sind der Auffassung, daß die geplante Sanierung des Anwesens keinen Kündigungsgrund darstelle. Die Beklagten sind am 30.10.1994 aus der Wohnung ausgezogen, da die Zwangsvollstreckung drohte. Sie widersprechen ausdrücklich einer Erledigung der Hauptsache.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist begründet.
Der von den Klägern begehrten Feststellung der Erledigung der Hauptsache kann nicht entsprochen werden, weil die Klage zwar ursprünglich zulässig, aber nicht begründet gewesen ist. Die von den Klägern ausgesprochene Kündigung v. 28.10.1992 hat das Mietverhältnis nicht beendet. Die Kündigung ist darauf gestützt worden, daß das gesamte Anwesen wegen seines Zustandes saniert und modernisiert werden müsse. Diese Arbeiten könnten nicht durchgeführt werden, wenn die Beklagten an ihrem Mietverhältnis festhalten würden. Wie sich aus der Kündigung ergibt, ist das Anwesen im Jahre 1905 errichtet worden, und seit dieser Zeit wurden, wie es im Kündigungsschreiben heißt, keine Verbesserungsarbeiten oder Erhaltungsarbeiten durchgeführt, so daß das Anwesen jetzt in einem denkbar schlechten Zustand ist.
Dieser Zustand kann aber nicht den Beklagten angelastet werden. Denn die Vermieter sind gemäß § 536 BGB verpflichtet, die Wohnung in einem Zustand zu erhalten, der ihre übliche Nutzung ermöglicht. Zu diesen Erhaltungspflichten gehört auch die Erhaltung des Wohnumfeldes, d.h. des gesamten Hauses. Kommen die Vermieter diesen Erhaltungspflichten nicht nach, so verhalten sie sich treuwidrig im Sinne des widersprüchlichen Verhaltens, wenn sie die Notwendigkeit zu umfangreichen Umbaumaßnahmen zur Kündigung benutzen, diese Notwendigkeit durch ihr eigenes vertragswidriges Verhalten aber herbeigeführt haben.
Im übrigen sind auch die Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 564b Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht dargetan. Zum einen ist bereits fraglich, ob Sanierungsarbeiten und Modernisierungsarbeiten generell zur Kündigung eines Mietverhältnisses berechtigen (LG Frankenthal WM 1991, 171; AG Konstanz WM 1989, 225; LG Köln WM 1989, 255). Der BGB-Gesetzgeber hat diese Frage bereits bei Ausarbeitung des BGB ausführlich erörtert und ausdrücklich entschieden, daß umfangreiche Reparaturen nicht zur Kündigung berechtigen sollen (Motive II, 418). Dieser Meinung ist im wesentlichen auch der moderne Gesetzgeber dadurch gefolgt, daß er dem Vermieter mit den §§ 541a und 541b BGB die Möglichkeiten an die Hand gegeben hat, auch bei bestehendem Mietverhältnis Sanierungsarbeiten und Modernisierungsarbeiten durchzuführen.
Darüber hinaus haben die Kläger nicht dargetan, daß sie an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert werden.Bei dieser wirtschaftlichen Verwertung sind nicht die künftigen Vorteile aus der modernisierenden Umbaumaßnahme des Anwesens zu berücksichtigen. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Kläger als Vermieter gegenwärtig Nachteile aus dem Objekt erleiden, wenn der Zustand, so wie er von ihnen beschrieben wird, aufrechterhalten bleibt (LG Aachen WM 1991, 495; LG Karlsruhe WM 1991, 168). Diesbezüglich haben die Kläger keinen substantiierten Vortrag gebracht.
Insgesamt gesehen mußte daher mangels eines Kündigungsgrundes die Klage abgewiesen werden.
Fundstellen