Leitsatz (amtlich)

Eine nach dem 1.12.2020 gegen die übrigen Eigentümer erhobene Anfechtungsklage wahrt die Anfechtungsfrist des § 45 WEG nicht.

Lädt zur Eigentümerversammlung statt der bestellten Verwalterin eine von ihr neu gegründete Gesellschaft, ohne dass eine Umwandlung nach dem UmwG erfolgt ist, ist die Ladung fehlerhaft. Die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse sind aber nur dann für ungültig zu erklären, wenn der Ladungsmangel sich kausal ausgewirkt hat.

 

Verfahrensgang

AG Wiesbaden (Urteil vom 19.11.2021; Aktenzeichen 91 C 3742/20 (78))

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG Wiesbaden vom 19.11.2021 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für den Rechtsstreit: 63.460,15 EUR

 

Tatbestand

I.

Der Kläger, der Wohnungseigentümer mit einem MEA von 764/10.000 ist, begehrt die Ungültigerklärung sämtlicher auf der Versammlung vom 13.11.2020 gefassten Beschlüsse. Auf der Versammlung waren 4.251/10.000 MEA vertreten, die Beschlüsse wurden bis auf TOP 5, der mehrheitlich gefasst wurde, einstimmig gefasst.

Der Kläger hat am 13. Dezember 2020 seine Anfechtungsklage ausdrücklich gegen die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft erhoben. Zur Begründung stützt er sich (nur) darauf, dass die Einladung nicht ordnungsgemäß sei, denn eingeladen habe eine S. Immobilien GmbH, zur Verwalterin bestellt sei allerdings Frau S. Nach Hinweis des Amtsgerichts vom 18.12.2020, dass die „Passivlegitimation” nicht zutreffend sei, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 7. Januar 2021 die Klage ausdrücklichen „umgestellt” auf die Wohnungseigentümergemeinschaft. Dieser ist sodann, zu Händen des Verwalters, die Klage zugestellt worden.

Das Amtsgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen, da die Anfechtungsfrist nicht eingehalten sei, denn die Klage sei nicht gegen die richtige Beklagte erhoben worden. Eine Klage gegen die Eigentümer wahre die Anfechtungsfrist nicht. Hiergegen richtet sich die Berufung, mit der der Kläger seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt. Er vertritt nun die Auffassung, es handele sich lediglich um eine Rubrumsänderung und nicht um einen Parteiwechsel.

Nach Hinweis der Kammer hat die Beklagte die notarielle Urkunde zur Gründung der GmbH der Verwalterin vorgelegt und mitgeteilt, dass eine Umwandlung nach dem UmwG nicht stattgefunden habe.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen, da die Anfechtungsfrist des § 45 S. 1 HS. 1 WEG nicht eingehalten wurde.

1. Die im – Übrigen fristgerecht – am 13.12.2020 beim Amtsgericht eingegangene Klage gegen die übrigen Eigentümer, richtete sich gegen die falsche Beklagte und konnte daher die Anfechtungsfrist des § 45 WEG nicht wahren. Die am 8.1.2021 erklärte Klageerhebung gegen die WEG ist außerhalb der Anfechtungsfrist erfolgt.

a) Entgegen der Ansicht der Berufung handelt es sich bei dem Schriftsatz vom 8.1.2021 nicht um eine Anregung auf eine Rubrumsberichtigung. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof bereits für den umgekehrten Fall des Übergangs von einer Klage gegen den Verband zu einer Klage gegen seine übrigen Mitglieder entschieden, dass es sich hierbei um einen Parteiwechsel handelt (vgl. BGH, NJW 2010, 446, Rdnr. 11). Dies muss auch für den hiesigen Fall des Wechsels von den übrigen Mitgliedern des Verbands auf den Verband gelten muss. Denn es handelt sich um unterschiedliche Personen, so dass eine Rubrumsberichtigung erfordern würde, dass von Vorneherein klar ist, gegen wen sich die Klage richtet. Hieran fehlt es aber, wenn der Kläger die Eigentümer verklagt, die Klage aber gegen den Verband zu richten ist (vgl. BGH NJW 2011, 1453). Hier ist die Klage eindeutig (zunächst) gegen die übrigen Eigentümer gerichtet worden. Für eine Auslegung dahingehend, dass von Anfang an die WEG verklagt werden sollte, ist dabei kein Raum. Denn aus der Klageschrift geht eindeutig hervor, dass der Kläger – wie bis zur WEG Reform nötig – die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft verklagen wollte, zumal es sich – gerichtsbekannt – um einen Kläger handelt, der in der Vergangenheit bereits häufig derartige Gerichtsverfahren geführt hat. Auch im Übrigen ergibt sich aus der Klageschrift nichts, was darauf hindeuten würde, dass – nun anders als in den bisherigen Anfechtungsverfahren – die Wohnungseigentümergemeinschaft die Beklagte sein sollte. Dieses zeigt sich etwa daran, dass der Kläger mitteilt, Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft – und damit eben nicht der Beklagten – zu sein.

Soweit teilweise die Auffassung vertreten wird, etwa aus dem Hinweis auf eine „Beklagte” im klägerischen Rubrum, was auch hier verwandt wird, könne geschlussfolgert werden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft verklagt werden solle (AG Essen ZMR 2022, 69 m ablAnm Elzer; ähnlich großzügig Leh...

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