Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Reisevertragskündigung von seiten des Reiseveranstalters aus wichtigem Grund

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Reiseveranstalter kann den Reisevertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Reisende Pflichten zur Rücksichtnahme gegenüber dem Leistungsträger und/oder Dritten (Mitreisenden) in einem solchen Maße verletzt, die dem Reiseveranstalter eine Fortsetzung des Vertrages nach Treu und Glauben unzumutbar erscheinen lassen (Fortführung LG Frankfurt, 1993-05-24, 2/24 S 402/92, NJW-RR 1993, 1145).

2. Eine Kündigung des Reisevertrages durch den Reiseveranstalter aus wichtigem Grund setzt im Regelfall (analog BGB §§ 553, 626 Abs 2) eine Abmahnung des Reisenden voraus. Hiervon kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn die Pflichtverletzung des Reisenden so schwer ist, daß eine sofortige Beendigung des Reisevertrages dringend notwendig ist oder wenn der Reisende selbst eine Abmahnung verhindert bzw eine Anpassung des Vertrages an die veränderten Umstände verweigert.

3. Die Kündigung des Reisevertrages durch den Reiseveranstalter aus wichtigem Grund hat bei schwerwiegenden Verstößen die Folge, daß das Vertragsverhältnis sofort rückabgewickelt wird (unverzügliche Rückbeförderung des Reisenden analog BGB § 651 e Abs 4 S 1). In minderschweren Fällen ist der Reiseveranstalter berechtigt und verpflichtet, durch Zuweisung eines (gleichwertigen) Ersatzobjekts eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung der Interessen der durch die Pflichtverletzung Betroffenen (Leistungsträger, Mitreisenden) zu ermöglichen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v.d.H. vom 25.9.92 (Az.: 2 C 919/92) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger macht Ansprüche aus Reisevertrag geltend.

Er buchte für die Zeit vom 12.12.1991 bis 3.1.1992 bei der Beklagten eine Reise nach Kenia, M ... zum Preis von 2.543,- DM (Halbpension).

Der Kläger bestellte dabei ein halbes Doppelzimmer, welches mit einem fremden Reisenden geteilt werden sollte.

Am ersten Abend nahm der Kläger eine einheimische Prostituierte mit in sein Hotelzimmer und vergnügte sich mit dieser im Bett seines unbekannten Mitreisenden. Währenddessen erschien letzterer und beschwerte sich, nachdem er den Vorfall zur Kenntnis genommen hatte, umgehend bei der Hotelleitung. Am nächsten Vormittag wurde der Kläger des Hotels verwiesen. Er bezog ein Zimmer im benachbarten Hotel ..., für welches er rd. 800,- DM umgerechnet bezahlen mußte.

Mit seiner Klage hat der Kläger Rückzahlung des Reisepreises abzüglich eines Anteils für die Flugkosten, die er mit 700,- DM veranschlagt hat, geltend gemacht. Zur Begründung hat er vorgetragen, der Vorfall rechtfertige keinesfalls den Verweis aus dem Hotel. Besuche von Prostituierten in den Hotelzimmern würden in der Regel geduldet und lediglich von einer Zuzahlung von 137,- DM abhängig gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.800,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27.2.1992 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht gewesen, das Verhalten des Klägers rechtfertige ohne weiteres den Verweis. Im übrigen habe die Reiseleitung, die Zeugin ..., dem Kläger einen kostenfreien Umzug in das Hotel ... angeboten. Dies habe der Kläger jedoch abgelehnt.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Hotelleitung hätte das Mietverhältnis mit dem Kläger zwar nicht fristlos kündigen dürfen. Jedoch habe der Kläger versäumt, der Beklagten eine Frist zur Beseitigung dieses Zustands nach § 651 c Abs.2 BGB zu setzen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und ergänzt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angegriffenen Urteils des Amtsgerichts Bad Homburg v.d.H. kostenpflichtig zu verurteilen, an ihn 1.800,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24.2.1992 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Vortrags.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Auskunft der Zeugin ... (Bl. 70 d.A.).

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Kläger hat keine reisevertraglichen Ansprüche gegen die Beklagte. Ein Anspruch auf Minderung und Rückzahlung des anteiligen Reisepreises aus §§ 651 c Abs.1, 651 d Abs.1, 472 BGB oder ein Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises entsprechend § 651 e Abs.1 BGB hat der Kläger nicht. Zwar stand das von dem Kläger gebuchte halbe Doppelzimmer im Hotel ... für den Kläger aufgrund des Verweises ab dem zweiten Tag nicht mehr zur Verfügung. Dies stellt jedoch keinen Reisemangel dar. Ein Mangel der Reise liegt gemäß § 651 c Abs.1 BGB dann vor, wenn die tatsächlich er...

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