Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit einer Schiedsgutachterabrede im Leasingvertrag zur Ermittlung des Zeitwerts
Orientierungssatz
1. In Kfz-Leasingverträgen wird üblicherweise vereinbart, daß nach Ablauf der Grundmietzeit ein Sachverständiger beauftragt wird, den Zeitwert zu ermitteln, weil der Leasingnehmer verpflichtet ist, eine Differenz zwischen Zeitwert und garantiertem Restwert im Rahmen seiner Vollamortisationspflicht auszugleichen. Eine solche Klausel reicht jedoch nicht aus, um eine Schiedsgutachterabrede iSd BGB §§ 317, 319 wirksam zu begründen. Erforderlich ist vielmehr ein ausdrücklicher Hinweis auf die Bedeutung der Schätzung des Sachverständigen als Schiedsgutachter.
2. Fehlt ein derartiger Hinweis, so scheitert diese Klausel an AGBG § 11 Nr 15 Buchst a, denn sie bürdet dem Leasingnehmer die Beweislast für Umstände auf, die im Verantwortungsbereich des Leasinggebers liegen, weil dieser nach allgemeinen Beweislastregeln verpflichtet ist, den Nachweis einer übermäßigen Abnutzung des Leasingobjekts darzulegen und zu beweisen.
3. Der vom Leasinggeber beauftragt Sachverständige ist auch bei Einholung eines Schiedsgutachtens gehalten, den Leasingnehmer in den Schätzungsvorgang einzuschalten und ihm rechtliches Gehör zu gewähren (Abweichung BGH, 1952-06-25, II ZR 104/51, BGHZ 6, 335).
4. Für den Fall, daß bei Rückgabe der Leasingsache Mängel oder sonstige wertmindernden Umstände gegeben sind, ist der Leasinggeber zur Vermeidung von Beweisnachteilen gehalten, Maßnahmen zur Beweissicherung zu treffen.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 30.01.1987 - 31 C 2441/85-23 - abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 180,80 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 02.12.1982 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 94 % und der Beklagte 6 % zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen den Beklagten nach Ablauf der Dauer des Leasingvertrages vom 18.07.1978 aufgrund von Nr. 13.3 (= Nr. 12.4 n.F.) ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Differenz zwischen dem streitigen Zeitwert und dem kalkulierten Restwert der Leasingsache geltend. Der Beklagte erhielt von der Klägerin einen BMW 520/6 (OF-EP 963) auf die Dauer von 36 Monaten. Nach Vertragsende sollte die Abrechnung nach dem kalkulierten Restwert erfolgen. Dieser ist in der Vertragsurkunde unter Durchstreichung des zunächst vorgesehenen Betrages handschriftlich mit 8.050,- DM angegeben. Vor der Rückgabe des Fahrzeugs an den BMW-Vertragshändler am 11.02.1982 ließ der Beklagte das Fahrzeug am 05.02.1982 durch den Kfz.-Meister ... schätzen. Dieser bewertete den Händlereinkaufswert ohne Mehrwertsteuer nach dem DAT-Schätzungsverfahren mit 7.900,- DM. Am 17.03.1982 besichtigte der von der Klägerin eingeschaltete Ober-Ingenieur (Grad.) ..., ein angestellter des ... e.V., das Fahrzeug bei dem BMW-Vertragshändler. Er schätzte den Händlereinkaufswert ohne Mehrwertsteuer auf der Basis der seinerzeit gültigen Schwacke-Liste auf 5.300,- DM. Die Differenz zwischen dem kalkulierten Restwert von 8.050,- DM und dem letztgenannten Schätzwert in Höhe von 5.300,- DM begehrt die Beklagte von dem Kläger unter Berufung auf Nr. 12.4 ihrer AGB. Der Test der Klausel, welcher identisch mit demjenigen der Nr. 13.3 a.F. ist, lautet wie folgt:
"Erfolgt die Rückgabe des Fahrzeuges ordnungsgemäß zum Ende der vereinbarten Vertragszeit, beauftragt der Leasinggeber einen anerkannten Sachverständigen mit der Feststellung des Zeitwertes des Fahrzeuges zuzügl. Mwst in jeweils gesetzlicher Höhe. Ergibt sich ein Zeitwert über dem kalkulierten Fahrzeugrestwert, so erhält der Leasingnehmer 75% der Differenz zwischen Zeitwert und kalkuliertem Fahrzeugrestwert. Ergibt sich, daß der Zeitwert unter dem kalkulierten Restwert liegt, ist der Leasingnehmer zur Nachzahlung des Differenzbetrages binnen 8 Tagen nach Bekanntgabe durch den Leasinggeber verpflichtet. Wird der Zeitwert durch einen Unfallschaden beeinflußt, ist eine evtl. an den Leasinggeber gezahlte Wertminderungsentschädigung entsprechend zu berücksichtigen."
Die Parteien streiten in rechtlicher Hinsicht darüber, ob die genannte Klausel eine Schiedsgutachtenvereinbarung enthält. In tatsächlicher Hinsicht besteht unter den Parteien darüber Streit, ob die Bewertung durch den Ober-Ingenieur ... in Anbetracht des von der Klägerin nicht bestrittenen Preises von 8.500,- DM, der bei Weiterveräußerung des Fahrzeugs erzielt wurde, zutreffend ist.
Das Amtsgericht hat über die streitige Bewertungsfrage Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Kfz.-Ingenieurs ... und des Kfz.-Meisters ... als Sachverständige. Außerdem hat es ein schriftliches Sachverständigengutachten des Kfz.-Ingenieurs ... eingeholt. Aufgrund der Beweisaufnahme hat das Amtsgericht der auf Zahlung in Höhe von 3.107,50 DM nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Nr. 13.3 (=...